Radfahren ist für Kinder in Leipzig selbstverständlich. Die Radfahrausbildung findet große Zustimmung und die Kinder sind hoch motiviert. Trotzdem zeigt eine neue Studie deutliche Mängel bei der Verkehrserziehung. Es fehlen geeignete Übungsplätze, gut geschultes Personal und klare Kommunikation.
Die am 11. Dezember veröffentlichte Studie „Radfahrausbildung in Leipzig“ verdeutlicht, dass die Ausbildung in vielen Bereichen reformbedürftig ist. ADFC Leipzig und Verkehrswende Leipzig fordern daher konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Ausbildung, um einen wirksamen Beitrag zur Vision Zero zu erreichen.
Die Radfahrausbildung ist fester Bestandteil des Lehrplans sächsischer Grund- und Förderschulen. Im Sachunterricht soll die Theorie vermittelt werden.
Speziell geschulte Polizeikräfte sind dafür zuständig, die praktische Ausbildung auf Übungsplätzen oder in geeigneten Hallen durchzuführen. Ziel ist es, Kinder zu befähigen, sich sicher und selbstständig mit dem Rad im Straßenverkehr zu bewegen.
Fast jedes Kind in Leipzig besitzt ein Fahrrad, die meisten nutzen es regelmäßig – oft auch auf dem Schulweg. Dennoch schätzen Eltern die Verkehrssicherheit ihrer Kinder als unzureichend ein: Gerade einmal 13 % haben ein gutes Gefühl, wenn ihr Kind am Straßenverkehr teilnimmt.
Die Diskrepanz zwischen hoher Motivation und geringer Sicherheitseinschätzung zieht sich wie ein roter Faden durch die Ergebnisse.
96 % der Befragten halten die Radfahrausbildung für wichtig oder sehr wichtig, kritisieren jedoch vor allem den geringen Umfang und die mangelnde Qualität der praktischen Ausbildung – es fehlt an Zeit, pädagogischer Begleitung und realitätsnahen Bedingungen.
In manchen Schulen findet laut Umfrage gar keine praktische Ausbildung statt – häufig wegen Personalmangels oder fehlender Übungsplätze.
Zu wenige Fahrradübungsplätze
In Leipzig gibt es derzeit sechs Fahrradübungsplätze, von denen fünf auf Schulhöfen liegen und nicht öffentlich zugänglich sind. Einige sind zudem sanierungsbedürftig oder schlecht erreichbar. Für die zehn Leipziger Stadtbezirke ist dies deutlich zu wenig.
69 % der Befragten und 78 % der Ausbilder sehen hier dringenden Handlungsbedarf. Bereits 2022 beschloss der Stadtrat die Suche nach geeigneten Flächen sowie den Bau einer wetterunabhängigen Übungshalle, doch bislang wurde dieser Beschluss nicht umgesetzt.
„Damit alle Kinder sicher Radfahren lernen können, braucht Leipzig ausreichend Übungsplätze – idealerweise in jedem Stadtteil. Der Beschluss zur Übungshalle muss endlich umgesetzt werden“, fordert Anne Schumann, Vorstandsvorsitzende des ADFC Leipzig.
71 % der Eltern fühlen sich unzureichend über Ablauf, Inhalte und Zuständigkeiten der Radfahrausbildung informiert – viele wissen nicht, wer diese an der Schule ihres Kindes durchführt. Die Studie fordert deshalb eine frühere und klarere Kommunikation, etwa über Elternabende, Schulwebseiten oder eine zentrale Informationsplattform, idealerweise ergänzt um eine Übersicht der Übungsplätze in Leipzig.
Gute Öffentlichkeitsarbeit stärkt den gesellschaftlichen Stellenwert der Ausbildung und sensibilisiert andere Verkehrsteilnehmer sowie Verkehrsplaner und Entscheidungsträger für die kindlichen Belange.
Vision Zero
Trotz der Defizite überwiegt die Begeisterung: 90 % der Kinder hatten Spaß an der Ausbildung, zwei Drittel der Eltern sind grundsätzlich zufrieden.
Viele wünschen sich jedoch eine intensivere und praxisnähere Ausbildung. Um das zu erreichen, braucht es vor allem ausreichend gut geschultes Personal – etwa zusätzliche Polizeibeamte sowie eine stärkere Einbindung gemeinnütziger Organisationen.
Ebenso wichtig ist, dass Kinder genügend Zeit zum praktischen Üben erhalten. Ohne qualifiziertes Personal und regelmäßige Übungsmöglichkeiten kann die Radfahrausbildung ihren Anspruch nicht erfüllen.
Eine hochwertige Radfahrausbildung ist ein wesentlicher Baustein für die Vision Zero – das Ziel, schwere und tödliche Verkehrsunfälle zu vermeiden.
Da Kinder im Straßenverkehr besonders gefährdet sind und häufig noch wenig Erfahrung besitzen, stärkt eine gute Ausbildung grundlegende Fähigkeiten wie Regelkenntnis, sichere Fahrmanöver und das Einschätzen von Verkehrssituationen.
Damit ist die Radfahrausbildung nicht nur eine pädagogische Aufgabe, sondern ein zentraler Bestandteil kommunaler Verkehrssicherheitsarbeit und ein konkreter Beitrag zur Umsetzung der Vision Zero.
„Leipzig braucht eine flächendeckende, qualitativ hochwertige Radfahrausbildung – nicht nur auf dem Papier, sondern in der Praxis“, fasst Daniel Obst von der Initiative Verkehrswende Leipzig die Ergebnisse zusammen. „Jedes Kind sollte die Chance haben, sicher und selbstständig mit dem Rad unterwegs zu sein.“
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