Nicht nur in Schleußig ist seit Jahren das Gehwegparken eingerissen, als hätten hunderte Pkw-Besitzer nie eine Fahrschule besucht und von der StVO auch noch nichts gehört. Ob im Musikviertel, in Gohlis oder im Bachstraßenviertel: Immer mehr Autobesitzer stellen ihr Fahrzeug ab, wo gerade mal Platz ist - auf dem Fußweg, auf der Kreuzung, gern auch auf Radwegen. Die Stadt hat lange genug weggeschaut. Selbst bei Veranstaltungen um Arena und Zentralstadion gerät die Parksituation völlig aus dem Ruder.

Letzteres wird übrigens auch wieder Thema im Stadtrat am 18. September. Doch hat man bislang vor allem ohne Ergebnis über das Parkchaos im Waldstraßenviertel debattiert, rückt jetzt ein anderes Viertel in den Blickpunkt: das Bachviertel.

Und während die beliebte Zeitung der Leipziger Autofahrer schon wieder die gerade erst begonnenen Maßnahmen gegen das Parkchaos in Schleußig aufs Korn nahm, begrüßt der Leipziger Ökolöwe das Vorgehen, das auch endlich die Ergebnisse einer Leipziger Bürgerbeteiligung umsetzt.

Die verschiedenen Bürgerworkshops fanden noch in der Amtszeit von Martin zur Nedden statt. Insbesondere 2012 durften die Leipziger in ausgiebiger Weise Vorschläge zur Lösung Leipziger Verkehrsprobleme machen – und haben die Chance auch genutzt, auch wenn die Stadtverwaltung nicht alle Ideen umsetzen wird.

Aber auch die Diskussion um die Beendigung des illegalen Gehwegparkens ist ja nicht neu. In Schleußig kocht sie seit über sechs Jahren.

“Falschparker auf Gehwegen, in Kreuzungsbereichen sowie an Fußgängerüberwegen und Haltestellen gibt es überall in Leipzig, unabhängig von der verkehrsplanerischen Lösung, die in den jeweiligen Stadtteilen gefunden wurde”, stellt der verkehrspolitische Sprecher des Ökolöwen, Tino Supplies, fest und macht damit auf die stadtweite Dimension des Problems mit Falschparkern aufmerksam.

Das “plötzliche Hervortreten hinter Sichthindernissen” ist eine der Hauptunfallursachen unter Beteiligung von Fußgängern. Dies trifft insbesondere auf die Gruppe der 6 bis 14-jährigen Verkehrsteilnehmer zu.

“Wir fordern daher ein ?Gehweg-Sicherungsprogramm? für das gesamte Stadtgebiet, das auch das Abpollern an Kreuzungsbereichen beinhaltet. Dies kann schrittweise, beginnend mit den Schulwegen, umgesetzt werden”, so Supplies weiter.

Die erforderlichen Mittel für bauliche Maßnahmen könnten aus dem eigenen Budget für die Sanierung von Gehwegen aufgebracht werden, das der Stadtrat bereits im April auf die Initiative von CDU und Grünen beschlossen hat.Parallel dazu müsse aus Sicht des Ökolöwen die Personaldecke in der Abteilung für Verkehrsüberwachung verdoppelt werden. So könnte auch in den Stadtteilen eine adäquate Kontrolldichte gewährleistet werden, die eine gewisse Wirkung entfaltet. “Wenn man sich anschaut, welche Signale andere europäische Städte an Falschparker senden, dann ist das laissez-faire in Leipzig schon sehr befremdlich”, so Supplies.

Jetzt den Fokus nur auf die enge Wohn- und Parksituation in Schleußig zu richten, verengt die Sicht auf das Problem. Mit einer Einwohneranfrage rückt das Thema jetzt mit Bezug auf das Bachstraßenviertel in den Fokus.

“Ich wohne in der Sebastian-Bach-Straße und ärgere mich jeden Tag über die wenigen Parkmöglichkeiten, die es vor Ort gibt. Nach einigem Suchen finde ich dann aber einen, auch wenn ich dafür ein Stück laufen muss”, schreibt eine Bewohnerin dieses Stadtquartiers in ihrer Anfrage, die sie am 18. September im Stadtrat beantwortet haben möchte. “Wenn dann jedoch Konzerte oder andere Veranstaltungen in der Arena oder der Red-Bull-Arena stattfinden, findet man als Anwohner gar keinen Parkplatz mehr. Denn die wenigen Parkflächen werden von Besuchern aus anderen Städten blockiert. Teilweise sehe ich Kennzeichen aus dem Burgenlandkreis, Erfurt oder sogar München. Ich als Anwohner, muss dann in andere Stadtteile fahren, um mein Auto überhaupt loszuwerden. Anscheinend weiß die Stadt bereits um die Situation, da pünktlich zu den Veranstaltungen das Ordnungsamt patroulliert und alle, die in den Kurven o.Ä. parken, abstraft.”

Und dann wird sie konkret bei einem Thema, mit dem sich Leipzig schwer tut. Seit Jahren wird über das Parkraumkonzept rund ums Sportforum diskutiert.

“Daher meine Frage: Warum gibt es nicht genügend Parkmöglichkeiten rund um die Veranstaltungsorte?”, heißt es in der Anwohneranfrage.

Darauf gibt es ganz bestimmt ein paar sehr spezielle Antworten, die auch die Antwort einschließen: Es fahren zu viele Leute mit ihrem Pkw zu den Veranstaltungen. Das Park-and-Ride-System scheint nicht wirklich so zu funktionieren, wie es sich die Planer gedacht haben.

Aber die nächste Nachfrage ist natürlich folgerichtig: “Wäre es möglich, im Bachviertel Anwohner-Parkausweise einzuführen, um die Situation zu entspannen?”

Mit dem 2011 eingeführten Anwohnerparken in Gohlis-Süd im Zuge der Eröffnung von Gondwanaland hat die Stadt augenscheinlich keine schlechten Erfahrungen gemacht. Im Waldstraßenviertel soll noch 2013 begonnen werden, ein Anwohnerparkkonzept einzuführen. Der Ökolöwe nennt das Musikviertel als nächste drängende Problemzone. Die Stadt Leipzig wird nach Jahren des Aussitzens gar nicht umhin kommen, in besonders betroffenen Ortsteilen ein konsequentes Anwohnerparken einzuführen. Und das dann auch konsequent zu kontrollieren.

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