»Die verheerenden Waldschäden haben sich im Jahr 2019 leider unvermindert fortgesetzt«, sagte Staatsminister Thomas Schmidt heute (19. Dezember 2019) bei der Vorstellung des Waldzustandsberichtes 2019 im Forsthaus Kreyern in Coswig (Landkreis Meißen).

»Die Situation ist sogar schlimmer geworden. Inzwischen ist nur noch jeder vierte Baum in Sachsens Wäldern ohne erkennbare Schäden. Die sächsischen Wälder erleben die größten Borkenkäferschäden seit dem Zweiten Weltkrieg. Bereits jetzt liegt die Gesamtschadholzmenge im sächsischen Wald bei 2,6 Millionen Kubikmeter. Davon entfallen mehr als eine Million Kubikmeter auf den Privat- und Körperschaftswald«, so Staatsminister Schmidt. »Die Sanierung der betroffenen Waldflächen muss konsequent fortgeführt und das Niveau weiterer Schäden möglichst gering gehalten werden. Ich danke allen Akteuren, insbesondere den Forstleuten und Waldbesitzern, für ihre immensen Anstrengungen in diesem Jahr.«

Den Wald an den laufenden Klimawandel durch den Umbau in stabile, arten- und strukturreiche Mischwälder anzupassen, gewinne durch die aktuelle Situation noch mehr an Bedeutung. »Deswegen hat der Freistaat Sachsen in diesem Jahr die bisherigen Förderangebote zum Waldumbau ausgebaut sowie eine Unterstützung im Bereich Waldschutzmaßnahmen für die Waldbesitzer neu etabliert«, sagte Staatsminister Schmidt.

So sind für das Jahr 2019 zusätzliche Mittel in Höhe von 4,5 Millionen Euro bereitgestellt worden. Damit können neben der notwendigen Wiederbewaldung unter anderem die Borkenkäferüberwachung und -bekämpfung, die notwendige Holzabfuhr aus dem Wald und das Anlegen von Holzlagerplätzen unterstützt werden. Im kommenden Jahr wollen Bund und Freistaat weitere zehn Millionen Euro insbesondere für die Förderung des Waldumbaus bereitstellen.

»Auf zwei Sachsenwaldkonferenzen haben wir zudem gemeinsam mit Vertretern der Waldbesitzer und Naturschutzverbände, der Holzwirtschaft und Verwaltung, der Forstunternehmer nach Lösungen gesucht, an einem Strang gezogen und einen Katalog mit Maßnahmen aufgestellt, mit denen wir unseren Wald fit für die Zukunft machen können.«

»Hohe Temperaturen und lang anhaltende Trockenheit beeinträchtigen die Vitalität aller Baumarten, aber besonders Fichten und Kiefern haben aufgrund der vorjährigen extremen Belastungen gelitten. Die Bedingungen für eine massenhafte Vermehrung von Borkenkäfern waren noch nie so gegeben, wie in diesem Jahr: Geschädigte und geschwächte Bäume bieten hervorragende Brutmöglichkeiten«, sagte Landesforstpräsident Utz Hempfling.

Die Witterung hat eine schnelle Entwicklung der Käfer befördert und teilweise drei Käfergenerationen innerhalb eines Jahres ermöglicht. Zudem ist die Käferpopulation über die Jahre stark angewachsen. Der stärkste Befall wurde in den Landkreisen Görlitz, Mittelsachsen und Sächsische Schweiz-Osterzgebirge registriert.

»Aber nicht nur die Borkenkäferpopulation wird durch die anhaltende Trockenheit begünstigt, auch das Risiko für Waldbrände. Allein im Jahr 2019 wurden 145 Brände in Sachsen auf einer Gesamtfläche von 41 Hektar gezählt – der größte Brand auf 25 Hektar im Naturschutzgebiet ‚Gohrischheide und Elbterrasse Zeithain‘ war besonders erschütternd«, sagte Hempfling.

»Viele Menschen, Schulklassen, Unternehmen, und Vereine bieten den Forstleuten und Waldbesitzenden ihre Unterstützung bei der Mammutaufgabe an, den Wald zu erhalten und zukunftssicher zu machen. Sie spenden für Aufforstungen, wollen beim Pflanzen des Zukunftswaldes helfen oder sammeln Eicheln zum Säen«, so Hempfling.

»Deswegen wird der Staatsbetrieb Sachsenforst gemeinsam mit anderen forstlichen Akteuren eine Initiative unter dem Motto ‚Wir.Schaffen.Sachsens.Zukunftswald!‘ starten. So sollen die vielen Waldinteressierten die Möglichkeit erhalten, sich im und für den Wald zu engagieren.«

Ergebnisse der Waldzustandserhebung 2019

Allgemeiner Waldzustand 2019

An 6 720 Bäumen wurden neben der Kronenverlichtung (Nadel-/Blattverlust) und dem Vergilbungsgrad weitere Merkmale wie Blüte, Fruchtbildung, Anzahl der Nadeljahrgänge sowie biotische und abiotische Schäden aufgenommen. Der mittlere Nadel- und Blattverlust der Waldbäume in Sachsen beträgt in diesem Jahr 23,3 Prozent und damit den schlechtesten Wert seit dem Jahr 1991. Dieser Wert gilt für alle Baumarten und -alter und liegt sechs Prozentpunkte über dem langjährigen Mittel (17,2 Prozent) und fast 2,5 Prozent über dem Vorjahreswert.

Für jeden Baum erfolgte über die Kombination von Nadel- bzw. Blattverlust und Verfärbungen eine Einordnung in fünf Schadstufen. Danach weisen 30 Prozent der Waldbäume eine deutliche Beeinflussung (Schadstufe 2 bis 4), 44 Prozent eine schwache Beeinflussung (Schadstufe 1) und 26 Prozent keine erkennbare Beeinflussung des Kronenzustandes (Schadstufe 0) auf. Die Werte heben sich deutlich vom Vorjahr ab. Noch nie seit der Bestimmung des Waldzustandes im Freistaat Sachsen wurden so wenige Bäume ohne erkennbare Schäden erfasst und gleichzeitig waren noch nie so viele Bäume deutlich geschädigt.

Witterung

Der Erfassung des Kronenzustandes im Juli und August 2019 ging ein sehr trockenes Jahr voraus. Der Bodenwasserspeicher wurde nach dem Dürrejahr 2018 über die Wintermonate nur unzureichend aufgefüllt. Die monatlichen Temperaturen lagen um ein bis sechs Grad Celsius über dem klimatischen Mittel (1971 bis 2000). Lediglich der Mai 2019 fiel etwas kühler aus.

Die Niederschläge lagen geringfügig unterhalb des klimatischen Mittels. Da die Verdunstung deutlich über dem Niederschlagsangebot lag, war die klimatische Wasserbilanz innerhalb der Vegetationszeit negativ. Zusätzlich war der März 2019 der Monat mit den meisten Sturmereignissen in Deutschland in den vergangenen 25 Jahren.

Fichte

Der mittlere Nadelverlust der Fichten stieg seit dem letzten Jahr an und liegt aktuell bei 21 Prozent und damit 4 Prozent über dem langjährigen Mittel. Besonders in den unteren Berglagen und im Hügelland war die unzureichende Wasserversorgung die Ursache eines verminderten Baumwachstums. In Verbindung mit warmer Witterung kam es zu Trockenstress und bereitete damit Schadinsekten wie Buchdrucker und Kupferstecher günstige Bedingungen.

Der Anstieg der Schadholzmengen der vergangenen Jahre setzte sich fort. Von Juni 2018 bis Ende Mai 2019 wurden 857 000 Festmeter Stehendbefall durch den Buchdrucker registriert. Die optimalen Witterungsbedingungen führten zu einem weiteren Anstieg der Flug- und Befallsaktivitäten.
Kiefer

Verglichen mit dem Vorjahreswert stieg der Nadelverlust der Kiefern in diesem Jahr um zwei Prozent auf 22 Prozent und liegt damit deutlich über dem langjährigen Mittel. Zahlreiche Käferarten führten in diesem Jahr zu einem intensiven Stehendbefall der Kiefernbestände. Infolge der extremen Witterungsverläufe stiegen die Befallsmengen durch Borken-, Bock- und Prachtkäferarten auf 69 000 Festmeter (Juni bis September 2019) an.

Die Populationen von Forleule und Kiefernspanner zeigten keine erhöhten Dichten. Ebenso blieben die Werte von Nonne, Kieferspinner und Blattwespenarten auf einem unkritischen Niveau.
Sonstige Nadelbäume

Der deutliche Trend steigender Nadelverluste der sonstigen Nadelbäume hielt unvermindert an und stieg nach 2017 auf einen neuen Maximalwert von 20,2 Prozent an. Die zunehmende Kronenverlichtung beruhte teilweise auf dem steigenden Durchschnittsalter in dieser Baumartengruppe. Der Befall von Lärchenbeständen durch den Großen Lärchenborkenkäfer aus dem Vorjahr setzte sich fort und führte (von Juni bis September 2019) zu einer Schadholzmenge von 19 000 Festmeter.

Eiche

Obwohl sich für die Eiche der negative Trend der vergangenen drei Jahre bei den Blattverlusten und Vergilbungen fortsetzte, kam diese Baumart noch relativ gut mit der Trockenheit zurecht. Die mittleren Blattverluste verweilten auf dem Niveau des Vorjahres und lagen bei 32,2 Prozent. Der Anteil der deutlich geschädigten Eichen sank von 62 auf 58 Prozent. Gründe für die Verschlechterung des Kronenbildes waren in erster Linie biotische Faktoren wie Mehltau und Blattbräune sowie lokal Fraßschäden durch Schwammspinner.

Auch Eichensplintkäfer und Eichenprachtkäfer führten teilweise zur Verschlechterung der Baumvitalität und damit zu Blattverlusten oder zum Absterben von Bäumen. Wie auch im Jahr 2018 war die langanhaltende warm-trockene Witterungslage maßgeblich für den Befall mit diesen Käferarten verantwortlich.

Trotz des hohen Anpassungspotenzials der Eichen an den Standort, blieben letztendlich die Erholungsphasen für eine Regeneration aus. Das Auftreten des Eichenprozessionsspinners wurde 2019 in fast allen bislang bekannten Befallsgebieten bestätigt. Die Falterfänge deuten auf eine weitere Etablierung der festgestellten Vorkommen hin.

Buche

Bei der Rotbuche nimmt der mittlere Blattverlust um 2,6 Prozent auf 25 Prozent zu. Nach den Jahren 2004, 2009 und 2011 ist es der vierthöchste Wert. Der ansteigende Trend hinsichtlich deutlich geschädigter Bäume hält seit 2017 kontinuierlich an und liegt aktuell bei 40 Prozent. In Verbindung mit der trockenen Witterung konnten sich Schädlinge wie Buchenborkenkäfer und -prachtkäfer etablieren.

In diesem wie im Vorjahr blühte die Buche wieder stärker, ohne jedoch die Intensität der Mastjahre 2009, 2011 oder 2016 zu erreichen. Zum Schutz vor übermäßigem Wasserverlust warfen einzelne Buchen auf extrem trockenen Standorten das Laub vollständig und trugen nur noch Früchte.

Sonstige Laubbäume

Die Gruppe der sonstigen Laubbäume wird dominiert von der Birke. Sie ist stärker in der Gesamtstichprobe vertreten als die Eiche und Buche. In diesem Jahr sprang der mittlere Blattverlust in der Gruppe der sonstigen Laubbäume auf 29,3 Prozent im Vergleich zu 26,2 Prozent im Jahr 2018 und setzte damit einen neuen Höchstwert seit 1991. Gleichzeitig ist der Anteil der Bäume mit deutlichen Schadsymptomen um nochmals fünf Prozent auf 30 Prozent gestiegen und der Anteil der ungeschädigten Bäume auf 20 Prozent zurückgegangen.

Beide Werte stellen den Maximal- bzw. Minimalwert in der gesamten Zeitreihe dar. Die Rußrindenkrankheit an Berg- und Spitzahorn tritt insbesondere in Jahren mit Trockenstress, Wassermangel und großer Hitze vermehrt auf und wurde seit November 2018 im Forstbezirk Leipzig verstärkt bestätigt. Dies führte im Befallsgebiet bis zur Auflösung von Ahornreinbeständen bzw. zur Entmischung.

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