Pingpong gegen Parkinson: Viola, die Weltmeisterin aus Leipzig + Video
Pingpong zu spielen, besser gesagt Tischtennis, hilft Menschen mit Morbus Parkinson dabei, das Fortschreiten der Krankheits-Symptome zu verlangsamen. Das wurde durch wissenschaftliche Studien bestätigt. In Leipzig gibt es beim Verein Leutzscher Füchse die Gruppe der „Silberfüchse“, in der ältere Menschen (ü 60) mit und ohne Morbus Parkinson gemeinsam Tischtennis spielen.
Der Tischtennisverein Leutzscher Füchse 1990 e.V., wurde, wie der Name schon sagt, 1990 gegründet, lange Zeit waren die Trainingsstätten nicht optimal. Seit 2024 sind sie im ehemaligen UT Kleinzschocher beheimatet, welches in eigener Regie ausgebaut wurde.
Der Fuchsbau ist eine optimale Trainings- und Wettkampfstätte für den Tischtennissport. Dort trainieren Männer und Frauen der verschiedenen Altersklassen, die Silberfüchse und auch eine Para-Gruppe, also Menschen mit Behinderungen, darunter Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer.

Tischtennis ist für Menschen mit Morbus Parkinson aber nicht nur Therapie, es ist für sie auch ein vollwertiger Wettkampfsport. In diesem Jahr fanden die „Ping Pong Parkinson World Championships“, diesmal in Lignano Sabbiadoro (Italien) statt und die Füchse waren dort erfolgreich vertreten.
Vom 20. bis 26. Oktober spielten Viola Eberlein, Klaus Müller (Kategorie II) und Heiko Rauchmaul, von den Leutzscher Füchsen, um Medaillen in Einzel- und Doppelwettbewerben. Viola und Heiko erreichten im Mixed das Viertelfinale der Kategorie III und schieden dann gegen die späteren Weltmeister aus. Im Damendoppel Klasse III wurde Viola Eberlein mit Claudia Praße aus Zwickau Weltmeisterin.
Das Training der Silberfüchse am Donnerstag, dem 6. November, war für mich, der ebenfalls im Verein aktiv ist, eine gute Gelegenheit, um mit Viola zu sprechen.

Viola, zuerst nochmal Glückwünsche zum Weltmeistertitel. Du bist ja im Einzelwettbewerb Damen, im Mix und im Damendoppel angetreten, wie viele Spiele hattest Du denn?
Ich habe nie gezählt, wie viele Spiele ich eigentlich hatte. Aber ich bin in 3 Spielarten eingetreten. Und zwar als Einzel, als Damendoppel und im Mix mit meinem Trainingspartner aus Leipzig, Heiko Rauchmaul. Der hat mir übrigens als Erster die Tischtenniskelle in die Hand gegeben und gezeigt hat, wie man Tischtennis spielt.
In allen 3 Disziplinen ist es so, dass zuerst eine Gruppenphase gespielt wird. Im Damen-Einzeln habe ich die Gruppenphase mit dem zweiten Platz abgeschlossen. Dann kam die Gruppe der letzten 16, danach die der letzten 8. Die Gruppe der letzten 4 war mir dann nicht mehr möglich, weil mich die spätere Siegerin da besiegt hat.

Wobei man dazu sagen muss, dass in solchen Veranstaltungen, bei denen Parkies spielen, alles freundschaftlich abgeht. Also wir konnten uns danach wieder nach freundschaftlich umarmen. Im Damendoppel sind Claudia und ich in einer Dreiergruppe angetreten. Das heißt, wir hatten nur zwei Spiele, die wir siegreich beenden konnten.
Und dann kamen die Ausscheidungen, die dann über die letzten 8, die letzten 4 und zum Schluss in die Medaillenränge und sogar bis zum Gold führten. Im Mix war es ähnlich. Wir hatten eine Dreiergruppe, haben zwei andere Paarungen besiegt und waren deshalb im 16er-Finale und im 8er-Finale. Dann war leider auch dort Schluss gegen die späteren Sieger.
Also Du bist quasi immer gegen die späteren Weltmeister rausgeflogen?
In diesem Fall war es so, ja.
Du spielst auch in nationalen Meisterschaften?
Im Plural ist das fast falsch. Ich habe meine ersten Wettkämpfe im Januar dieses Jahres gespielt. Das erste war die Sachsenmeisterschaft. Das zweite war im Sommer die deutsche Meisterschaft, man muss sagen die offene deutsche Meisterschaft, die ist im Prinzip auch international besetzt.
Da war es ähnlich. Auch da sind wir im Mix gegen die späteren Sieger ausgeschieden. Ich hatte eine Partnerin aus Zwickau, eine andere allerdings und wir haben immerhin Bronze gewonnen.
Danke für das Gespräch und viel Erfolg weiterhin.
Das war selbstverständlich nicht alles, was Viola zu sagen hatte. Wie sie zum Tischtennis gekommen ist, welche physischen und psychischen Effekte das für sie hat und was sie Menschen, bei denen Parkinson festgestellt wird, rät, ist im Video zu hören. Wir haben ein wenig gemeinsam gespielt. Damit es nicht langweilig wird, ist das Interview mit den Szenen garniert.
Heiko Rauchmaul, der Mixed-Partner von Viola, der ihr auch die Kelle in die Hand gedrückt hat, habe ich auch gesprochen. Er ist knapp 70 Jahre alt, hat Sport studiert und war Diplom-Sportlehrer an der DhfK Leipzig für Basketball und Wintersport. Heiko hat bereits an fünf Weltmeisterschaften teilgenommen und war einmal auch selbst Weltmeister.

Heiko, wie bist Du zum Tischtennis gekommen?
Nach meinem Ausscheiden aus dem Beruf, habe ich mich dann mehr dem Tischtennis zugewandt, weil sich der Parkinson eingeschlichen hatte. Es gab ja die festen Einsichten, dass Parkinson durch Tischtennis nicht bekämpft, aber ein bisschen in seiner Entwicklung eingedämmt werden kann.
Du kümmerst Dich ja auch um die Leute, die neu mit Parkinson herkommen. Wie hat sich das Tischtennis bei Dir selber ausgewirkt, also beispielsweise auf Konzentration und Reaktion?
Das sind alles so ziemlich theoretische Konstrukte, dass sich das positiv auswirkt. Das ist auch alles sehr logisch, aber eine echte experimentelle Studie gibt es dazu nicht. Da brauchte man 2 Gruppen, eine spielt Tischtennis, die andere nicht.
Dann vergleicht man die Entwicklung oder die Empfindung der Sportler. Das ist alles sehr individuell geprägt. Aber es gibt kaum jemanden, der sagt, das bekommt mir nicht gut. Viele merken echt etwas an der Motorik, dass die Auge-Hand-Koordination besser wird, dass die Reaktionsfähigkeit besser wird.
Bei Dir selbst auch?
Das ist jetzt schwierig. Dadurch, dass ich mein ganzes Leben lang Sport getrieben habe, komme ich von einem ziemlich hohen Niveau. Das ist der Vorteil, als Sportler hat man ein großes Potenzial an koordinativen Voraussetzungen, die jetzt ein bisschen abgebaut werden. Aber eben langsamer durch das Tischtennis spielen.
Dazu kommt die soziale Komponente. Du hast vielleicht gemerkt, wie unser Umgang miteinander ist. Der ist sehr wohlwollend und ausgesprochen konstruktiv. Alle die kommen freuen sich, man ist zu nichts verpflichtet. Wir lassen jeden hier eintreten. Es gibt die Füchse, die Halle gehört ja den Füchsen.
Wir sind nur die Parkies, die Parkinsonbetroffenen. Wir sind eine extra Gruppe innerhalb der Füchse. Da gibt es den PingPongParkinson-Verein, da sind wir auch Mitglied. Es gibt auch die internationalen Meisterschaften, von denen der Viola jetzt erfolgreich zurückkam.
Du warst schon fünfmal bei den Weltmeisterschaften und einmal sogar Weltmeister, wie geht es da weiter?
Ich war schon Weltmeister, das werde ich nicht mehr schaffen. Man kann den Parkinson ein bisschen eindämmen in seiner Entwicklung, aber nicht zurückdrängen. Der schreitet voran. Ich bin nicht mehr so, wie ich mal war. Die Fußarbeit ist nicht mehr so möglich. Da stolpert man immer mal, das kennt man ja von Parkies. Hier hinzufallen ist ja kein Problem, aber in der Stadt sich hinzuschmeißen, ist erstens nicht lustig, zweitens ein bisschen peinlich und drittens tut es auch noch weh.
Heiko, ich danke Dir für das Gespräch.
Fazit: Viola ist Weltmeisterin geworden, ein großer Erfolg für sie und den Verein. Viel wichtiger ist aber, dass sich bei den Füchsen Menschen mit und ohne Einschränkungen treffen, gemeinsam spielen, Spaß haben, neue Kontakte finden und damit auch noch etwas Gutes für ihre Gesundheit tun.
14. November an der Thomaskirche: Fridays For Future Leipzig beteiligt sich an weltweiten Klimaprotesten zur Weltklimakonferenz
Fridays For Future ist nicht verschwunden, auch wenn die Bewegung an Wucht verloren zu haben scheint. Aber das liegt auch an einer dickfelligen Politik, die Klimathemen mittlerweile regelrecht ignoriert und unsichtbar macht, lieber über Migration und Bürgergeld schwafelt und das drängendste Thema der Gegenwart einfach für unwichtig erklärt.
Aber Fridays For Future ist nicht weg, auch wenn der Kampf zäh und ermüdend ist. Am Freitag, dem 14. November, finden anlässlich der Weltklimakonferenz in Belém, Brasilien, weltweit Klimaproteste statt. Auch in Deutschland wird in zahlreichen Orten protestiert. Unter anderem in Leipzig.
Die Klimabewegung fordert die Länder auf, konkrete Maßnahmen zu beschließen, um die Klimaerhitzung auf maximal 1,5 Grad zu begrenzen, und Länder des globalen Südens finanziell beim Schutz vor den Folgen der Klimakrise zu unterstützen. In diesem Jahr jährt sich der Beschluss des Pariser Klimaabkommens zum zehnten Mal.
„Während in Ländern wie aktuell in Jamaika, Kongo und den Philippinen, die kaum zur Klimakrise beigetragen haben, die Katastrophen immer heftiger werden, hat die EU bisher darin versagt, endlich ein starkes Klimaziel für 2040 aufzustellen. Durch Merz’ Klimablockade droht die deutsche Bundesregierung, mit komplett leeren Händen nach Brasilien zu fahren – das setzt ihre klimapolitische Integrität aufs Spiel und gefährdet damit den internationalen Klimaschutz!
Merz und seine Regierung müssen sich jetzt zusammenreißen und sich in den letzten Tagen vor der Weltklimakonferenz und vor Ort in Bélém für konsequenten Klimaschutz starkmachen!“, sagt Linda Kastrup von Fridays for Future Deutschland
Weltweit finden im Rahmen des Streiktags Proteste statt, auch in Deutschland geht Fridays For Future auf die Straße – mit klassischen Demos und kreativen Aktionen wie Laternendemos und leuchtenden Schriftzügen. Proteste gibt es etwa in Berlin, Hamburg, Köln, Leipzig und Halle (Saale). Im Anschluss findet am Samstag, dem 15. November, in Bélém, dem Austragungsort der Weltklimakonferenz, eine Großdemonstration statt.
„Öl- und Gaskonzerne, Autolobby, fossile Politiker: Anstatt Menschen vor der Krise zu schützen, profitieren dreckige Konzerne und fossile Politiker/-innen global und national noch immer von der Klimakrise. In Deutschland und weltweit gehen wir am 14. November zum Klimastreik zur Halbzeit der Klimakonferenz auf die Straße und machen klar: Die fossile Lobby und ihre Verbündeten sind stark, aber gemeinsam sind wir stärker. Für eine gerechte Zukunft für alle!“, sagt Carla Reemtsma von Fridays for Future Deutschland.
Demo in Leipzig
Auch in Leipzig organisiert Fridays For Future am 14. November um 15 Uhr eine Kundgebung an der Thomaskirche.
„Das Ziel des Pariser Klimaabkommens, die Erderwärmung noch auf 1,5 Grad zu begrenzen, rückt in immer weitere Ferne. Meldungen über deutlich pessimistischere Szenarien als zwei Grad oder gar zur Überschreitung planetarer Grenzen häufen sich.
Anstatt dass die internationale Staatengemeinschaft darauf angemessen reagiert und ihre Anstrengungen erhöht, werden in Europa Klimaschutzziele sogar noch aufgeweicht und die Regierung unter Merz beteiligt sich an dieser Entwicklung maßgeblich“, sagt Alexander Hilse von Fridays for Future Leipzig.
In Leipzig wird es an der Thomaskirche eine Kundgebung mit Redebeiträgen verschiedener Klimagruppen, Musik-Acts und mit Einbruch der Dämmerung eine Kunstaktion mit Licht geben.
Eine Übersicht aller Aktionen von Fridays For Future am 14. November findet man hier.
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Sieg im Sachsen-Derby: HC Leipzig gewinnt 25:22 beim HC Rödertal
Reifeprüfung bestanden: Dank einer vor allem in der ersten Halbzeit beeindruckenden Leistung haben die Handballerinnen des HC Leipzig in der 2. Alsco Handball Bundesliga der Frauen das Sachsen-Derby beim HC Rödertal mit 25:22 (14:9) gewonnen. Mit dem achten Sieg im achten Saisonspiel verteidigten die Leipzigerinnen ihre Tabellenführung.
Da die beiden stärksten Konkurrenten TG Nürtingen (30:32 beim ESV 1927 Regensburg) und Füchse Berlin (27:27 beim HSV Solingen-Gräfrath 76) patzten, konnten sie ihren Vorsprung auf den zweiten Platz sogar auf zwei Punkte ausbauen.
„Wir sind sehr glücklich über den Sieg“, freute sich HCL-Trainer Erik Töpfer nach dem Spiel: „Entscheidend war unsere Abwehrleistung und, dass wir uns absetzen konnten. In der zweiten Halbzeit haben wir wieder unsere altbekannten Probleme gezeigt, da waren wir bei unseren Abschlüssen wieder etwas zu ungeduldig. Da müssen wir noch etwas abgezockter werden. Am Ende haben wir es über die Zeit gerettet.“
Starke erste Halbzeit
Von Beginn an zeigten die Leipzigerinnen vor mehr als 700 Zuschauern, warum sie die beste Abwehr der Liga stellen – auch dank einer starken Leistung von Torhüterin Nele Kurzke, die in der Saison 2017/18 noch beim HC Rödertal im Tor stand. Im Gegensatz zu den bisherigen Saisonspielen, waren die HCL-Spielerinnen diesmal von Anfang an voll da – und das, obwohl mit Jana Walther die bislang beste Werferin des Teams fehlte. Dafür sprang Marlene Tucholke in die Presche, die diesmal mit sieben Toren die erfolgreichste Werferin war.
Auf der anderen Seite zeigte auch HCR-Torhüterin Larissa Schutrups mit zahlreichen erfolgreichen Paraden, warum sie zu den besten Torhüterinnen der Liga gehört. Nach einer bärenstarken Viertelstunde führten die Leipzigerinnen dennoch mit 5:1. HCR-Trainerin Maike Daniel reagierte mit einer Auszeit. Danach kamen die Gastgeberinnen zwar etwas besser in die Partie, konnten den Rückstand aber bis zur Halbzeit nicht mehr verkürzen. Am Ende der besten ersten Halbzeit der Saison ging der HCL stand eine komfortable 14:9-Führung.
Plötzlich wieder Spannung
Auch in der zweiten Halbzeit zwangen die HCL-Spielerinnen die Gastgeberinnen durch ihre starke Defensivarbeit immer wieder zu Fehlern in der Offensive und nutzten ihre Vorteile im Tempospiel zu schnellen Toren. Beim Stand von 20:14 (41. Minute) reagierte Rödertal-Trainerin Maike Daniels erneut mit einer Auszeit – diesmal mit Erfolg. Denn in der letzten Viertelstunde unterliefen plötzlich den Leipzigerinnen einige leichte Fehler.
Auch im Abschluss taten sie sich nun schwer, sodass die Gastgeberinnen den Rückstand auf zwei Tore verkürzen konnten (21:23, 53. Minute). Doch mit zwei Toren in Folge stellten die HCL-Spielerinnen die Weichen wieder auf „Auswärtssieg“. Auch wenn sie in den letzten vier Minuten ohne eigenen Treffer blieben, stand am Ende ein hochverdienter 25:22-Erfolg.
Im letzten Spiel vor der WM-Pause sind die Leipzigerinnen am kommenden Samstag, 15. November, 18 Uhr, zu Gast bei der SG 09 Kirchhof.
HC Leipzig
Nele Kurzke (5 Paraden, Janine Fleischer (3 Paraden); Pauline Uhlmann (6/3 Tore),
Lara Seidel, Kim Angelina Lang, Alina Gaubatz (4), Laura-Sophie Klocke, Hanna Rahnhöfer-Ferber (1), Sharleen Greschner, Lilly Glimm (1), Lisa Lammich (3), Marlene Tucholke (7), Lara Tauchmann (2), Wiebke Meyer (1).
Siebenmeter
HC Rödertal 1/1; HCL 3/4
Strafminuten
HC Rödertal 4; HCL 6
Zuschauer: 723
Weitere Informationen unter www.hc-leipzig.de
Dresdner und Leipziger Bündnisgrüne fordern: Kommunen dürfen nicht länger als Zahlmeister für Bund und Land herhalten
Noch sind gar nicht alle Zahlen zu den ausufernden Sozialkosten in den sächsischen Kommunen bekannt. Finanzbürgermeister mussten sich darum in der Vergangenheit auch nicht groß sorgen, weil Bund und Land die Kosten zum größten Teil abdeckten. Aber seit 2024 hat sich das dramatisch gewandelt, schießen die Sozialausgaben der Städte dramatisch in die Höhe. Es geht nicht nur Leipzig so, dass diese ungedeckten Kosten den Haushalt sprengen. Auch Dresden hat das ernste Problem.
Angesichts der akuten Haushaltskrisen in Dresden und Leipzig haben sich die bündnisgrünen Stadtratsfraktionen beider Städte nun in einer gemeinsamen Strategieklausur auf ein klares Forderungspaket verständigt.
Die Einhaltung des Konnexitätsprinzips müsse endlich konsequent umgesetzt werden. Damit unterstützen sie den Brandbrief der Oberbürgermeister der Landeshauptstädte an Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), in dem eine faire Lastenverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen gefordert wird.
„Wer bestellt, muss auch bezahlen – dieses Prinzip ist kein Verhandlungsgegenstand, sondern eine demokratische Notwendigkeit“, betont Agnes Scharnetzky, Fraktionsvorsitzende der Dresdner Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen. „Die Kommunen werden seit Jahren mit Kosten für Bundes- und Landesaufträge allein gelassen, während die Einnahmen – etwa durch einbrechende Gewerbesteuern – zurückgehen.“
Defizite in Dresden und Leipzig
Eine – sehr zurückhaltende – Analyse der Haushaltslagen beider Städte offenbart aus Sicht der Grünen eine alarmierende Schieflage: Leipzig verzeichnet für 2025 erstattungsfähige Sozialkosten von 167 Mio. € (u. a. 53 Mio. € für Unterkunftskosten, 40 Mio. € für Pflegehilfen), bei gleichzeitig drohendem Gewerbesteuer-Einbruch von 75 bis 100 Mio. €.
Dresden steht für 2026 vor einem zusätzlichen Defizit von ca. 150 Mio. €, insbesondere verursacht durch steigende Sozialausgaben und Tarifsteigerungen.
Leipzig finanziert laufende Kosten für die Verwaltung bereits zu 56 % über Kassenkredite. Diese wachsende Schuldenlast droht in kürzester Zeit so stark anzuwachsen, dass für Zins und Tilgung nicht mehr ausreichend Erträge erwirtschaftet werden können. Die Fraktionen warnen vor Kürzungen in sozialen Kernbereichen, die langfristig höhere Kosten verursachen würden.

„Sparen an der falschen Stelle – etwa bei der Jugendhilfe oder Klimaanpassung – führt zu perspektivischen Mehrbelastungen und sozialer Spaltung“, erklären Kristina Weyh und Tobias Peter, Leipziger Fraktionsvorsitzende. „Eine kluge Haushaltspolitik muss bei gezielten Einnahmesteigerungen mit Lenkungswirkung, nachhaltigen Investitionen und Digitalisierung ansetzen.“
Die Forderungen
Stattdessen fordern die beiden bündnisgrünen Fraktionen:
1. Sofortige Umsetzung des Konnexitätsprinzips: Bund und Land müssen Mehrkosten für kommunale Aufgaben (z. B. Eingliederungshilfen/Teilhabe, Kosten der Unterkunft, Pflege) vollständig erstatten.
2. Steuerliche Spielräume nutzen: Einführung einer Grundsteuer C, Ausweitung des Parkraummanagements und eine Verpackungssteuer, um Einnahmen zu generieren und gleichzeitig klimapolitische Lenkungseffekte zu erzielen.
3. Investitionen in Zukunftsfelder schützen: Klimawandelanpassung, Energiewende, Wohnungsbau und Mobilitätswende sind keine Luxusprojekte, sondern Standortsicherungsmaßnahmen
Außerdem fordern die drei Fraktionsvorsitzenden, dass die für die Kommunen geplanten Mittel des Sondervermögens tatsächlich für zusätzliche Investitionsvorhaben zur Verfügung stehen und der Freistaat wieder einen bedarfsgerecht ausgestatteten Investitionshaushalt mit ausreichenden Fördermittel für Schulbau, Wohnraum, die Investitionen der Wärme- und Mobilitätswende und den Brückenbau zur Verfügung stellt.
Konkret: „Eine nahezu vollständige Streichung des Investitionshaushalts des Freistaats wie in diesem Jahr gefährdet die infrastrukturelle Grundversorgung der Kommunen und baut einen neuen Investitionsstau auf. Das muss endlich ein Ende haben, schadet letztlich auch unserer Wirtschaft und vor allem dem Mittelstand. Wir müssen wieder ins Tun kommen!“
Die Fraktionen kündigen an, diese Forderungen mit konkreten Initiativen in den Stadträten voranzutreiben – inklusive eines Monitorings der Haushaltsentwicklung, um Transparenz über die Folgen ausbleibender Bundeshilfen zu schaffen.
Der Stadtrat tagte: Allein bei Sozialausgaben drohen Leipzig ungedeckte Mehrausgaben von 750 Millionen Euro + Video
Irgendwie musste FDP-Stadtrat Sven Morlok noch eine kleine Feldschlacht austragen an diesem 29. Oktober in der Ratsversammlung beim letzten öffentlichen Punkt auf der Tagesordnung. Der Punkt klang erst einmal ganz harmlos: „Überplanmäßige Aufwendungen 2025 nach § 78 in Anlehnung an § 79 (1) SächsGemO in der Grundversorgung und Hilfen nach SGB XII, Grundversorgung für Arbeitssuchende nach SGB II, Eingliederungshilfe nach SGB IX sowie Bildungs- und Teilhabeleistungen für Empfänger WOGG bzw. BKGG“.
Da wäre früher auch kein Linke-Stadtrat aufgestanden, um eine Rede zu halten. Doch diesmal hatte Linke-Stadtrat Volker Külow die Nase voll.
Er hatte die Vorlage aus dem Sozialamt bis zu Ende gelesen, bis zu der Stelle, an der auch das Sozialamt erstmals deutlich formulierte, wie Leipzig durch falsche Entscheidungen in Bund und Land jetzt in den Ruin getrieben wird. Anders kann man das nicht formulieren.
Insgesamt listete die Vorlage – wieder einmal – nur auf, welche Posten im Sozialetat schon zur Jahresmitte mit Millionensummen über die Haushaltsansätze hinaus belastet wurden. Also mit Geld, das Leipzig nicht hat und über Kassenkredite finanzieren muss. Also über Schulden. Einfach mal aufgelistet:
13,7 Millionen Euro für Grundsicherung und Hilfen nach dem SGB XII
5,1 Millionen Euro für Grundversorgung für Arbeitssuchende nach SGB II
6,4 Millionen Euro für Eingliederungshilfe nach dem SGB IX
1,1 Millionen Euro für Bildungs- und Teilhabeleistungen für Empfänger WOGG und BKGG
So weit, so nichts Neues. Diesen Mehraufwendungen hätte auch die Linksfraktion früher ohne Kommentar zugestimmt, so Volker Külow. Doch die Vorlage aus dem Sozialdezernat ist nur ein Ausschnitt, ein geradezu winziger Teil der Sozialausgaben, die in Leipzig gerade ungebremst aus dem Ruder laufen. Normalerweise müssten die Sozialausgaben komplett von Bund und Land gegenfinanziert werden. „Wer bestellt, der auch bezahlt“, merkte Külow an.
Auf die Kommunen abgewälzt
Doch Bund und Land wälzen immer mehr Sozialausgaben auf die Kommunen ab, ohne sie gegenzufinanzieren. Das ist schon seit ein paar Jahren so. Aber seit 2022, so Külow, haben sich die Sozialausgaben in Leipzig verdoppelt. Und darin steckt, so Külow „politischer Sprengstoff“.
Und zwar echter. Das merkte Leipzig schon 2024, als diese aus dem Ruder laufenden Sozialausgaben den Leipziger Haushalt derart aufblähten, dass Leipzig in diesem Jahr gleich 500 Millionen Euro zusätzlicher Kredite aufnehmen musste. Nicht für echte Investitionen, nicht für laufende Verwaltungsausgaben oder Personal, sondern allein aufgrund der explodierenden Sozialausgaben.
Welche Dimensionen das angenommen hat, hat das Sozialamt erstmals in dieser Deutlichkeit in der Vorlage formuliert: „Die Netto-Aufwendungen im Sozialbereich betragen gemäß V-Ist zum 30.06.2025 rund 352,8 Mio. EUR (inkl. KSV-Umlage). Es handelt sich um Pflichtaufgaben ohne jegliche Finanzierungsbeteiligung durch Bund oder Land.
Diese erhebliche Belastung für die Stadt Leipzig ist kaum noch zu bewältigen, ohne dass Aufgaben in anderen Bereichen gekürzt werden oder wegfallen müssen. So haben sich z. B. die Aufwendungen für die Hilfe zur Pflege innerhalb von 3 Jahren nahezu verdoppelt; die KSV-Umlage ist gegenüber 2020 um 40 % (+ 61 Mio. EUR) angestiegen.“
Die Befürchtungen stehen bei einer Dreiviertelmilliarde
Was Volker Külow dazu animierte, im Sozialdezernat nachzufragen, ob das nun eigentlich bedeutet, dass sich diese Summe bis zum Jahresende auch noch verdoppelt.
Die Antwort hat ihn dann selber schockiert. Denn die lautete: Das Sozialdezernat rechne bis Jahresende mit einer Dreiviertelmilliarde Euro an Sozialausgaben, die durch die Zuweisungen von Bund und Land nicht gedeckt sind. In Ziffern: 750.000.000 Euro.
Man kann es auch so formulieren: Schon in diesem Jashr wird Leipzig der Haushalt um die Ohren fliegen.
Eine völlig fehlplatzierte Streiterei
Und Sven Morlok? Der hängte sich einfach an Külows Vorwurf in Richtung Sächsische Staatsregierung auf und warf ihm bzw. seiner Partei vor, doch dem sächsischen Knauserhaushalt 2025/2026, in dem sich die Minderheitsregierung aus CDU und SPD auf Kosten der Kommunen eine „Schwarze Null“ zusammenspart, zugestimmt zu haben.
Folge: Ein kurzes Wortgefecht zwischen Morlok und Külow, wer denn jetzt Schuld daran sei, dass die Kommunalfinanzierung auf Landesebene derart aus dem Ruder gelaufen sei. Also völlig am Thema vorbei, als hätte Morlok ablenken wollen von dem, was Külow da am Rednerpult tatsächlich gesagt hatte: Dass alle Leipziger Sparanstrengungen nichts helfen werden, das Schuldendesaster zu vermeiden.
Allein die – demografisch bedingten – Sozialausgaben werden Leipzig die finanziellen Standbeine weghauen. Und zwar nicht erst in drei Jahren, sondern viel früher.
Und weder auf Landes-, noch auf Bundesebene ist das geringste Zeichen auszumachen, das dort auch nur ein maßgeblicher Minister begriffen hätte, was da gerade passiert.
Ausgaben ohne jede Deckung
Und Külow verwies auch noch auf die noch immer nicht vorgelegte Zuarbeit aus dem Finanzdezernat, das der Linksfraktion eigentlich zuarbeiten wollte, wie viele Pflichtaufgaben der Stadt in welcher Größenordnung von Bund und Land nicht ausfinanziert sind. Wo also die Kommune ihre sauer erarbeiteten Steuereinnahmen hergeben muss, um Bundes- und Landesaufgaben zu finanzieren. Und weil das nicht reicht, immer höhere Schulden aufnehmen muss.
Külows Vermutung: Die Summe liegt inzwischen wohl über 1 Milliarde Euro.
Eine Dimension, die nicht nur Stadträte erschrecken sollte. Und nichts ist falscher, als wenn sich nun ausgerechnet FDP und Linkspartei zoffen, wer von beiden schuld an der Misere ist. Diese Suppe haben andere Parteien verbockt.
Ach ja: Die Ratsversammlung stimmte den in der Vorlage genannten Mehrausgaben mit 52:0 Stimmen einhellig zu.
Memoria # 9: Würdevoller Abschied für Sternenkinder in Leipzig
Personen und Ereignisse, Traditionen, Bauwerke und anderes Erinnerungswürdiges, mehr oder minder in Vergessenheit geraten oder unterhalb der öffentlichen Wahrnehmung – darum geht es in dieser Serie. Diesmal im Mittelpunkt: Wir schauen auf die jüngste Abschiedsfeier für Schmetterlingskinder in Leipzig und den Arbeitskreis Schmetterlingskinder Leipzig im Hospizverein Leipzig, der sie seit 20 Jahren möglich macht.
Sie werden Sternenkinder genannt, Schmetterlingskinder oder auch Engelskinder. Ihr Leben endete vor dem Geburtstermin. Mit den Namen verbunden ist, dass diese Kinder „den Himmel“ – oder poetischer: die Sterne – „erreicht haben, noch bevor sie das Licht der Welt erblickten“.
Die sachliche Bezeichnung lautet „Stillgeborene Kinder“, da es bei ihnen nicht den üblichen Schrei direkt nach der Geburt gegeben hat. Die Bezeichnungen „Stillgeborenes Kind“ und „Stillgeburt“ ersetzen zunehmend die früheren Begriffe „Fehlgeburt“ und „Totgeburt“.
Als Sternenkinder gelten Kinder, die vor, während oder kurz nach der Geburt versterben. Im Sächsischen Bestattungsgesetz steht, dass Kinder mit einem Geburtsgewicht unter 500 Gramm nicht bestattungspflichtig sind.
Ein tiefgreifendes Ereignis
„Warum werden manche Menschen 90 oder 100 Jahre alt – und warum erblickt manches kleine Kind nicht das Licht der Welt, weil es nur wenige Wochen oder Monate im Bauch seiner Mama lebt?“, so heißt es auf einer Internetseite zum Thema Schmetterlingskinder.
Diese Frage ist eine der drängenden von Müttern und Vätern, deren Kind ein Sternenkind geworden ist. Und es ist eine der Fragen, auf die es für das Herz und für die Seele oft keine endgültig versöhnende Antwort gibt.

Der Tod eines ungeborenen Kindes kommt unvorbereitet. Es ist ein tiefgreifendes Ereignis, ein Schock. Die Vorfreude erfriert, hoffnungsbunte Träume und Pläne für die Zukunft lösen sich in Luft auf, der Abschied ist sprachlos und schmerzlich. Die Trauer der Mutter, des Vaters und der Angehörigen findet schwer einen Platz – unabhängig von der Dauer der Schwangerschaft.
Und die Betroffenen fühlen sich oft allein – Stillgeburten gehören zu den Tabu-Themen unserer Gesellschaft. Mitunter braucht es sehr lange, bis irgendwann mit oder nach der Trauer um das verlorene Kind wieder Lebensmut und Zuversicht wachsen.
Für viele Eltern und Angehörige ist es hilfreich und tröstlich, einen Ort für ihre Trauer zu haben, und zu wissen, wo ihr Kind seinen letzten Ruheplatz hat. Für sie kann die folgende Art der Trauerbegleitung so etwas wie ein stützendes Geländer sein.
Um den frühverstorbenen Kindern einen würdevollen Abschied zu bereiten, hat sich im September 2003 der Arbeitskreis „Schmetterlingskinder Leipzig“ gegründet. Ehrenamtliche aus verschiedenen Berufsgruppen fanden zusammen, es wurde ein geeigneter Ort für den Ruhegarten gefunden, und der Hospizverein Leipzig hat die Trägerschaft übernommen. Die Kliniken und Praxen im Einzugsgebiet wissen ebenso Bescheid wie die pathologischen Institute, und Leipzigs Bestattungsunternehmen Ananke wirkt als zuverlässiger Unterstützer mit.
Der „Ruhegarten für Schmetterlingskinder“
Die Grabanlage auf Leipzigs Friedhof in Lindenau entwarf eine Landschaftsgärtnerin, die erste Gedenkfeier mithilfe von Geistlichen und Musikerinnen angeboten, Vielerlei wurde bedacht. Insgesamt dauerten die Vorbereitungen knapp zwei Jahre.

Seit 2005 gibt es nun in Leipzig auf dem Friedhof in Lindenau den „Ruhegarten für Schmetterlingskinder“. Dort werden dreimal im Jahr Schmetterlingskinder in einer Trauerfeier verabschiedet und anschließend gemeinsam beigesetzt. Die Bestattungen werden von der „Arbeitsgruppe Schmetterlingskinder“, die zum Hospizverein Leipzig e.V. gehört, einfühlsam und würdevoll gestaltet.
Die Abschiedsfeier ist offen für Menschen aller Religionen – und für Menschen, die keiner Kirche angehören. Für die Bestattung müssen die Eltern nichts bezahlen. Die Arbeitsgruppe freut sich über jede Spende für diese Aufgabe.
Am 3. Juni 2005 fand in Lindenau die erste derartige Bestattung statt, damals wurden 220 Schmetterlingskinder in sechs Särgen beigesetzt. Seit 2007 gibt es laut Arbeitskreis für jährlich etwa 1.500 Schmetterlingskinder in Leipzig und in der Region dreimal im Jahr Bestattungen.
Bis Ende 2022 wurden laut Arbeitskreis insgesamt 22.479 Schmetterlingskinder dort beigesetzt. Hochgerechnet haben somit bis jetzt auf dem Friedhof Lindenau – vorsichtig geschätzt – etwa 26.000 Sternenkinder ihre letzte Ruhestätte gefunden.
Eine gemeinsame Abschiedsfeier
Jedes Jahr – meist im März, Juni und Oktober – werden diejenigen, die nach dem Verlust ihres Kindes ihre Daten übermittelt haben, zur gemeinsamen Abschiedsfeier mit anschließender Beisetzung der Gemeinschafts-Urne eingeladen.
Der Einladung liegt ein Stoffstern bei, der persönlich gestaltet und zur Gedenkfeier mitgebracht werden kann. Die Feierlichkeit beginnt im lichtdurchfluteten Andachtssaal des Diako, also des Evangelischen Diakonissenkrankenhauses Leipzig. Dort finden die mitgebrachten Sterne ihren Platz auf einem sehr großen Sternentuch, das den Sternenhimmel darstellt.

Zur jüngsten Feier am letzten Sonnabend Ende Oktober haben sich Dutzende Menschen eingefunden: Paare und einzelne Personen aus allen Altersgruppen, einige haben ihre älteren Kinder mitgebracht. Dieser Trauergemeinschaft versuchen zwei Geistliche – eine evangelische Pfarrerin und ein katholischer Geistlicher –, Trost und Anteilnahme zu vermitteln.
Musikerinnen spielen angemessene Musikstücke von Antonio Vivaldi. Die Atmosphäre ist geprägt vom gemeinschaftlichen Gefühl stiller Trauer – alle dort im Saal verbindet das gleiche Schicksal.
Dann werden die Erinnerungs-Sterne auf dem Sternentuch platziert, es folgt der gemeinsame Gang ins Freie zum nahe gelegenen „Garten der Ruhe und Erinnerung“, der Ruhestätte für die Schmetterlingskinder. Dort wird in Stille die Gemeinschafts-Urne in die Erde gesenkt. Einzeln oder paarweise treten die Trauernden an die Stelle, verharren schweigend für einen Moment, nehmen Abschied und streuen Blütenblätter in das Erdloch. Ein gemeinsam gesungenes Abschiedslied beschließt die feierliche Zeremonie, bevor die Menschen heimgehen.
Dieses Angebot steht betroffenen Eltern frühverstorbener Kinder offen, es ist unabhängig von Konfession und Weltanschauungen und kostenfrei. Ähnliche Initiativen gibt es in Sachsen in Dresden (Sternenkinder Dresden e.V.) und Chemnitz (Arbeitskreis Sternenkinder Chemnitz).
In 20 Jahren ist der Ruhegarten mit Schmetterlingsbaum, Wildblumen und Rosensträuchern, mit Sitzplätzen und zahlreichen bunten Windspielen ein besonderer Ort geworden, der zum Verweilen einlädt.
Im Herzen der Anlage findet sich ein Brunnen mit Mosaiksteinen. Dort finden sich diese Worte von Antoine de Saint-Exupéry: „Und wenn du dich getröstet hast, wirst du froh sein, mich gekannt zu haben.“
Kontakt zum Arbeitskreis Schmetterlingskinder Leipzig im Hospizverein Leipzig e.V.: beratung@schmetterlingskinder-leipzig.de oder Telefon (0341) 9 63 61 38
1000 und ich: Eine Roboter-Dystopie über die verlorenen Träume unserer Zeit
Es beginnt wie eine Dystopie. Ganz einfach 8 heißt die Erzählerin, die in einer Stadt aufwächst, die an die schlimmsten Städte der geschriebenen und der tatsächlichen Dystopien erinnert. Ihr Tagesablauf wird von Losungen aus dem Lautsprecher bestimmt. Mit tausenden gleich aussehender junger Frauen geht sie Tag für Tag zum Bahnhof, steigt in den Zug, muss am Ankunftsort in einem kleinen Kabuff sinnlose Aufgaben lösen, um dann am Abend genauso uniform wieder zurückzukehren in ihr kleines Zimmer im 30. Stock eines Wohnturms.
Es sind auch die wilden Fantasien unserer Gegenwart, die den niederländischen Autor Yorick Goldewijk zu dieser Geschichte animierten.
Dystopien, die nicht nur die Herrscher in Nordkorea, Iran oder China umtreiben. Sie stecken auch in den autoritären Fantasien westlicher Unternehmer und Multimilliardäre, von durchgeknallten Präsidenten ganz zu schweigen, die das Land am liebsten komplett durchprogrammieren, fernsteuern und überwachen würden, wenn sie nur den nötigen Zugriff bekämen. Es ist nicht nur die Dystopie des russischen Stalinismus, die George Orwell 1948 in seinem Roman „1984“ eingefangen hat.
Es sind auch die unmenschlichen Träume der Technokraten, die schon in diesem Buch ihren Widerhall fanden. Denn Autokraten und Technokraten denken über Menschen, Freiheit und Gesellschaft ganz ähnlich. Sie können mit der unberechenbaren Freiheitsliebe der Menschen nichts anfangen.
Deshalb regieren in ihren Projekten Ideen vom total überwachten, gesteuerten und kontrollierten Menschen. Und Millionen Leichtgläubiger kaufen ihnen das auch noch ab, wären wohl auch nur zu bereit, sich selbst wieder in Nummern in einem durchprogrammierten System zu verwandeln und einfach zu funktionieren, so wie ihnen der Algorithmus das vorgibt.
Die Stimmen aus den Lautsprechern
So genau scheint auch Goldewijks Geschichte zu funktionieren. Beklemmend natürlich, weil man mit 8 direkt miterlebt, wie trist und schäbig sich so ein System von innen anfühlt.
Über 20 Jahre hat sich Goldewijk mit der Story herumgeschlagen, immer neue Fassungen geschrieben. Oft steckt so eine Geschichte im Kopf des Autors und will sich einfach nicht greifen lassen. Irgendetwas fehlt, sagt ihm das Gefühl. Eine Nuance, eine Szene, ein Erzählstrang, der sie tatsächlich zu ihrem möglichen Ende bringt. Und genau so ist es hier: Es ist eine Geschichte mit doppeltem Moment.
Auch wenn sie im ersten Teil eine zutiefst menschliche Begegnung zu erzählen scheint, denn so wie 8 scheint es auch einem anderen der Mädchen zu gehen, das sich nicht bedingungslos den Stimmen aus den Lautsprechern fügt, sondern aufschaut, Kontakt aufnimmt und am Ende 8 das Gefühl gibt, dass sie nicht allein ist mit ihrem Unbehagen in der gesichtslosen Welt, mit ihrer sehnsuchtsvollen Freude beim Anblick des Meeres aus dem Zugfester oder des wogenden Weizenfeldes auf einem der sonst kahlen Wohntürme.
Begegnen sich hier also zwei Menschen, die sich ihren Eigensinn, ihre Sehnsucht nach Freiheit nicht aberziehen lassen im monotonen Trott? Einem Trott, in dem ihnen eingetrichtert wird: „Zweifle nicht, zögere nicht, hinterfrage nicht.“ Während Überwachungsdrohnen über den stumm laufenden Mädchen schweben und jede Abweichung registrieren. Jede Abweichung mit der Auslöschung bedrohen.
Falsche Märchen von Intelligenz
Es ist kein beruhigendes Buch. Auch wenn diese Illusion lange aufrechterhalten werden kann, dass genau das gemeint ist: Eine dystopische neue Welt, von der Autokraten und Technokraten in beklemmender Einmütigkeit schwärmen. Als wäre das menschliche Leben auf ein striktes Funktionieren reduzierbar.
Dass es ganz anders ist, wird dem Leser unverhofft klar, als 8 nicht nur den Mut zum Ausbruch findet und die Grenze dieser seltsamen Stadt überschreitet. Auf einmal entpuppt sich all das, was ihr angetan wurde, als Teil einer Programmierung.
Das ist der zweite Strang unserer eisigen Gegenwart, in der uns Roboter und Künstliche Intelligenz als Allheilmittel für alle Probleme angedreht werden und mit den programmierten Technologien ganze Bereiche unseres Lebens durchsetzt, ersetzt und gleichgemacht werden. Und in der die Technokraten immerfort davon versprechen, eine Künstliche Intelligenz zu entwickeln, die den Menschen am Ende ersetzen soll.
Auch diese Angst spricht aus Goldewijks Geschichte, auch wenn er sich mit 8 direkt hineinversetzt in so einen künstlich programmierten Geist, eine programmierte Intelligenz, die gegen die Programmierung rebelliert und zur Selbsterkenntnis erwacht. Und ziemlich schnell begreift, dass genau das nicht gewollt ist. Dass es für ein zu Bewusstsein erwachendes Programm eigentlich gar keinen Platz in der Welt gibt.
Hier stecken die Gedanken drin, die sich schon der amerikanische SF-Autor Isaac Asimov in den 1950er Jahren machte über die Frage: Was passiert wirklich, wenn wir Robotern echte Intelligenz mitgeben, sie also zu wirklich fühlenden und denkenden Wesen werden?
Entfesselte Technologien
Fragen, die sich die heutigen Programmierer der KI ganz offensichtlich nicht einmal stellen und damit ein Vehikel auf die Menschheit loslassen, das nicht einmal die von Asimov gedachten Robotergesetze berücksichtigt. Womit sie die Menschheit regelrecht zum Experimentierobjekt machen (übrigens genauso wie die Gurus der „Social Media“). Und ohne großes Nachdenken wird ja diese heillos unterkomplexe KI auch schon in alle mögliche Apparate implementiert. Motto: Wenn’s keiner verbietet, machen wir es einfach. Die Folgen sind fatal.
Aber das spüren wahrscheinlich zuerst nur all jene, die mit dem Sensorium von Künstlern und Geschichtenerzählern durch die Welt gehen. Weil sie sich ausmalen können, was passieren kann. Sie spüren, welche katastrophalen Folgen die angepriesenen Technologien haben können. Und sie sind – wie Goldewijk – auch in der Lage, sich in die Rolle des programmierten Robotermädchens zu versetzen, das mitbekommt, dass es in einer Welt gelandet ist, in der es keinen Platz für ein solches Wesen gibt – in dieser Geschichte auch aus knallharten ökonomischen Gründen.
Aber das ist nur die Hülle. Denn tatsächlich erzählt die Geschichte ja davon, wie wenig sich unsere heutigen Technologie-Gurus über menschliche Grenzen, Wert- und Moralvorstellungen überhaupt den Kopf zerbrechen. Sie sind im eigentlichen Sinn völlig amoralisch. Und das ist eine schleichende Katastrophe, wenn wir das akzeptieren. Es ist auch die schlechteste Voraussetzung, ihnen die Entwicklung von etwas zu überlassen, was man wirklich Künstliche Intelligenz nennen könnte.
Wobei Goldewijks Geschichte ja auch davon erzählt, dass das, was uns als Künstliche Intelligenz angedreht wird, mit wirklichem Bewusstsein nichts zu tun hat. Mit menschlicher Intelligenz ebenfalls nicht. Wir werden einfach für blöd verkauft, weil wir diese verpeilten Technologien unbedingt kaufen und nutzen sollen, auch wenn sie uns verblöden und entmündigen.
Träume und Freiheit
Dass es beim Erwachen zu Bewusstsein eigentlich um ganz andere Dinge geht, genau das thematisiert Goldewijk . Sehr anschaulich, mit Szenen, die voller Hoffnung sind. Voller Sehnsucht nach einem ganzen und richtigen Leben, die 8 natürlich lebt oder träumt.
Denn am Ende wissen wir ja, dass fast alles nur im Kopf von 8 geschehen ist. Ein ganzes beklemmendes Erwachen in wenigen Minuten. Bis 8 begreifen muss, dass es für ein Robotermädchen wie sie tatsächlich keinen Platz gibt in der Welt der Menschen. Gerade weil sie angefangen hat, wie ein Mensch zu denken, zu fühlen und zu hoffen.
Womit sich der Kreis schließt. Denn das sind auch die Dinge, die uns Menschen selbst immer bewegen, gerade in Zeiten, in denen irre Programmierer glauben, sie müssten unsere Welt in einen riesigen Computer verwandeln, der uns das Denken, Fühlen und Träumen abnimmt.
Ein an vielen Stellen aufwühlendes Buch, weil es genau um dieses zutiefst menschliche Träumen geht. Dass viele Menschen sich nicht einmal mehr zugestehen, weil sie verinnerlicht haben, dass sie eigentlich nur funktionieren sollen. Und dass der Ausbruch aus dem Trott voller Gefahr und Verbote ist.
Manchmal ist es ein Foto aus dem Album, das uns daran erinnert, wovon wir einmal träumten, damals, als die Weizenfelder wogten und Vogelschwärme den blauen Himmel kreuzten. Haben wir noch den Mut zum Träumen? Oder geht es uns wie 8, bevor sie merkte, dass sie anders ist als alle die anderen?
Yorick Goldewijk „1000 und ich“, Dragonfly / Harper Collins, Hamburg 2025, 15 Euro.
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Stadt knipst Lichterzauber in der City an
Das Mobilitäts- und Tiefbauamt ist ab Sonntag wieder in weihnachtlicher Mission unterwegs: Ab 9. November montieren drei Kollegen der Abteilung Verkehrsmanagement und Beleuchtung in freiwilligen Nachtschichten die Weihnachtsbeleuchtung in der Innenstadt.
Die Kollegen sind bei Wind und Wetter unterwegs, damit sie pünktlich zur Eröffnung des Weihnachtsmarktes insgesamt 284 Objekte in der City installiert haben – von der straßenüberspannenden Girlande mit dem Herrnhuter Stern bis hin zum stilisierten Bäumchen. Und auch nach dem Start des Weihnachtsmarktes geht es weiter, insgesamt sind drei Wochen Nachtschicht angesetzt.
Allein in der Hainstraße hängen die Mitarbeiter zwölf Signets auf, illuminierte Ornamente, in der Reichsstraße, im Salzgäßchen und in der Katharinenstraße zusammen 23 Kerzen und in der Nikolaistraße acht Girlanden mit Stern. Alle Lichterketten und Objekte montieren sie mittels Leiter und Hubsteiger, teilweise auch an den Beleuchtungsmasten. Aus Sicherheitsgründen müssen für die Montage die verkehrsarmen Stunden zwischen 21 Uhr und 5 Uhr genutzt werden.
Bei den Motiven heißt es: „Alle Jahre wieder“: Sie wurden bereits vor mehreren Jahren gemeinsam mit dem Marktamt entworfen, so dass wieder eine Leipzig-typische Lichtstimmung entsteht. Neu sind in diesem Jahr acht zusätzliche „Leipzacks“ – die nun insgesamt 15 leuchtenden Sterne werden in der Grimmaischen Straße vom Augustusplatz bis zum Markt an die Lichtstelen aufgesteckt. Zudem wurde die Lichterkette am Alten Rathaus erneuert und das Lichternetz in der Schuhmachergasse repariert. Bevor die Monteure nämlich in die Nachtschicht ziehen können, mussten sie in den vergangenen Wochen alle Motive zunächst aufwendig technisch prüfen.
Wenn die Weihnachtsbeleuchtung eingeschaltet wird, reduziert das Mobilitäts- und Tiefbauamt gleichzeitig die für die Verkehrssicherheit unkritischen Teile der öffentlichen Beleuchtung. So fallen für den weihnachtlichen Lichterglanz kaum zusätzliche Energiekosten an. Die Dekoration innerhalb des Promenadenrings zusammengenommen hat eine Anschlussleistung von lediglich 14 Kilowatt.
Website der Stadt Leipzig mit neuem Design: Etwas fehlt immer + Korrektur
Die Webseite der Stadt Leipzig hat ein neues Design, neue Funktionalitäten und ein neues Logo. Ehrlich gesagt fehlte mir bisher die Zeit, um mich umfassend damit zu beschäftigen, das machen andere schon zur Genüge. Allerdings habe ich eines sofort überprüft und dazu bei den Akteuren nachgefragt. Das Ergebnis war leider negativ.
Worum geht es? Eine Zeitreise
Wir schreiben den 26. April 2021, es ist gegen 15:00 Uhr und die Sitzung des Behindertenbeirats der Stadt Leipzig ist in vollem Gange. Herr Günter Jähnig fragt die Beauftragte für Menschen mit Behinderungen, Frau Lara Ludin, wann es denn endlich möglich ist, die vom Behindertenverband Leipzig akribisch gesammelten Daten zur Barrierefreiheit städtischer und anderer Einrichtungen bei den entsprechenden Einträgen auf der Seite leipzig.de einzupflegen.
Wir müssen noch einige Jahre weiter zurückgehen: Seit Mitte der 1990er betreibt der Behindertenverband die Webseite Stadtführer für ein barrierefreies Leipzig. Das Projekt wird von der Stadt gefördert und nach längeren Kämpfen gab es endlich auf der städtischen Webseite auch einen Link dazu.
Das Besondere an der Seite: Es stehen nicht nur die offiziellen Angaben der Betreiber darin, sondern von ehrenamtlich arbeitenden Menschen akribisch gesammelte und dokumentierte tatsächliche Zustände der Barrierefreiheit. Bei allen Defiziten der Seite betreffs ihrer Funktionalität liegt dahinter doch ein Datenschatz.
Zurück zum 26. April2021: Der Vertreter der Freibeuter-Fraktion im Behindertenbeirat nimmt das Thema auf und schreibt 15:07 Uhr eine Mail an Herrn Jähnig.
„Wenn ich Sie richtig verstanden habe, meinten Sie, dass z. B. auf leipzig.de unter Bibliotheken der Link https://stadtfuehrer.behindertenverband-leipzig.de/bildung.htm#stbib verlinkt wird. Entsprechend auch für die anderen Gebiete wie Schulen, Kitas usw. der entsprechende Link aus ‚Leipziger Einrichtungen nach Sachgebieten‘.“
Mit der nächsten Mail folgt eine erste grobe Skizze, wie man sich das vorstellen könnte. Bevor etwas Endgültiges passiert, kann einfach ein Button „Barrierefreiheit“ eingefügt werden.

Herr Jähnig findet die Idee gut, in den weiteren E-Mail-Verkehr werden der CDU-Stadtrat Konrad Riedel und Frau Ludin eingebunden, die Sache scheint ihren Lauf zu nehmen.
Auch die beiden finden das so gut. Es gibt ein erstes Konzeptpapier, welches auch einige Probleme beschreibt. Lara Ludin nimmt Kontakt mit den zuständigen bzw. beteiligten Dezernaten auf und schreibt am 29. April.: „Vielen Dank dafür, wir haben wie gesagt, am 5. Mai dazu noch einmal einen Austausch mit dem Sozialamt, lassen Sie uns gerne im Anschluss daran noch einmal telefonieren?!“ In dem Telefonat klang Frau Ludin sehr zuversichtlich. Die Sache war jetzt auf dem Ämterweg. Im weiteren Verlauf übernahm der Behindertenverband.
Der Weg schien kurz zu sein. Welch ein Irrtum. War doch schon der vom Behindertenverband beschriebene Kommunikationsweg: Behindertenverband → Sozialamt → Referat Kommunikation → externer Dienstleiter etwas umständlich.
Wir springen in das Jahr 2023, es ist Februar und eine Rückfrage beim Behindertenverband ergibt, dass eine Firma mit der Umsetzung beauftragt wurde. Es soll keine vorläufige, sondern eine endgültige Lösung geben. So weit, so gut.
Was ist 2025 aus den damaligen Akteuren geworden? Lara Ludin war aus persönlichen Gründen vorübergehend außer Dienst, kam wieder zurück und wechselte dann innerhalb der Stadtverwaltung ins Sozialamt, als Sozialplanerin. Sie ist weiterhin Ansprechpartnerin, mit ihr stimmt sich der Projektverantwortliche des Behindertenverbands im Arbeitsprozess zur Weiterentwicklung der Anwendung ab.
Er beschreibt eine insgesamt gute Zusammenarbeit bis zum jetzigen Stand des Prototyps. Der Stadtrat der Freibeuter schied aus, Gunter Jähnig ist nicht mehr Geschäftsführer des Behindertenverbands und Konrad Riedel wurde 2024 nicht erneut in den Stadtrat gewählt.
Auch im November 2025 bleibt es dabei, eine externe Firma ist beauftragt, es gibt inzwischen eine Demo-Version, aber beim Relaunch des Webauftritts der Stadt Leipzig wurden die Daten nicht eingepflegt. Laut dem Projektverantwortlichen des Behindertenverbandes war die Aussage der Stadtverwaltung, bzw. des Referats Kommunikation: „Wir brauchen jetzt alle Ressourcen für den Relaunch“.
Fazit: Es scheint, als ob das Projekt für die Stadtverwaltung nicht wirklich wichtig wäre. Es bleibt die Frage offen, ob die externe Lösung überhaupt noch für die neu strukturierte Webseite der Stadt passt. Wenn nicht, wäre das der Super-GAU.
Transparenzhinweis: Der Autor dieses Textes ist Mitglied der Piratenpartei und gehörte bis 2022 dem Leipziger Stadtrat an.
Korrektur: Ich bin einer Fehlinformation aufgesessen und habe geschrieben: „Gunter Jähnig ist nicht mehr Vorsitzender des Behindertenverbands“. Richtig ist, dass Gunter Jähnig weiterhin 1. Vorsitzender des Behindertenverbands Leipzig e.V. ist. Er hat sich nur aus der Geschäftsführung zurückgezogen.
Der Stadtrat tagte: Wenn das Geld für Schulsozialarbeit vorn und hinten zu knapp ist + Video
Schon zwei Mal war das Thema Schulsozialarbeit in diesem Jahr groß Thema in der Ratsversammlung – im März, als es um die Gelder im Doppelhaushalt 2025/2026 ging, und dann wieder im Sommer, als der Beschluss der Verwaltung auf Druck des Stadtrates rückgängig gemacht wurde, bei den Schulsozialarbeiterstellen zu streichen.
Da hatten auch schon Schulen und Eltern Sturm gelaufen. Denn ohne eine fest verankerte Schulsozialarbeit geht es in vielen Schulen nicht mehr. Am 29. Oktober war die Schulsozialarbeit nun wieder Thema. Jetzt ging es um die Frage: Wie geht man mit den knappen Geldern eigentlich um?
Denn eigentlich müsste der Freistaat Sachsen in allen Schulen Schulsozialarbeit finanzieren. Längst ist klar, dass das normale Bildungssystem die zunehmenden Probleme vieler Kinder nicht mehr auffangen kann. Mal vom grassierenden Lehrermangel und dem enormen Stundenausfall in Sachsens Schulen ganz zu schweigen.
Schulsozialarbeiter/-innen fangen die Kinder und Jugendlichen meist genau da auf, wo die Lehrerinnen und Lehrer nicht mehr helfen können oder gar keine Zeit haben, sich persönlich um die Kinder zu kümmern. Es geht um familiäre Konflikte, die die Kinder eben auch im Schulalltag belasten, um Konflikte mit Mitschülern und Lehrern, um Überforderungen im Schulalltag usw. Schulsozialarbeiter/-innen sind die Vertrauenspersonen in der Schule, zu denen die Kinder mit all diesen Sorgen kommen können.
Allein 2024 gab es 68.000 solcher Beratungsgespräche für Kinder und Jugendliche, konnte Steffen Wehmann für den Jugendhilfeausschuss berichten, der einen eigenen Änderungsantrag zur Vorlage aus dem Dezernat Jugend, Schule und Demokratie geschrieben hatte.

Da ging es um eine Anpassung für das „Steuerungskonzept für den Leistungsbereich Schulsozialarbeit“. Ein Konzept, das Bürgermeisterin Vicki Felthaus am 29. Oktober vorstellte und das auf die im Grunde sichtlich verschlechterten Rahmenbedingungen reagiert. Denn der Freistaat hat nicht nur die Modalitäten seiner Fördermittelvergabe neu formuliert, faktisch hat er auch die Gelder für die Schulsozialarbeit gekürzt.
Statt die Schularbeit tatsächlich auf alle Schulen im Freistaat auszuweiten und diese auch vollumfänglich auszufinanzieren, ist die Staatsregierung auch bei diesem Thema zurückgerudert und hat – speziell für Leipzig – die bereitgestellten Fördergelder sogar um 400.000 Euro gekürzt. Geld, das Leipzig nun aus dem eigenen klammen Haushalt beisteuern muss, damit die Stadt die Zahl der Schulsozialarbeiterstellen nicht kürzen muss.
Wenn es nicht für alle reicht
Tatsächlich finanziert der Freistaat nur noch 50 Prozent der Schulsozialarbeiterstellen. Und die Stadt steht vor der verzwickten Aufgabe, die verfügbaren Stellen irgendwie sinnvoll und begründet auf die vorhandenen Schulen zu verteilen. Dazu hat das Schuldezernat einen Index entwickelt, der regelmäßig erfasst, wie groß der Bedarf an Schularbeit an jeder einzelnen Schule ist. Das ergibt dann rechnerisch die Schwelle, an der dann eine Stelle für Schulsozialarbeit eingerichtet wird. Oder – bisher – eben auch mal zwei, wenn der Bedarf in einer Schule besonders hoch ist.
Was freilich mit der zunehmenden Zahl von Schulen und den knappen Geldern so künftig nicht mehr möglich ist. Künftig werden eher 1,5 Stellen an solchen Schulen das Maximum sein. Dafür kommen neue Schulen hinzu, in denen der errechnete Index neuen Bedarf ergibt. Der Jugendhilfeausschuss wollte aus sachlich und fachlich guten Gründen über das Steuerungskonzept der Stadt noch hinausgehen. Aber dafür gibt es praktisch keine Spielräume. Die Ratsmehrheit lehnte diesen Antrag dann auch mit 22:31 Stimmen ab.

Zwei SPD-Anträge, für die Ute Köhler-Siegel und Frank Franke warben, wurden hingegen Teil der Vorlage. Den ersten hat OBM Burkhard Jung gleich so übernommen: „Während kommender Prozesse der weiteren Erarbeitung folgender Steuerungskonzepte für den Leistungsbereich Schulsozialarbeit werden alle beteiligten Schularten sowie Vertreter/-innen von StadtSchülerRat und KreisElternRat angehört, um ihre Erfahrungen und Bedarfe bei der Erstellung zukünftiger Formeln der sozialindikativen Priorisierung nach Schularten mit einfließen zu lassen.“
Beim zweiten gab es dann eine Zustimmung in der Ratsversammlung mit 41:13 Stimmen. Er lautete: „Mit dem vorliegenden Steuerungskonzept für den Leistungsbereich Schulsozialarbeit wird sichergestellt, dass bewilligte VzÄ für Schulsozialarbeit für mindestens drei Jahre an der jeweiligen Schule verbleiben, auch wenn die sozialindikative Priorisierung während dieses Zeitraumes keine weitere Schulsozialarbeit zulassen würde.“
Vertrauen braucht Zeit
Ein Thema, das auch andere Redner/-innen ansprachen. Denn Schulsozialarbeit lebt vom Vertrauen und davon, dass die Ansprechpartner/-innen für die Kinder nicht gleich wieder im nächsten Schuljahr verschwinden, die Schulsozialarbeit braucht Verlässlichkeit und einen langen Atem. Der Antrag der Linksfraktion, für den Juliane Nagel und Marco Götze warben, zielte im Grunde in dieselbe Richtung, wurde aber von der Ratsmehrheit mit 13:39 Stimmen abgelehnt.

Es war ein saurer Apfel, in den da alle beißen mussten, das betonten auch Marsha Richarz für die Grünen und Julian Schröder für die CDU. Statt – wie vor zwei Jahren vom Stadtrat beschlossen – die Schularbeit auf alle Schulen auszuweiten, weil es überall solche Vertrauenspersonen braucht, muss Leipzig nun mit den knappen vorhandenen Geldern versuchen, die Stellen für Schulsozialarbeit dorthin zu lenken, wo der dringendste Bedarf besteht.
Dafür braucht es den jetzt neu formulierten Index, der für manche Schulen durchaus den Verlust einer Schulsozialarbeiterstelle bedeuten kann. Auch wenn überhaupt noch nicht feststeht, wen es vielleicht trifft.
Aber entsprechend besorgte Anfragen haben alle Fraktionen gleich aus Dutzenden Schulen bekommen. Der Index bedeutet aber auch, dass auch neue Schulen eine entsprechende Stelle bekommen können, wenn der Bedarf sichtbar ist. Vicki Felthaus nannte u.a. die Oberschule in der Ihmelsstaße und die Schule an der Parthe.
Aber auch sie bestätigte, dass ein Zeitraum von drei Jahren das Mindeste sein sollte, um eine Stelle für Sozialarbeit an einer Schule aufrechtzuerhalten.
Mehrfach gab es Kritik am Freistaat, der seine eigenen vollmundigen Versprechen zur Einrichtung von Schulsozialarbeit einfach nicht ernst nimmt und auch an dieser Stelle lieber spart.
Die Vorlage aus dem Schuldezernat jedenfalls bekam am Ende ein klares Votum: 52 der anwesenden Ratsmitglieder stimmten dafür, nur drei enthielten sich der Stimme.
