Für Grünau soll ein Integriertes Stadtteilkonzept erarbeitet werden, teilte die Stadt am Mittwoch, 5. Februar mit. Oberbürgermeister Burkhard Jung habe auf Vorschlag von Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau der Verwaltung den entsprechenden Auftrag erteilt. So war es Thema in der Dienstberatung am 4. Februar. Ein Vorhaben, das postwendend Protest der Wohnungsgenossenschaften auslöst.

Angesichts steigender Einwohnerzahlen für Leipzig soll das Konzept vor allem die Chancen Grünaus auf dem sich verändernden Wohnungsmarkt herausarbeiten. Daher wird es in enger Verzahnung mit dem derzeit zu aktualisierenden Wohnungspolitischen Konzept aufgestellt, heißt es aus der Verwaltung.

Das Konzept soll die 2007 vom Stadtrat beschlossene, vor allem auf städtebauliche Themen fokussierte “Entwicklungsstrategie Grünau 2020” um andere Themen und Handlungsfelder erweitern, die für die Entwicklung des Stadtteils relevant seien. Dieser Ansatz entspräche dem Integrierten Stadtentwicklungskonzept (SEKo), zudem sei er eine Voraussetzung für die zukünftige Inanspruchnahme von Städtebau-Fördermitteln.

Grünau ist aufgrund der demographischen Situation und des daraus resultierenden Anpassungsbedarfs ein Schwerpunkt der Stadterneuerung. Derzeit ist es Fördergebiet der Programme Soziale Stadt und Stadtumbau Ost. In den Wohnkomplexen 7 und 8 wird zusätzlich das städtebauliche Sanierungsrecht angewandt.

In mehreren Themenabenden und im “Forum Grünau” sollen die Bürger und Akteure des Stadtteils in die Erarbeitung des Konzepts eingebunden werden.

Doch der Schritt trifft auf eine sensible Gemengelage. “Schon wieder wird Grünau stigmatisiert”, kritisiert die Plattform von Leipziger Wohnungsgenossenschaften und stellt sich ausdrücklich gegen das von Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau vorgeschlagene Integrierte Stadtteilkonzept für Grünau. Durch solche Maßnahmen werde einem Stadtteil, der sich gerade am Beginn einer konsolidierenden Entwicklung befinde, mehr geschadet als genutzt. Jede Sonderbehandlung verfestige bestehende Vorurteile, allein durch das Betonen einer vermeintlichen Sonderstellung. Seit Jahren stehe Grünau im negativen Fokus der Öffentlichkeit – und das, obwohl sich das weiterhin hohe Leerstandsniveau in Teilbereichen schrittweise normalisiert und andere Stadtteile ähnlichen Entwicklungsbedarf haben.

Wenn man Dubraus Vorschlag konsequent umsetzen würde, so die Kritik der Wohnungsgenossenschaften, müssten auch Schönefeld, Paunsdorf, Reudnitz-Thonberg und der Leipziger Osten ein integriertes Stadtteilkonzept dieser Art erhalten.

Mehrfach habe die Plattform darauf hingewiesen, dass Konzepte wie das von Dorothee Dubrau vorgeschlagene der Außenwahrnehmung von Grünau schaden. Die zuständigen Akteure führten bereits umfangreiche Gespräche im Vorfeld des 1. Workshops zum Wohnungsmarktpolitischen Konzept. Für die Akteure stelle sich nun die Frage nach dem Wert ihrer Anregungen, wenn diese nicht mit einbezogen werden.

Statt dieser Grünauer “Sonderlösung” empfehlen die Genossenschaften ein wohnungmarktpolitisches Gesamtkonzept für ganz Leipzig. Das vermeide nicht nur jegliche Stigmatisierung, sondern erfasse auch die spezifischen Situationen aller Stadtteile sowie deren Wechselwirkung untereinander.

Das Leerstandsproblem in Grünau wird sich ganz von allein lösen, wenn weiter so wächst wie bisher. Dafür beginnen andere Stadtteile schon jetzt unter den Negativeffekten der Gentrifizierung zu leiden. Da wirkt die Fokussierung auf Grünau tatsächlich wie eine Medizin aus einem vergangenen Jahrzehnt.

www.wohnen-bei-uns.eu

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