Es gibt auch ganz unaufgeregte Termine zur Leipziger Entwicklung. Am Freitag, 5. April, gab's wieder einen - zum neuen Grundstücksmarktbericht der Stadt Leipzig. Jedes Jahr sammelt der Gutachterausschuss der Stadt alle Zahlen zu Immobilienkäufen und -verkäufen ein, packt ein paar Grafiken dazu, die die Entwicklung zeigen. Und siehe da: 2012 war für Leipzig ein stinknormales Jahr.

Für andere Städte wäre es ein Feuerwerk gewesen, für wieder andere eher bescheiden. Denn Leipzig ist eine Stadt der Mitte, wenn es um seine Attraktivität als Immobilienmarkt geht. Im Osten der Republik ist es nach der Bundeshauptstadt die Nummer 2, was die Attraktivität von Geldanlagen in Häuser und Grundstücke betrifft, im Gesamtbild der Bundesrepublik rangiert die wachsende Halbmillionenstadt natürlich weit hinter Städten wie München, Frankfurt, Hamburg, Düsseldorf, …

Was egal ist. Es hat – wie man täglich der Presse entnehmen kann – auch teure Schattenseiten, wenn die kostbaren Filetstücke einer Stadt zum Spekulationsobjekt werden. Das war in Leipzig zwei Jahre lang zumindest ansatzweise der Fall: 2007 und 2008, den beiden Jahren, in denen die internationale Finanzkrise nach dem Subprime-Desaster in der USA so richtig ins Kochen kam und die ratlosen Regierungen Europas verzweifelt versuchten, Banken zu retten. Darauf sind einige von ihnen noch heute stolz, auch wenn die “Krankheit” mittlerweile einen Staatshaushalt nach dem anderen zerfrisst.

Auf dem Leipziger Immobilienmarkt hat sich das nur als kleiner Dämpfer in den Jahren 2009 und 2010 gezeigt. Dann sagten sich Investoren und Anleger “Was soll’s!” und machten weiter, wo sie 2008 aufgehört hatten. Denn in einer wachsenden Stadt wird investiert, auch wenn im fernen Dresden eine ganze Regierung so tut, als wäre der Freistaat gerade am Aussterben. Eine wachsende Stadt braucht permanent neuen Wohnraum. Die Quartalsberichte und Ortsteilkataloge der Stadt Leipzig erzählen davon. Sie erzählten zehn Jahre lang von einer Re-Urbanisierung, die den Kern der Stadt zum Blühen brachte. Seit ungefähr drei Jahren melden einige innerstädtische Quartiere volle Belegung, die Leerstandszahlen sinken. Noch Anfang des Jahrtausends schätzte das Leipziger Planungsdezernat den Wohnungsleerstand in Leipzig auf über 60.000. Eben waren es noch über 30.000 leer stehende Wohnungen. Am Freitag zum Pressegespräch wiegte Planungsdezernent Martin zur Nedden sein Haupt und stellte eine neue Zahl in den Raum, die er für belastbar hält: 20.000, vielleicht noch 25.000. “Wenn wir die Zahlen aus dem Zensus haben, wissen wir es genauer.”Wer rechnen will, der kann’s ja tun: Auf knapp 317.000 gezählte Wohnungen in Leipzig gerechnet, sind 20.000 leer stehende Wohnungen nur noch 6 Prozent. Und wenn man davon ausgeht, dass ein Teil davon noch nicht saniert ist, hat Leipzig gerade noch die notwendige Wohnraumreserve, um Umzüge in der Stadt zu ermöglichen. Da ist nicht mehr viel Puffer. In Ortsteilen wie der Südvorstadt, Schleußig, dem Waldstraßenviertel sowieso nicht. Heißt seit knapp zwei Jahren: Die neuen Wachstumsviertel liegen in Altwest und Ost, genau in den beiden seit Jahren gepflegten Sanierungsgebieten der Stadt. “Da haben wir wohl eine Aktie dran”, sagt Martin zur Nedden und zählt die Aufwertungsmaßnahmen auf, die diese Wohnviertel wieder attraktiver gemacht haben.

Das hatte nur rund zehn Jahre lang kaum eine Wirkung. “Manches dauert doch recht lange”, sagt zur Nedden, “länger, als uns selbst meist lieb ist.” Doch wenn die Einwohnerzahlen in diesen lange geschmähten Vierteln wachsen, bedeutet das auch, dass das Kaufen, Sanieren und Vermieten von Mehrfamilienhäusern auch wieder interessant wird. Das Ergebnis ist im Grundstücksmarktbericht 2012 ablesbar: der Leipziger Osten (mit Neustadt-Neuschönefeld, Volkmarsdorf, Anger-Crottendorf …) gehörte mit Leipzig-Altwest (Lindenau, Altlindenau, Neulindenau, Leutzsch …) zu den Stadtteilen mit den meisten Kauffällen von Mehrfamilienhäusern. 167 im einen Fall, 120 im anderen. Da kann man jetzt also hinfahren und die Gerüste an den lange Jahre nicht sanierten Gründerzeithäusern zählen.

Erst weit, weit dahinter folgen die anderen Stadtteile, wo – wie in Süd – auch jene Gebäude jetzt interessant werden, vor denen vor sechs Jahren auch die Stadtplaner noch standen und kopfschüttelnd meinten: “Das ist wohl bald weg …”Natürlich wurden auch andere Immobilien gehandelt. Unter den 5.527 Kauffällen (11 mehr als 2011) waren neben den 707 Mehrfamilienhäusern auch 365 Fälle von individuellem Wohnungsbau, 41 Gewerbegrundstücke wechselten den Besitzer und den Löwenanteil der Kauffälle machten wieder die Eigentumswohnungen aus – 3.302 an der Zahl. Und es war wie in den Vorjahren: Beim Erstkauf von neu gebauten oder sanierten Wohnungen kamen größtenteils Anleger zum Zug, die den Kauf als Abschreibemodell nutzen. Nur 6 Prozent der Erstkäufer im sanierten Altbau waren Leipziger. Das ändert sich aber dann, wenn die Wohnung nach Ablauf der Abschreibefrist weiter verkauft wird – für einen wesentlich geringeren Quadratmeterpreis. Rund 1.100 Euro pro Quadratmeter kostet die sanierte Wohnung im Weiterverkauf, während sie beim Erstkauf durchschnittlich etwas über 2.600 Euro je Quadratmeter kostet. Beim Weiterverkauf stammen dann schon 37 Prozent der Käufer aus Leipzig, was darauf hindeutet, dass etliche Käufer dann auch tatsächlich in ihre Eigentumswohnung ziehen.

Betont sei, dass das alles Durchschnittswerte sind – die Preise können je nach Lage in Leipzig erheblich schwanken. In Leipzig-Mitte, das sich immer mehr auch als Wohnort der besser verdienenden Bürger entwickelt, werden in Spitzen auch über 4.000 Euro je Quadratmeter erzielt, in Leipzig-West geht der Quadratmeterpreis in der Spitze gerade mal auf 2.000 Euro.

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Aber das rege Handelsgeschehen deutet auch darauf hin, dass Leipzig für Anleger ein verlässlicher Fixpunkt ist. Durch ihr Engagement halten sie auch die Investitionstätigkeit am Laufen, ohne die es auch keine Sanierungen in den Gründerzeitvierteln gäbe. 1,447 Milliarden Euro wurden 2012 auf dem Leipziger Immobilienmarkt umgesetzt, etwa 34 Millionen Euro mehr als 2011, fast eine halbe Milliarde mehr als 2010.

Dabei hat sich der Flächenumsatz bei bebauten wie bei unbebauten Grundstücken gegenüber 2011 deutlich verringert (-21 % und -44 %). Was auch darauf hindeutet, dass sich die Investitionstätigkeit wieder mehr ins Stadtinnere verlagert hat, wo die verfügbaren Flächen kleiner und die Preise etwas höher sind. Der Anteil der Kauffälle an unbebauten Grundstücken ist seit 2003 permanent rückläufig, der Kauf- und Weiterverkauf von Eigentumswohnungen dominiert den Markt.

Und nicht nur die L-IZ hat so das flaue Gefühl, dass es eng werden könnte in Leipzig, wenn die Bevölkerungszahl weiter so wächst.

Mehr dazu morgen an dieser Stelle.

Der Grundstücksmarktbericht ist als CD-ROM und als Broschüre zum Preis von 50 Euro erhältlich. Er kann per E-Mail (gutachterausschuss@leipzig.de) oder per Fax (0341 123-5015) bestellt bzw. direkt beim Amt für Geoinformation und Bodenordnung, Sachgebiet Logistik / Verkauf (Burgplatz 1, Stadthaus, Zi. 311) erworben werden.

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