In der Nacht vom 16. zum 17. Mai 2023 ist ein verhaltensauffälliger, kranker Wolf im Vorfeld einer beabsichtigten Vergrämungsmaßnahme von einem Tierarzt eingeschläfert worden.

Der etwa ein Jahr alte Jungwolf – gezeichnet von starker Räude, einem schlechten Ernährungszustand und einer Verletzung des linken Hinterbeins – hatte seit Anfang Januar für Aufsehen und Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung gesorgt, als er mehrere Ortsteile der Gemeinde Kubschütz im Landkreis Bautzen regelmäßig aufsuchte.

Zudem nutzte er im Ortsteil Baschütz mehrfach ein Strohlager als Schlafplatz und suchte Schutz vor den winterlichen Witterungen. Im Ortsteil Jenkwitz konnte der Wolf mehrfach bei der Futtersuche auf einem Kompost- beziehungsweise Misthaufen beobachtet werden.

Die Häufung von Anwesenheitshinweisen des Wolfes ist seit Februar 2023 im Rahmen eines intensivierten Monitorings der Fachstelle Wolf durch die Installation von Fotofallen und regelmäßige Ortsbegehungen belegt. Ein Aufruf an die Bevölkerung zur weiteren Meldung von Sichtungen und anderen Hinweisen sowie die direkte Ansprache von Anwohnern vor Ort haben ebenfalls dazu beigetragen, das Verhalten und den Gesundheitszustand des Wolfes objektiv einschätzen zu können.

Bis zum 7. April wurden der Fachstelle Wolf 53 Sichtungen des Tieres in Kubschütz und Umgebung gemeldet. Die installierten Fotofallen konnten den verletzten Wolf in diesem Zeitraum zwölf Mal aufnehmen.

Da es sich bei dem Tier um einen jungen Wolf handelt, konnte nicht ausgeschlossen werden, dass das erlernte Verhalten zum Nahrungserwerb auch bei einer eventuellen vollständigen Genesung zumindest in Teilen erhalten bleibt. Trotz der beobachteten Verletzungen wechselte das Tier regelmäßig seinen Aufenthaltsort, vorrangig zwischen den Ortschaften Kubschütz, Jenkwitz, Baschütz und Rachlau, was die räumliche Eingrenzung für etwaige Managementmaßnahmen erschwerte.

Am 13.04.2023 hat die Fachstelle Wolf der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) des Landkreises Bautzen gemäß § 5 Abs. 1 Sächsische Wolfsmanagementverordnung die Dokumentation mit den dazugehörigen Bild- und Videodokumenten zum Sachverhalt übergeben. Durch die Dokumentation wurde nachgewiesen, dass sich der Wolf wiederholt über einen Zeitraum von mindestens sechs Wochen zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden – insbesondere bei der Futtersuche – angenähert hat und damit die Voraussetzungen für eine Vergrämung des Tieres nach § 5 Sächsische Wolfsmanagementverordnung vorliegen.

Am 04.05.2023 hat die UNB des Landkreises der Fachstelle Wolf die Prüfung der Tatbestandsmerkmale mit wertendem Inhalt für eine Vergrämung von Wölfen gemäß Anlage 1 des 3. Erlasses zur Sächsischen Wolfsmanagementverordnung nach § 5 Abs. 1 SächsWolfMVO zur Evidenzprüfung vorgelegt. Die Fachstelle Wolf bestätigte am 5. Mai die Wertung der UNB, dass in diesem Fall das öffentliche Leben gestört wird.

Damit waren alle Zulassungsvoraussetzungen für eine Vergrämung des jungen, verletzten, räudigen Wolfes in der Gemeinde Kubschütz gegeben. Zudem wurden der UNB fachliche Handlungsempfehlungen gegeben. In einem ersten Schritt sollte versucht werden, den Wolf einzufangen. Im Anschluss sollte eine tierärztliche Untersuchung feststellen, ob der Wolf auf Dauer allein in der freien Natur lebensfähig ist.

Im zweiten Schritt sollte das Tier, ausgestattet mit einem GPS-Sender, an einem geeigneten Ort unter Aufsicht in die Freiheit entlassen und in Anwesenheit von Menschen vergrämt werden, damit das Tier künftig Menschen und bebaute Grundstücke meiden würde.

Das Tier wurde in der Nacht vom 16. auf den 17. Mai in Kubschütz eingefangen und anschließend in einer Tierarztpraxis untersucht. Der Tierarzt diagnostizierte eine massive Hauterkrankung durch Räudebefall, eine chronische Deformation des gebrochenen Oberschenkelhalses/Hüftgelenkes links sowie Verwachsungen der Lendenwirbelsäule, vermutlich nach einer Fraktur.

Alle drei Erkrankungen sind schwerwiegend und führen zu dauerhaften Einschränkungen des Wohlbefindens mit erheblichem Schmerzleiden. Der Tierarzt hat den jungen Wolf daraufhin aus tierschutzrechtlichen Gründen eingeschläfert.

Die geplante Managementmaßnahme „Vergrämung“ nach § 5 Sächsische Wolfsmanagementverordnung wurde somit nicht vollzogen.

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar