Schon 2000 gab es Umbaupläne für die Wurzner Straße. "Jetzt gelingt es endlich", sagt Edeltraut Höfer, Leiterin des Verkehrs- und Tiefbauamtes. Am 12. August beginnen die Bauarbeiten in diesem mehr als überfälligen Straßenabschnitt zwischen Dresdner und Krönerstraße, der in den vergangenen 13 Jahren auch eine spürbare Wandlung durchgemacht hat.

Denn damals war in dieser Ecke des Leipziger Ostens wirklich “tote Hose”. Häuser standen zum Abriss, wurden auch großflächig abgerissen. Dafür sollten Neuanpflanzungen wie der “Dunkle Wald” und der “Lichte Hain” ein bisschen Leben in die vergessene Ecke bringen. Beides Aufwertungsprojekte aus dem “Grünen Band”, mit dem der Leipziger Osten mehr Grün bekommen sollte. Aber es sind nicht solche Alibi-Pflanzungen, die einen Stadtteil verändern. Wenn kein Bedarf an solchen Wohngebieten besteht, passiert auch nichts. Doch seit ein paar Jahren ist auch der Leipziger Osten wieder zum Bevölkerungswachstum übergegangen. Als erste merkten das die Leute von “Kaufland” und setzten ihren gigantischen Supermarkt auf den ehemaligen Straßenbahnhof Reudnitz.

Das war eigentlich der Zeitpunkt, an dem Leipzigs Stadtplaner hätten anfangen müssen, reservierte Flächen in den Leipziger Osten zu malen – für Kindertagesstätten und Schulen. Auch für ein Gymnasium. Haben sie aber nicht getan. Geldklammheit hat viele dunkle Seiten. Der notgedrungene Verkauf städtischer Grundstücke, die eigentlich für strategische Planungen dringend notwendig wären, gehört dazu. Wenn sich Viertel wieder füllen, steigen logischerweise die Preise der noch verfügbaren Flächen.

Und da, wo vor zehn Jahren jeder Amtsträger mit ernster Miene beteuerte, am Abriss ginge kein Weg vorbei, wir jetzt saniert. Auch in der Wurzner Straße. Und wenn diese auch noch saniert ist, werden die Sanierungen weiter gehen. Das ist ziemlich sicher.

Geändert hat sich natürlich auch das, was Leipziger Verkehrsplaner 2000 noch aufs Reißbrett malten. Damals sollte eine große Haltestelleninsel die Wurzner Straße aufweiten, wo die Abrisse für Platz gesorgt hatten. Aber 2013 haben alle Beteiligten was gelernt: Mitten in der Stadt Straßen für Verkehrszwecke aufzuweiten hat mehr negative als positive Effekte. Ein exemplarisches Beispiel dafür ist die Friedrich-Ebert-Straße. Nur mühsam gewinnt die Straße neue Konturen, nachdem vor 15 Jahren ganze Häuserfronten planiert wurden.

In der Wurzner Straße ist das nicht passiert. Auch wenn der Abschnitt zwischen Dresdner Straße und Wiebelstraße noch recht trist aussieht. Abgerissen wurde hier nur im hinteren Gelände die berühmte “Grüne Schänke”. Die Häuser an der Straße stehen alle noch, einige mittlerweile öfter verkauft als ein gut gepflegter Trabbi. Teilweise reineweg als Spekulationsobjekte. Aber mittlerweile konkretisieren sich ja auch die Pläne der Stadt zur Wiedergewinnung des Schulstandortes Ihmelstraße. Vielleicht sogar mit einem Schul-Doppelgespann aus Mittelschule und Gymnasium.Verdichtung ist eigentlich der neue Trend in Leipzig. Deswegen sind auch die Pläne für eine Aufweitung der Wurzner Straße zwischen Wiebelstraße und Torgauer Straße vom Tisch. Östlich von Wiebel- und Hermann-Liebmann-Straße wird eine neue, behindertengerechte Haltestelle nach dem Leipziger Typ als Haltestellenkap gebaut. Die Gleisanlagen bleiben in die Fahrbahn integriert, sodass der Kraftfahrzeugverkehr weiterhin eine Fahrspur gemeinsam mit der Straßenbahn nutzt. Nach dem Umbau der Haltestelle Wiebelstraße liegen beide Haltestellenbereiche einander gegenüber, dafür wird die Haltestelle stadtauswärts örtlich verlegt. Aber: Es wird kein zusätzlicher Straßenraum benötigt.

“Wir haben mittlerweile regelmäßig Fachleute in der Stadt, die sich diese original Leipziger Lösung ansehen wollen”, erzählt der technische Geschäftsführer der LVB, Ronald Juhrs. “Denn vor dem Problem stehen eigentlich alle großen Städte. Gerade im verdichteten Innenstadtbereich steht in der Regel kein zusätzlicher Raum zur Verfügung. Man muss also Lösungen für den beschränkten Straßenraum finden. Und das Haltestellenkap, wie wir es hier in Leipzig entwickelt haben, scheint dafür die beste Lösung zu sein.” Man solle sich ruhig die kürzlich gebaute Haltestelle Gottschedstraße in der Käthe-Kollwitz-Straße anschauen.

Ansonsten wird der Querschnitt der Wurzner Straße nicht weiter verändert, auch wenn die Linie 7, die hier verkehrt, auch eine Art Stadtbahn sein soll. Aber Stadtbahnen haben nach dem geltenden Regelwerk einen separaten Bahnkörper, damit sie mit dem Kfz-Verkehr nicht ins Gehege kommen und deshalb beschleunigt fahren können. Nach dem Muster wurden vor allem die Linien 16 und 15 in den letzten Jahren ausgebaut. Bei langen Distanzen gerade im äußeren Stadtgebiet ist das sinnvoll. Aber spätestens seit sich die LVB mit dem Bauprojekt “KARLI” und den Erfordernissen von Straßenverkehr im Innenstadtbereich beschäftigen, zeigt sich, dass Leipzig seine Möglichkeiten des Stadtbahn-Ausbaus eigentlich erschöpft hat.

Dicht bebaute Innenstadtgebiete brauchen im Grunde ein dichtes Haltestellennetz. Da geht es nicht um rasende Straßenbahnen, sondern um solche, die in dichterem Takt fahren und attraktive Viertel in einem dichten Netz erschließen. Also keine Straßenaufweitung, sondern ein kluger Umgang mit dem Straßenraum in der Wurzner: Gleise, Versorgungsleitungen, Fahrbahnen sowie Rad- und Gehwege werden erneuert bzw. neu gebaut. Denn Radwege / Radfahrstreifen gibt es ja bislang auch nicht. Der 630 Meter lange Straßenabschnitt ist einer der gefährlichsten in Leipzig.Einer der Hauptgründe dafür ist die Kreuzung Wurzner/Torgauer Straße. Hier kommen nicht nur Fußgänger und Radfahrer immer wieder in Schrecksituationen mit dem Kfz-Verkehr – hier kracht es auch häufig, weil Autofahrer die Vorfahrtregeln nicht beachten. Eine Ampel fehlt. Die Installation einer Lichtsignalanlage ist schon seit Jahren Forderung der Anwohner.

Sie kommt jetzt endlich. Sogar zwei neue Ampelanlagen werden zukünftig den Verkehr an den Knotenpunkten Wurzner/Hermann-Liebmann-Straße und Wurzner/Torgauer Straße regeln. Einen exzessiven Bau von Stellplätzen soll es dafür nicht geben. Nur zwischen den Grundstückszufahrten werden Parkplätze als Längsstellflächen geschaffen, soweit es die Platzverhältnisse zulassen.

Abschließend werden die Beleuchtungsanlagen erneuert und 23 neue Laubbäumen größtenteils außerhalb des Baubereiches gepflanzt.

Als erste werden die Kommunalen Wasserwerke (KWL) sich an die Arbeit machen, nachdem sie an der Kreuzung Dresdner Straße / Wurzner Straße die wichtige Hauptwasserleitung 1 repariert haben.

Sie werden auch in der Wurzner Straße die Hauptversorgungsleitung 1 erneuern sowie Trink- und Mischwasserleitungen auswechseln. Zudem plant die KWL in den Straßenmündungen Lilienstraße, Wiebelstraße und Roßbachstraße und ab 2014 auch Juliusstraße zusätzlich Bauarbeiten.

Damit die Straßenbahnlinie 7 während der Bauzeit ihren gewohnten Linienweg nutzen und den Stadtteil weiterhin bedienen kann, verkehrt sie bis auf wenige Ausnahmen eingleisig durch den Baubereich. Während der Bauzeit vom 12. August 2013 bis Ende November 2014 wird der Kfz-Verkehr weiträumig umgeleitet. Der Anliegerverkehr bleibt unter Baustellenbedingungen gewährleistet.

Insgesamt wird die Wurzner Straße zwischen Dresdner Straße und Krönerstraße sowie vom Kreuzungsbereich Wurzner/Torgauer Straße bis zur Dornbergerstraße auf einer Strecke grundlegend saniert. Die drei Bauherren Stadt, KWL und LVB investieren insgesamt rund 8,3 Millionen Euro (inklusiver Mehrwertsteuer für Leistungen der Stadt) in die Hauptverkehrsstraße. Der Anteil der Stadt Leipzig beträgt dabei 3,3 Millionen Euro (brutto), davon werden 1,5 Millionen Euro gefördert. Die LVB bauen für rund 3 Millionen Euro. Dazu trägt der Freistaat Sachsen mit rund 2 Millionen Euro durch Fördermittel bei. Bei der KWL entstehen Kosten in Höhe von etwa 2 Millionen Euro. Die Bauarbeiten dauern bis Ende November 2014.

Ein kleines Problem, so fügt Edeltraut Höfer noch an, gibt es mit der Querung der Östlichen Rietzschke. Das ist eigentlich ein 7,5 Kilometer langes Bächlein, das bei Zuckelhausen entspringt und ins Leipziger Stadtgebiet führt. Bei Sellerhausen verschwindet das nicht immer wasserführende Bächlein in der Kanalisation. Aber teilweise ist der alte Fließverlauf im Leipziger Osten noch sichtbar. Der Bernhardiplatz und der Elsapark gehören zu diesem Verlauf. Die Wurzner Straße quert das alte Bachbett zwischen Lilienstraße und Hermann-Liebmann-Straße.

Informationsveranstaltung für Anwohner am 11. Juli

Über alle Einzelheiten des Stadtbahnlinien-Projekts informieren die LVB gemeinsam mit ihren Partnern Stadt Leipzig und KWL auch in einer Informationsveranstaltung für Anwohner und Gewerbetreibende. Die Veranstaltung findet am Donnerstag, 11. Juli, um 19 Uhr im ehemaligen Straßenbahnhof Reudnitz, heute Hörgeräte-Zentrum Gabriele Gromke, im Saal in der 1. Etage, Dresdner Straße 78 in Reudnitz-Thonberg statt.

www.lvb.de/baustellen

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