Eine prompte Reaktion bekam Leipzigs Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau, als sie in dieser Woche bekannt gab, für Grünau solle ein integriertes Stadtteilkonzept aufgelegt werden. Erschrocken reagierte die Plattform von Leipziger Wohnungsgenossenschaften. Werde der Stadtteil im Leipziger Westen damit nicht schon wieder stigmatisiert?

“Dass jetzt ein integriertes Stadtentwicklungskonzept für Grünau erarbeitet werden soll, ist ein Schritt in die richtige Richtung, der die Möglichkeiten von Grünau endlich aufnimmt und bündelt”, meldet sich jetzt Jürgen Kasek, Mitglied im Stadtbezirksbeirat West und Kreisvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, zu Wort.

Er sieht eher keinen Grund für solche Befürchtungen.

“Grünau hat sich in den letzten Jahren positiv entwickelt. Bereits 2012 war der Bevölkerungstrend leicht positiv, was sich auch 2013 bestätigt hat. Die infrastrukturelle Anbindung ist besser als in vielen Stadtteilen und die Nahversorgung, sowie die Anzahl an Grünflächen ist leipzigweit sogar einmalig”, stellt er fest. “Dennoch ist es wichtig, dass gerade auf die Erfordernisse einer Großwohnraumsiedlung mit Grünau, deren Charakteristik von anderen Stadtteilen abweicht, entsprechend auch zielgenau Antworten gefunden werden. Das hat in erster Linie nichts mit Stigmatisierung zu tun sondern unterstreicht, dass Grünau Potenzial hat.”Der Dubrau-Vorschlag, aus der 2007 verabschiedeten “Entwicklungsstrategie Grünau 2020” nun ein umfängliches Integriertes Stadtteilkonzept zu machen, nimmt auf diese Entwicklung schon Rücksicht. Noch vor zehn Jahren war Grünau Schwerpunkt des Leipziger Wohnungsrückbaus, ging es um die Stabilisierung der zentralen Wohnlagen. Doch mittlerweile sind neue Trends sichtbar, die den Stadtteil verwandeln. Die Bevölkerungszahl hat sich stabilisiert. Auch die S-Bahn fährt wieder. Und mit dem Bevölkerungswachstum in ganz Leipzig wird die Plattenbausiedlung auch wieder für Zuzügler attraktiv.

“Grünau ist, was viele wissen, deutlich besser als sein Ruf. In keinem anderen Stadtteil gibt es etwa ein Angebot wie den Grünolino, der aus der Bürgerschaft mit Unterstützung von lokalen Unternehmen entwickelt wurde”, so Kasek. “Dennoch ist zu erleben, dass Grünau oft schlecht geredet wird, offenbar funktioniert die Projektionsfläche Großwohnraumsiedlung gleich Ghettoisierung selbst bei Teilen der Leipziger Wohnungsbaugenossenschaft noch. Dies ist jedoch Gift für den Stadtteil.”

Es müsse also auch diesen alten – auch von einem Teil der Presse gepflegten – Stigmatisierungen begegnet werden.

“Stattdessen muss darauf geachtet werden, dass es ein breites Beteiligungskonzept gibt, bei der sich Einwohner, Unternehmen, Wohnungswirtschaft und Vereine von Anfang an einbringen können um gemeinsam Ziele für Grünau zu definieren. Denn nur durch eine breite Beteiligung wird auch eine Legitimationsgrundlage für künftige Entwicklungen geschaffen”, erklärt Kasek. “Es wäre schön, wenn die Wohnungswirtschaft die Potenziale, die so ein Konzept hat, erkennt und gemeinsam mit Quartiersmanagement, Quartiersrat und Verwaltung die Vorzüge Grünaus stärker nach außen sichtbar macht, statt Grünau schlecht zu reden.”

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