Manchmal ist es gut zu warten. Dachte sich auch die CDU und wartete mal ab, was so rings um die Moschee an Debatten laufen würde. Und beriet intern. Sicher auch, weil ihr in Religionsfragen fähigster Mann im Urlaub weilte. Mit dem sächsischen Landtagsabgeordneten Robert Clemen als Vorsitzenden verfügt der Kreisverband der Leipziger CDU zumindest über einen sachkundigen Gesprächspartner in Sachen interreligiöse Fragen, auch in muslimischen Kreisen. Und da es aus rechtlichen Gründen nicht viel zum Thema "Moscheebau - ja oder nein?" zu sagen gibt, geht es auch innerhalb der CDU längst um Emotionen, Befürchtungen und um religiöse Fragen innerhalb der christlichen Partei.

Die Junge Union war vor wenigen Tagen vorgeprescht und hatte ihrerseits erklärt, die von SPD, Grünen und Linken verfasste Toleranzerklärung unterschreiben zu können. Differenzierter versucht es hingegen nun der Leipziger CDU-Kreisverband – sichtbar um Konsens, deutlich sichtbarer auch um den internen bemüht. Und so lautet der Versuch nun: Position beziehen und flexibel bleiben. Nachdem Bettina Kudla (CDU, MdB) bereits vor Tagen mit dem Ruf nach mehr Kommunikation mit den Bürgern durch die Postillen geisterte, kommt nun nach der internen Debatte am Dienstag, 12. November, die erste gemeinsame Haltung von den Leipziger Christdemokraten. Wörtlich heißt es unter Anderem (vollständige Meldung am Ende) von Seiten Robert Clemen (MdL): “Die CDU Leipzig steht uneingeschränkt und ohne Wenn und Aber zur im Grundgesetz garantierten Religionsfreiheit in Deutschland.”

Bei den genaueren Haltungen zum Moscheebauvorhaben selbst kommt dann der interne Riss dennoch zum Vorschein. Einerseits verweist man bei dem eher kleinen Sakralbau in Gohlis auf die Deutsche Bischofskonferenz, ganz so als gelte der Satz ” … dass muslimische Gebetshäuser nicht zum Ausdruck von Machtansprüchen, Rivalität oder als Ausdruck eines aggressiven Gegeneinander missbraucht werden und auch nicht der demonstrativen Selbstdarstellung dienen dürfen.” für die Moschee im Mischwohngebiet an der Georg-Schumann-Straße. Denn eben dies schafft den Vorlauf zur Standortkritik: “Den beabsichtigten Standort sehen wir als problematisch an.” Hurra werden da diejenigen rufen, die sich nichts sehnlicher wünschen, als dass die Moschee doch bitte in die Eisenbahnstraße wandern soll. “Not in my backyard”, nennen diese Argumentation geschulte Politikbeobachter.

Was dann nochmals unterstrichen wird, ganz so, als ob analoge Fragen nicht auch anderswo in Leipzig auftreten würden: “Die Stadtverwaltung wird aufgefordert, zu prüfen, ob es alternative Standorte gibt.” Man würde also den Prozess kritisch begleiten.

Pause.
Weiter geht es mit Formulierungen, die auch in einer gemeinsamen Erklärung mit den anderen Parteien sicher einen Platz gefunden hätten: “Die dumpfen und fremdenfeindlichen Aktivitäten der NPD und anderer rechtsextremer Kräfte lehnen wir entschieden ab. Gleichzeitig nehmen wir die Meinungen, Ängste und Befürchtungen der im Umfeld wohnenden Menschen sehr ernst …” Das ist gut. Das sollte Politik gern öfter tun. Vor allem, wenn es um Sozialabbau, schlecht bezahlte Arbeit und erodierende Bildungslandschaft geht.

Pause.

“… und verwehren uns dagegen, dass jeder, der sich kritisch zum Moscheeneubau äußert, in die rechtsextreme Ecke gestellt oder gedrängt werden soll.” Wer da eine mächtige Eierei durch die widerstreitenden Interessen innerhalb der Leipziger CDU vermutet, schaut wohl genauer hin und könnte Recht behalten. Die längst zur Tagesordnung gehörenden Äußerungen außerhalb jeder Debattenqualität durch die “Bürgerinitiative Gohlis sagt Nein” sind der Grund, warum die Vorwürfe auftauchten, hier wären Rechtsradikale mindestens im Netz am Werk.

Bei der ersten Bürgerdialogveranstaltung in der Michaeliskirche waren etwa 15 Neonazis anwesend. Die Bürgerinitiative selbst bleibt stur dabei, generalisierte und islamfeindliche Stimmungen zu schüren. Und längst ist bekannt, dass ein weibliches CDU-Mitglied der CDU Leipzig-Nord die erste Petition gegen den Moscheebau formuliert und publiziert hat. Und auch, dass sie immer dann Antworten schuldig bleibt, wenn es um die genauere Einordnung der Ahmadiyya-Gemeinde selbst geht.

Pause.

Ab hier folgt ein “echter Robert Clemen”, welcher um die Stellung der Ahmadis innerhalb der muslimischen Welt als reformistische und von so manchem ungeliebte Gemeinde weiß: “Die Vertreter der Ahmadiyyaden müssen deutlich machen, wie ihre Position zu den anderen islamischen Gemeinden, insbesondere ihr Verhältnis zu Sunniten und Schiiten ist, aber auch ihr Verhältnis zu christlichen Kirchen und Glaubensgemeinschaften sowie zu unseren jüdischen Freunden in Leipzig.” Ein langer Satz, der mehr Bedeutung hat, als die vorherigen. In Pakistan und in Teilen Indonesiens werden die Ahmadis in wirtschaftlich unruhiger Landeslage von islamischen Hardlinern nicht nur kritisch beäugt. Anschläge durch radikale Islamisten auf ihre Gotteshäuser gehören zumindest in Pakistan auch 2013 zur Tagesordnung. Dabei gilt Pakistan längst als Rückzugsgebiet der Taliban und anderer religiöser Eiferer und Gotteskrieger.

Natürlich bleibt die Frage, wer sich im innerislamischen Disput wem zu erklären hat. Und ob damit plötzlich zum Beispiel die, lange Zeit durch die Presse als extrem und mit Terroristen verbandelt bezeichnete Gemeinde an der Roscherstraße mit dem “Hassprediger” Hassan Dabbagh an der Spitze zum Zeugen für oder gegen die Ahmadis gemacht wird auch. Dass darüber hinaus die Ahmadis so manchem Christen durch ihre grundlegende Ablehnung Jesus Christus als Gottes Sohn aber auch als Prophet schwer im Magen liegen, dürfte hingegen sicher sein. Die “jüdischen Freunde” in Leipzig sollten wohl das kleinste Problem mit den Ahmadis haben. Auch sie lehnen (in der orthodoxen Auslegung) nicht nur Schweinefleisch ab. Auch sie haben mit dem christlichen Alleinstellungsmerkmal des Jesus Christus als “Gottes Sohn” über alle anderen Religionen so ihre Verständnisprobleme.

Zur gemeinsamen interreligiösen Runde, zu welcher der Ausländerbeauftragte der Stadt Leipzig zweimal im Jahr einlädt, haben die Ahmadis ihr Kommen jedenfalls bereits zugesagt. Auch zur Freude von Robert Clemen, darf man wohl berechtigt hoffen.
Zum geplanten Neubau der Moschee in Leipzig-Gohlis erklärt der Vorsitzende der CDU Leipzig, Robert Clemen MdL: “Die CDU Leipzig steht uneingeschränkt und ohne Wenn und Aber zur im Grundgesetz garantierten Religionsfreiheit in Deutschland.” erklärte der Vorsitzende der Leipziger CDU Robert Clemen, nach einer intensiven und sehr offen geführten Debatte zum geplanten Neubau einer Moschee in Leipzig – Gohlis.

“Die CDU vereint als Volkspartei auch in Leipzig verschiedene Strömungen und Positionen. Insofern ist es Ausdruck gelebter Demokratie, dass wir uns gestern Abend in einer fast zweistündigen Debatte, bei der sowohl Moscheegegner als auch Moscheebefürworter aussgiebig ihre Positionen darlegen konnten, auf diese gemeinsame Position verständigt haben. Dieser Prozess zeigt, dass wir eine lebendige Partei mit hoher Diskussionskultur sind.” so Clemen.

Wir teilen die Haltung der Deutschen Bischofskonferenz, dass muslimische Gebetshäuser nicht zum Ausdruck von Machtansprüchen, Rivalität oder als Ausdruck eines aggressiven Gegeneinander missbraucht werden und auch nicht der demonstrativen Selbstdarstellung dienen dürfen.

Die Leipziger Union wird den Prozess um die geplante Moschee konstruktiv-kritisch begleiten. Den beabsichtigten Standort sehen wir als problematisch an. Die dumpfen und fremdenfeindlichen Aktivitäten der NPD und anderer rechtsextremer Kräfte lehnen wir entschieden ab. Gleichzeitig nehmen wir die Meinungen, Ängste und Befürchtungen der im Umfeld wohnenden Menschen sehr ernst und verwehren uns dagegen, dass jeder, der sich kritisch zum Moscheeneubau äußert, in die rechtsextreme Ecke gestellt oder gedrängt werden soll.

Die Stadtverwaltung wird aufgefordert, zu prüfen, ob es alternative Standorte gibt. Gleichzeitig muss es erheblich mehr Kommunikation mit den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern geben. Das letzten Donnerstag erfolgte Bürgerforum ist ein erster Anfang, den wir begrüßen. Die Vertreter der Ahmadiyyaden müssen deutlich machen, wie ihre Position zu den anderen islamischen Gemeinden, insbesondere ihr Verhältnis zu Sunniten und Schiiten ist, aber auch ihr Verhältnis zu christlichen Kirchen und Glaubensgemeinschaften sowie zu unseren jüdischen Freunden in Leipzig.

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