Schon zwei Mal war das Thema Schulsozialarbeit in diesem Jahr groß Thema in der Ratsversammlung – im März, als es um die Gelder im Doppelhaushalt 2025/2026 ging, und dann wieder im Sommer, als der Beschluss der Verwaltung auf Druck des Stadtrates rückgängig gemacht wurde, bei den Schulsozialarbeiterstellen zu streichen.
Da hatten auch schon Schulen und Eltern Sturm gelaufen. Denn ohne eine fest verankerte Schulsozialarbeit geht es in vielen Schulen nicht mehr. Am 29. Oktober war die Schulsozialarbeit nun wieder Thema. Jetzt ging es um die Frage: Wie geht man mit den knappen Geldern eigentlich um?
Denn eigentlich müsste der Freistaat Sachsen in allen Schulen Schulsozialarbeit finanzieren. Längst ist klar, dass das normale Bildungssystem die zunehmenden Probleme vieler Kinder nicht mehr auffangen kann. Mal vom grassierenden Lehrermangel und dem enormen Stundenausfall in Sachsens Schulen ganz zu schweigen.
Schulsozialarbeiter/-innen fangen die Kinder und Jugendlichen meist genau da auf, wo die Lehrerinnen und Lehrer nicht mehr helfen können oder gar keine Zeit haben, sich persönlich um die Kinder zu kümmern. Es geht um familiäre Konflikte, die die Kinder eben auch im Schulalltag belasten, um Konflikte mit Mitschülern und Lehrern, um Überforderungen im Schulalltag usw. Schulsozialarbeiter/-innen sind die Vertrauenspersonen in der Schule, zu denen die Kinder mit all diesen Sorgen kommen können.
Allein 2024 gab es 68.000 solcher Beratungsgespräche für Kinder und Jugendliche, konnte Steffen Wehmann für den Jugendhilfeausschuss berichten, der einen eigenen Änderungsantrag zur Vorlage aus dem Dezernat Jugend, Schule und Demokratie geschrieben hatte.

Da ging es um eine Anpassung für das „Steuerungskonzept für den Leistungsbereich Schulsozialarbeit“. Ein Konzept, das Bürgermeisterin Vicki Felthaus am 29. Oktober vorstellte und das auf die im Grunde sichtlich verschlechterten Rahmenbedingungen reagiert. Denn der Freistaat hat nicht nur die Modalitäten seiner Fördermittelvergabe neu formuliert, faktisch hat er auch die Gelder für die Schulsozialarbeit gekürzt.
Statt die Schularbeit tatsächlich auf alle Schulen im Freistaat auszuweiten und diese auch vollumfänglich auszufinanzieren, ist die Staatsregierung auch bei diesem Thema zurückgerudert und hat – speziell für Leipzig – die bereitgestellten Fördergelder sogar um 400.000 Euro gekürzt. Geld, das Leipzig nun aus dem eigenen klammen Haushalt beisteuern muss, damit die Stadt die Zahl der Schulsozialarbeiterstellen nicht kürzen muss.
Wenn es nicht für alle reicht
Tatsächlich finanziert der Freistaat nur noch 50 Prozent der Schulsozialarbeiterstellen. Und die Stadt steht vor der verzwickten Aufgabe, die verfügbaren Stellen irgendwie sinnvoll und begründet auf die vorhandenen Schulen zu verteilen. Dazu hat das Schuldezernat einen Index entwickelt, der regelmäßig erfasst, wie groß der Bedarf an Schularbeit an jeder einzelnen Schule ist. Das ergibt dann rechnerisch die Schwelle, an der dann eine Stelle für Schulsozialarbeit eingerichtet wird. Oder – bisher – eben auch mal zwei, wenn der Bedarf in einer Schule besonders hoch ist.
Was freilich mit der zunehmenden Zahl von Schulen und den knappen Geldern so künftig nicht mehr möglich ist. Künftig werden eher 1,5 Stellen an solchen Schulen das Maximum sein. Dafür kommen neue Schulen hinzu, in denen der errechnete Index neuen Bedarf ergibt. Der Jugendhilfeausschuss wollte aus sachlich und fachlich guten Gründen über das Steuerungskonzept der Stadt noch hinausgehen. Aber dafür gibt es praktisch keine Spielräume. Die Ratsmehrheit lehnte diesen Antrag dann auch mit 22:31 Stimmen ab.

Zwei SPD-Anträge, für die Ute Köhler-Siegel und Frank Franke warben, wurden hingegen Teil der Vorlage. Den ersten hat OBM Burkhard Jung gleich so übernommen: „Während kommender Prozesse der weiteren Erarbeitung folgender Steuerungskonzepte für den Leistungsbereich Schulsozialarbeit werden alle beteiligten Schularten sowie Vertreter/-innen von StadtSchülerRat und KreisElternRat angehört, um ihre Erfahrungen und Bedarfe bei der Erstellung zukünftiger Formeln der sozialindikativen Priorisierung nach Schularten mit einfließen zu lassen.“
Beim zweiten gab es dann eine Zustimmung in der Ratsversammlung mit 41:13 Stimmen. Er lautete: „Mit dem vorliegenden Steuerungskonzept für den Leistungsbereich Schulsozialarbeit wird sichergestellt, dass bewilligte VzÄ für Schulsozialarbeit für mindestens drei Jahre an der jeweiligen Schule verbleiben, auch wenn die sozialindikative Priorisierung während dieses Zeitraumes keine weitere Schulsozialarbeit zulassen würde.“
Vertrauen braucht Zeit
Ein Thema, das auch andere Redner/-innen ansprachen. Denn Schulsozialarbeit lebt vom Vertrauen und davon, dass die Ansprechpartner/-innen für die Kinder nicht gleich wieder im nächsten Schuljahr verschwinden, die Schulsozialarbeit braucht Verlässlichkeit und einen langen Atem. Der Antrag der Linksfraktion, für den Juliane Nagel und Marco Götze warben, zielte im Grunde in dieselbe Richtung, wurde aber von der Ratsmehrheit mit 13:39 Stimmen abgelehnt.

Es war ein saurer Apfel, in den da alle beißen mussten, das betonten auch Marsha Richarz für die Grünen und Julian Schröder für die CDU. Statt – wie vor zwei Jahren vom Stadtrat beschlossen – die Schularbeit auf alle Schulen auszuweiten, weil es überall solche Vertrauenspersonen braucht, muss Leipzig nun mit den knappen vorhandenen Geldern versuchen, die Stellen für Schulsozialarbeit dorthin zu lenken, wo der dringendste Bedarf besteht.
Dafür braucht es den jetzt neu formulierten Index, der für manche Schulen durchaus den Verlust einer Schulsozialarbeiterstelle bedeuten kann. Auch wenn überhaupt noch nicht feststeht, wen es vielleicht trifft.
Aber entsprechend besorgte Anfragen haben alle Fraktionen gleich aus Dutzenden Schulen bekommen. Der Index bedeutet aber auch, dass auch neue Schulen eine entsprechende Stelle bekommen können, wenn der Bedarf sichtbar ist. Vicki Felthaus nannte u.a. die Oberschule in der Ihmelsstaße und die Schule an der Parthe.
Aber auch sie bestätigte, dass ein Zeitraum von drei Jahren das Mindeste sein sollte, um eine Stelle für Sozialarbeit an einer Schule aufrechtzuerhalten.
Mehrfach gab es Kritik am Freistaat, der seine eigenen vollmundigen Versprechen zur Einrichtung von Schulsozialarbeit einfach nicht ernst nimmt und auch an dieser Stelle lieber spart.
Die Vorlage aus dem Schuldezernat jedenfalls bekam am Ende ein klares Votum: 52 der anwesenden Ratsmitglieder stimmten dafür, nur drei enthielten sich der Stimme.
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