Der Sozialausschuss lehnte heute den Antrag der Linksfraktion „Als Lehre aus der Corona-Krise den Zugang zu guter Gesundheitsversorgung für Alle garantieren und organisieren!“ (Drucksache 7/3263) ab. Die gesundheitspolitische Sprecherin Susanne Schaper äußert ihr Unverständnis.

„Die Ausschussmehrheit interessiert sich offensichtlich nicht für die Gesundheitsversorgung von Menschen, die keine Krankenversicherung, keinen Wohnsitz und/oder keine Identitätspapiere besitzen oder die aus dem EU-Ausland stammen und derzeit erwerbslos sind. CDU, SPD, GRÜNE und Rechtsaußen folgen der Meinung der Sozialministerin und stellen sich gegen anonymisierte Behandlungsscheine und eine flächendeckende soziale Beratung, die auch darauf orientiert ist, die Betroffenen ins Regelsystem der Krankenversicherung zu integrieren.

Alle hier lebenden Menschen müssen Zugang zum Gesundheitswesen haben, gerade in der Pandemie und unabhängig vom Aufenthaltsstatus. Die Koalition und Rechtsaußen haben heute die Chance vergeben, den schätzungsweise 17.000 betroffenen Menschen in Sachsen wenigstens eine Tür in die Regelversorgung zu öffnen. Flächendeckende Anlauf- und Clearingstellen könnten dafür sorgen, dass die Betroffenen nach und nach wieder den Weg zum Gesundheitssystem finden.

Auch illegalisierte Menschen könnten so an Stellen verwiesen werden, die sie bei der Legalisierung des Aufenthalts unterstützen – das ist staatliches Interesse! Die Medinetze in Chemnitz, Dresden und Leipzig leisten vor allem ehrenamtlich wichtige Arbeit in diesem Bereich. In der Anhörung zu unserem Antrag war deutlich geworden, wie wichtig ihr Engagement ist.“

Juliane Nagel, asylpolitische Sprecherin der Linksfraktion, ergänzt:

„Anonyme Behandlungsscheine bieten Menschen ohne gesicherten Aufenthalt die Möglichkeit, medizinische Hilfe zu bekommen, ohne behördliche Repression fürchten zu müssen. Mit der Ablehnung unseres Vorstoßes zeigt die Koalition ihre Arroganz gegenüber illegalisierten Menschen und Menschen ohne Krankenversicherung. Wenn diese im Krankheitsfall nicht zum Arzt oder ins Krankenhaus gehen, weil ihre Daten dann an Ordnungsbehörden übermittelt werden, kann dies zur Weitergabe von Infektionen führen und dazu, dass Erkrankungen chronisch werden.

Das Sozialministerium erkennt zwar an, dass dies ein Problem ist, es ist aber wie die Kenia-Koalition nicht bereit, Lösungen zu finden. Dabei könnte sich Sachsen ein Beispiel am Nachbarland Thüringen nehmen, das seit langem eine landesweite Clearingstelle finanziert.“

Hintergrund

Die Linksfraktion unterstützt die aktuelle Kampagne „Gleichbehandeln“ der Gesellschaft für Freiheitsrechte gemeinsam mit Ärzte der Welt. Die Kampagne fordert die Abschaffung von § 87 AufenthG, ihre Petition wurde bereits von über 15.000 Menschen unterschrieben. Nach § 87 Aufenthaltsgesetz sind alle Behörden mit Ausnahme der Schulen und Bildungs- und Erziehungseinrichtungen verpflichtet, Daten von vollziehbar ausreisepflichtigen Menschen an die Ausländerbehörde zu übermitteln.

Gleiches gilt für die Sozial- und Gesundheitsämter. Bei einer Kostenübernahme durch das Sozialamt oder bei einer durch das Gesundheitsamt verordneten Quarantäne kann die Ausländerbehörde somit Kenntnis über den Aufenthaltsort illegalisierter Menschen erlangen. Da dies nicht in deren Sinne sein kann, sind sie vom Gesundheitssystem faktisch ausgeschlossen.

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