Weitere Gefahr für den Erhalt des Hauses Jahnallee 61. In der Neujahrsnacht brannte der Dachstuhl "in voller Ausdehnung", wie die Leipziger Feuerwehr mitteilte. Gut zwei Stunden dauerte der erste größere Einsatz des Jahres. Fotos des Hauses gingen 1945 um die Welt. Der Fotograf Robert Capa dokumentierte so das Ende des Krieges in Europa.

Für das geschichtsträchtige Haus Jahnallee 61 ist es seit der Neujahrsnacht nun schon einige Minuten nach um Zwölf. Denn in der ersten Stunde des neuen Jahres wurde die Leipziger Feuerwehr dorthin gerufen.

Der Dachstuhl des Hauses gegenüber des Straßenbahnhofs Angerbrücke brannte gegen 00.36 Uhr lichterloh. “Der eintreffende A-Dienst der Feuerwache West forderte unverzüglich weitere Kräfte und Einsatzfahrzeuge nach, da der Dachstuhl bereits in voller Ausdehnung brannte”, teilte die Leipziger Feuerwehr mit.
Die Löscharbeiten entwickelten sich für die örtliche Feuerwehr zum ersten größeren Einsatz im neuen Jahr. “Der Brand wurde anfangs über eine Drehleiter gelöscht, später wurden die Löascharbeiten dann mit dem Teleskopgelenkmast der Feuerwache West unterstützt”, heißt es in dem Bericht weiter.

Bei den Löscharbeiten sei “das große Aufkommen von teilweise stark alkoholisierten Schaulustigen” nicht sonderlich hilfreich gewesen. Die Polizei hatte nach Angaben der Feuerwehr die Lage zu jedem Zeitpunkt unter Kontrolle. Nach gut zwei Stunden hatten die Floriansjünger ihre Arbeit getan und übergaben die Einsatzstelle der Polizei.

Diese wird nun die Brandursache zu ermitteln haben. Die Frage wird sein, ob das leer stehende und stark einsturzgefährdete Haus fahrlässig durch Silvesterknaller in Brand geriet. Oder ob es um mehr geht.

Der drohende Einsturz des Hauses hatten in den letzten Monaten Denkmalschützer und historisch Interessierte auf den Plan gerufen (L-IZ berichtete erstmals Ende Oktober). Für die einen ist der gut 100 Jahre alte Bau des Architekten Otto Gerstenberger das Eingangstor nach Lindenau, für die anderen steht er symbolisch für die Befreiung Leipzigs von der NS-Herrschaft.
In einem Zimmer des Hauses fand am 18. April 1945 ein junger amerikanischer Soldat den Tod. Ein deutscher Scharfschütze, der die nahe Zeppelinbrücke gegen die vorrückende 2. US Infanteriedivision verteidigen wollte, nahm ihm wenige Stunden vor der endgültigen Befreiung Leipzigs das Leben.

Der noch heute berühmte Fotograf Robert Capa (1913 – 1954) hielt die Szene bildlich fest. Mit der Veröffentlichung im Life-Magazine am 14. Mai 1945 ging das Capa-Foto “Der letzte Tote des Krieges” um die Welt.

Für das Haus selbst hat die Stadtverwaltung Leipzig im letzten Jahr die Abrissgenehmigung erteilt. Der bauliche Zustand des Hauses ließ nach geltender Rechtslage keinen Spielraum für eine andere Entscheidung.
Gleichwohl ist Leipzig Baubürgermeister Martin zur Nedden (SPD) nach wiederholtem eigenen Bekunden an einer Rettung des Hauses stark interessiert. Das sei “Chefsache” im Dezernat, erklärte der oberste städtische Denkmalpfleger Dr. Norbert Baron auf einer Matinee zur Rettung des Hauses Ende November.

Doch dazu müsse schnellstens ein Investor her. Denn Nässe und Kälte könnten dem Haus bereits in diesem Winter den Gnadenstoß versetzen. Die Gefahr ist nach dem Ausbrennen des Dachstuhles in der Neujahrsnacht größer geworden.

Es war nicht das einzige dramatische Ereignis in der Silvesternacht.

Schon um 15:20 Uhr hatte es am 31. Dezember in einem leerstehenden Haus in der Henriettenstraße in Leipzig-Lindenau gebrannt. Hier konnte durch das schnelle Eintreffen der Kameraden der FF Grünau und der Feuerwache West Schlimmeres verhindert werden.

Zwei Stunden später kam es dann aber zu einem tragischen Feuer in einem Alten- und Pflegeheim in der Waldstraße. Gegen 17:30 Uhr wurde die automatische Brandmeldeanlage ausgelöst. In einem Zimmer des Heimes war aus bisher noch ungeklärter Ursache ein Feuer ausgebrochen. Zwei Bewohner des Zimmers konnten den Raum nicht mehr verlassen und verbrannten in ihren Betten. Weitere drei Personen erlitten eine Rauchgasvergiftung. Für die Dauer des Einsatzes wurden 200 Personen vorrübergehend evakuiert.

Kurz vor 20:00 Uhr wurde in der Nordstraße im Zentrum Leipzigs eine starke Rauchentwicklung aus einer Wohnung in einem mehrstöckigen Haus gemeldet. Hier war es ein stehengelassenes Essen auf einem Herd, das zur Rauchentwicklung geführt hatte. Nach 15 Minuten konnte der Einsatz abgebrochen werden.

Etwa eine halbe Stunde später wurde die Freiwillige Feuerwehr Mölkau wegen eines Heckenbrands nach Leipzig-Paunsdorf alarmiert.

Bei der Anfahrt dahin stellten die Kameraden durch Zufall einen Balkonbrand in der Günselstraße in voller Ausdehnung fest. Der Brand wurde zügig gelöscht. Die betroffene Wohnung wurde durch das Feuer auf dem Balkon nicht beschädigt. Allerdings mussten zwei Bewohner wegen des Verdachts auf eine Rauchgasvergiftung die Hilfe des Rettungsdienstes in Anspruch nehmen.

Gegen 21:35 Uhr ging in der Rettungsleitstelle der Feuerwehr Leipzig ein Alarm einer Brandmeldeanlage eines Hochhauses in der Stuttgarter Allee in Leipzig-Grünau ein. Ursache für die Brandmeldung war grober Unfug, in der 15. Etage wurden Böller gezündet und im gesamten Haus wurden die Handbrandmelder eingeschlagen und dadurch ausgelöst. Es bestand dann kein weiterer Handlungsbedarf für die Feuerwehr.

Gegen 22:00 Uhr gab es wieder Alarm wegen eines Balkonbrandes in der Horst-Heilmann-Straße in Möckern. Eine Feuerschale war die Ursache, Anwohner hatten den Feuerschein für einen Balkonbrand gehalten. Die Feuerwehr musste nicht weiter eingreifen.

Daneben gab es zahlreiche Containerbrände. Bis dann der Alarm für die Jahnallee 61 ausgelöst wurde.

Mehr zum Geschehen in der Silvesternacht: www.feuerwehr-leipzig.de

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