War es jetzt ein Versuch, mal auszuprobieren, wie die Seite leipzig.de funktioniert, wenn man Leipziger zu Bürgerinformationen und Workshop einladen will? Oder besser: wie sie nicht funktioniert? - Am 16. Januar fand in der Grundschule am Auwald ohne eine größere Presseankündigung ein Workshop zur Information der Bürger von Schleußig zu den geplanten Umbauarbeiten der Könneritzstraße in den Jahren 2015/2016 statt.

Vielleicht wollten Stadt, LVB und KWL auch nur ausprobieren, wie man so ein Projekt auch unter Ausschluss der Öffentlichkeit und nur mit einer Handvoll Schleußiger durchziehen kann. Die Vertreter der drei Bauherren stellten dabei auch erste Vorschläge zum Bauablauf zur Diskussion. Dass man diese Straße, durch die täglich 15.400 Leipziger mit der Straßenbahn fahren und zwischen 10.000 und 20.000 Kraftfahrzeuge, irgendwie nicht so recht als über den Ortsteil hinaus für wichtig erachtet, zeigt auch die Verengung der Diskussion der Leipziger Verkehrsplaner auf “Anwohner und Gewerbetreibende”. Die Ergebnisse der Diskussion will man dann “den Vertretern der verschiedenen Interessengruppen zeitnah präsentieren”.

Unverhofft taucht das alte Denken in kleinen Verkehrsinseln wieder auf, das gerade in der Bürgerbeteiligung in Probstheida ad absurdum geführt wurde. Verkehrsprobleme können auch lokal nur gelöst werden, wenn sie in die überörtlichen Verkehrsbeziehungen eingeordnet sind.

Aber wahrscheinlich läuft die Diskussion um die Könneritzstraße eher unterm dem Fokus: Ist ja nur eine Straßenerneuerung.

Eine wichtige Anregung, die von der SPD-Fraktion vorgeschlagen wurde, die Abstände zwischen den Haltestellen, die jeweils um die 500 Meter beträgt, zu verkürzen, indem eine weitere Haltestelle an der Schnorrstraße eingerichtet wird, hat die Stadtverwaltung schon abgelehnt. Als wenn sie die Funktion der Könneritzstraße nicht aufs Engste mit den Parkplatzproblemen in Schleußig und der Verkehrsmittelwahl verknüpfen würde.

Man plant nur ein, was eingeplant werden muss. Und entsprechend wird die Straße dann auch aussehen. 4,25 bis 4,45 Meter breite Gehwege, Baumscheiben und 199 Stellplätze für Kraftfahrzeuge. Künftig etwas abgeschottet durch ausgebaute Gehwegnasen an den Kreuzungen und dazwischen angeordnete Bäume, von denen viele neu gepflanzt werden – 85 Stück insgesamt: Baumhasel, Amberbäume und Schurbäume. Vor die Parktaschen kommt ein halber Meter Sicherheitsabstand, dann kommt ein 1,25 Meter breiter Radfahrstreifen auf jeder Straßenseite über die volle Straßenlänge von 960 Meter, was zumindest das Radfahren etwas komfortabler macht, da ja das alte Pflaster komplett entfernt wird und durch Asphalt ersetzt wird.Was dann passiert, kennt man aus anderen Hauptstraßen: die 3,25 Meter breiten Fahrspuren für den Kfz-Verkehr rücken in die Straßenmitte und damit auf die überfahrbaren Gleise der Straßenbahn, die in der Könneritzstraße auch keinen separaten Gleiskörper bekommt. Also vom Verkehrsfluss her eine Bestätigung des jetzigen Zustandes.

Dafür wird die Haltestelle Stieglitzstraße “oben auf dem Huckel” umgebaut und barrierefrei gestaltet. Die Straßenbahn kann hier dann genauso vorfahren wie an den anderen Haltestellen Rödelstraße und Holbeinstraße, die schon barrierefrei ausgebaut sind. Der Radweg wird ebenso über das Haltestellenkap geführt, was sich an der Rödelstraße schon bewährt hat, wie die LVB einschätzen.

Ein weiterer Schritt hin zu einem umweltfreundlicheren Verkehr sind die geplanten 205 Radbügel, die vor allem auf den neuen Gehwegnasen und zwischen den Bäumen auf dem Gehweg angeordnet werden sollen. Möglich also, dass schon die Verbesserungen für Radfahrer auch leichte Veränderungen im Verkehrsverhalten der Schleußiger mit sich bringen. Zumindest auf den 962 Metern, die jetzt angepackt werden. Gebaut werden soll ab 2015.Aber die Wasserwerke gehen schon 2014 an die Arbeit. “Händische Sanierung von rund 1 km Mischwasserkanal DN 1800/2150” heißt es in der Projektbeschreibung. 1800/2150 sind die Maße des Mischwasserkanals unter der Straße. Nicht in Zentimetern, sondern in Millimetern. Man kann also aufrecht drin stehen oder gehen. Händisch heißt aber auch: Die Bauarbeiter müssen mit Kelle und Mörtel ran und den 100 Jahre alten Kanal von vorn bis hinten gründlich ausbessern. Die Länge ihrer unterirdischen Arbeitsstrecke steht auch da: rund 1 Kilometer. Die Verkehrsteilnehmer oben werden davon nicht viel merken außer an den Stellen, wo die Arbeiter in den Kanal einsteigen.

Im Bauverlauf, wenn dann die Oberdecke der Straße geöffnet wird, werden auch diverse Trinkwasserleitungen und etliche Hausanschlüsse ersetzt.

Die Wasserwerke kalkulieren ihren Investitionsaufwand mit 2,5 Millionen Euro, die Leipziger Verkehrsbetriebe ihren Teil mit 3,3 Millionen Euro und die Stadt ihren mit 3 Millionen Euro.

Nicht erkennbar ist in den jetzigen Plänen der Versuch, die Wegebeziehungen zum Beispiel für Radfahrer neu zu definieren. Dafür gibt es zwei neuralgische Übergangspunkte, die Schleußig eigentlich in ein übergeordnetes Radwegenetz einordnen. Eigentlich drei. Aber das Thema Antonienstraße hat die Stadt noch nicht einmal angedacht.

Der eine Knoten ist der Knoten Könneritzstraße / Industriestraße, wo in der Industriestraße schlicht die Anschlussstutzen für den Radstreifen fehlen, den es im inneren Teil der Industriestraße gibt. Der Radstreifen hört einfach auf und verläuft sich wie an vielen Leipziger Hauptstraßen in der Rechtsabbiegerspur, obwohl eine Radwegebeziehung hier geradeaus zum Clara-Zetkin-Park sinnfällig wäre.

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Der zweite Verknüpfungspunkt ist beim Einbiegen der Könneritzstraße in den Klingerweg, der ebenfalls keine separate Radwegführung hat, obwohl hier – auch aus Plagwitz kommend – jeden Tag Hunderte Radfahrer Richtung Anton-Bruckner-Allee und Innenstadt unterwegs sind.

Die vorgelegten Pläne zeigen recht deutlich, dass in den Planungen der Stadt nach wie vor der motorisierte Individualverkehr Vorrang hat. Und einen Ehrgeiz, die Wegebeziehungen zur Straßenbahn zu verbessern, hat man nicht wirklich gezeigt. Von den 15.400 Fahrgästen, die derzeit mit den Linien 1 und 2 durch Schleußig fahren, steigen 5.300 in Schleußig zu. Mit einiger Wahrscheinlichkeit würde diese Zahl noch deutlich steigen, wenn es eine Haltestelle mehr gäbe auf der Strecke.

Mit dem Planfeststellungsbeschluss wird nun im Frühjahr gerechnet. Die eigentliche Bauzeit, die auch diverse Umleitungen erforderlich macht, ist von Anfang März 2015 bis Ende November 2016 angesetzt. Dabei soll in Bauabschnitten gebaut werden, ähnlich wie in der “Karli”.

Planungen zum Umbau der Könneritzstraße und Informationen zu den Bauphasen: www.leipzig.de/umwelt-und-verkehr/unterwegs-in-leipzig/koenneritzstrasse/

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