Die Novellierung des Vergabegesetzes war in der letzten Wahlperiode gescheitert. Vor vier Jahren beklagte Wirtschaftsminister Martin Dulig im Landtag die fehlende Einigung. Ob sich das wiederholt? Auch in dieser Wahlperiode streitet die Koalition über das Gesetz. Die Linksfraktion bringt heute einen Entwurf ins Plenum ein. Nico Brünler, wirtschaftspolitischer Sprecher, erklärt:

„Beim Vergabegesetz bringen Sachsens Staatsregierungen seit Jahren nichts zustande. Der Freistaat bleibt Schlusslicht bei der Tarifbindung – auch deshalb arbeiten die Sächsinnen und Sachsen pro Jahr eine Woche länger als der deutsche Durchschnitt. Auch wenn die Löhne dank kämpferischer Beschäftigter steigen, liegt der Freistaat auf dem drittletzten Platz. Laut dem ,DGB-Index Gute Arbeit‘ sind die emotionalen und körperlichen Anforderungen sowie die Arbeitsintensität bei uns am höchsten. Das gilt besonders für die Baubranche, die das Vergabegesetz stark beeinflusst.

Selbst aus der Wirtschaft gibt es Stimmen, dass es durchaus ein Gewinn für die Unternehmen ist, wenn bei Ausschreibungen nicht nahezu gesetzmäßig immer der Billigste, sondern wirklich der nachhaltig Wirtschaftlichste und Beste zum Zuge käme. Der Staat ist der größte Auftraggeber der Wirtschaft – in Sachsen betrifft das ein Volumen von über einer Milliarde Euro jährlich!

Umso klarer ist seine Verantwortung, Gerechtigkeit in der Arbeitswelt zu befördern. Öffentliche Aufträge dürfen nur an Unternehmen gehen, die ihre Beschäftigten ordentlich behandeln, sie angemessen bezahlen und die Umwelt nicht schädigen. Wir fordern ordentliche Arbeitsbedingungen und einen Stundenlohn von mindestens 13,50 Euro brutto, auch bei Leiharbeit und Subunternehmen.“

Hintergrund

Der Gesetzentwurf sieht Kriterien vor, die Unternehmen erfüllen müssen, um staatliche Aufträge zu erhalten. Der Zuschlag soll nicht automatisch an das vermeintlich wirtschaftlichste – das heißt: am kreativsten kleingerechnete – Angebot gehen. Vielmehr sollen soziale Kriterien wie Tariftreue und Mindestentgelte sowie ökologische Aspekte und die Regionalität der Bieter einbezogen werden. Öffentliche Auftraggeber müssen gute Arbeit fördern – deshalb sollen die ILO-Kern

arbeitsnormen zum festen Vergabekriterium werden. Außerdem soll die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Gleichstellung der Geschlechter relevant werden. Öffentliche Auftraggeberinnen und Auftraggeber sollen nur umweltverträgliche und energieeffiziente Güter und Leistungen beschaffen, wobei die Lebenszykluskosten zu betrachten sind. Eine Sächsische Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung soll Kommunen dabei unterstützen, den Anforderungen eines modernen Vergabegesetzes gerecht zu werden. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen sollen stärker als bisher in den Genuss öffentlicher Aufträge kommen.

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