Bürgerbeteiligung ist nicht ganz billig. Aber irgendwie tut sie doch ganz gut. Findet selbst das Leipziger Dezernat für Stadtentwicklung und Bau. Man lernt was dabei. Man bekommt sogar richtig gute Anregungen der Bürger. Man kommt mal raus aus seinem Ämterdenken. Und die Projekte, die man dann baut, sind viel besser auf die Bedürfnisse derer zugeschnitten, die sie dann nutzen sollen. Straßen zum Beispiel wie die Könneritzstraße.

Immer mehr nimmt auch aus Sicht der Stadtplaner das Projekt “Karli” eine Art Modellcharakter an – mit früher Bürgerbeteiligung, Foren und Workshops, in denen die ursprünglichen Pläne der Verkehrsexperten mehrfach modifiziert wurden. Am Ende wurden auch noch die Bauabläufe modifiziert und den Wünschen der ansässigen Gastronomen und Händler angepasst. Es wurde ein Marketing-Budget zur Verfügung gestellt, damit die Straße auch während der Bauzeit beworben werden kann. Und es gibt einen Koordinator vor Ort, der kurzfristig auftretende Probleme sofort zu klären versucht, mittlerweile kurz “Kümmerer” genannt. Das scheint zu klappen.

Ganz so viel Geld wolle man für das nächste große Bauprojekt Könneritzstraße nicht aufwenden, betont Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau, aber das Prinzip habe sich bewährt, Elemente davon werde man auch bei diesem 8,7 Millionen Euro teuren Bauvorhaben in Schleußig anwenden. Das stehe so auch im Bau- und Finanzierungsbeschluss, der jetzt in den Stadtratsgremien vorgestellt werde. Beschlossen werden soll er am 16. Juli im Stadtrat. Wenn die Stadträte zustimmen, soll am 2. März 2015 in der Könneritzstraße losgebaut werden.Jetzt steht – nach intensiver Abstimmung mit den Anliegern – auch fest, wie gebaut werden soll. Für Teil 1 des Baus braucht es die Abstimmung gar nicht. Denn diese Bauphase Null wird allein von den Wasserwerken Leipzig absolviert: Am 22. September 2014 beginnen sie, den Abwasserkanal unter der Könneritzstraße zu sanieren. Mit einer “wandernden Baustelle”, die die Schleußiger dann im Laufe des Winters so langsam von der Holbeinstraße zur Oeserstraße wandern sehen werden. Sie wird – außer dass sie zeitweise einige Parkplätze verdrängt – nicht einmal den Verkehr besonders behelligen, denn der Abwasserkanal liegt in der Könneritzstraße zum größten Teil am Fahrbahnrand unter der Parkspur. Die Kanäle werden unterirdisch von Hand saniert – genauso, wie es auch in der “Karli” passiert ist. Überraschungen seien nicht zu erwarten, heißt es von Seiten der KWL. Im März 2015 will man fertig sein.

Da beginnt die – nicht nur für die Schleußiger – heiße Phase: Es werden die Bauabschnitte 1.1 und 2.2 gebaut. 1.1 bedeutet: Hier wird zuerst die Ostseite der Straße von der Oeserstraße bis zur Stieglitzstraße komplett erneuert – samt neuem Radfahrstreifen und neuem Straßenbahngleis. Die Straßenbahn fährt in dieser Zeit auf dem westseitigen Gleis eingleisig bis zur Haltestelle Stieglitzstraße. Hier können sich entgegenkommende Bahnen weiterhin ausweichen. Hinter der Haltestelle geht’s wieder eingleisig weiter. Die Leipziger kennen das Prinzip derzeit aus der “Karli”. Diesmal aber auf dem Ostgleis. Denn zwischen Industriestraße und Holbeinstraße wird von März bis Juli 2015 die westliche Straßenseite erneuert.Auf beiden Teilen der Könneritzstraße bleibt also in der Bauzeit immer eine Fahrspur für Anlieger und Lieferverkehr verfügbar.

Im Sommer wird dann gewechselt. In der zweiten Jahreshälfte werden dann die Bauabschnitte 1.2 und 2.1 gebaut – die Westseite der Könneritzstraße zwischen Oeser- und Stieglitzstraße und die Ostseite zwischen Industrie- und Holbeinstraße.

Ausgespart bleibt in diese ganzen Bauphase die Haltestelle Stieglitzstraße. Sie ist auch (zusammen mit der Kreuzung Industriestraße) der Grund, warum nach Fertigstellung der beiden Straßenteile im November 2015 und der Erneuerung einiger Gehwegnasen bis Dezember 2015 erst einmal eine lange, sehr lange “Winterpause” eintritt. Die bis Juni 2016 reicht.

Denn wenn die Haltestelle Stieglitzstraße mitsamt der komplexen Leitungserneuerung auch im Bereich der Kreuzung Industriestraße beginnt, kommt man mit Verschwenken des Verkehrs in der Könneritzstraße nicht weiter. Für mindestens sechs Wochen ist der komplette Kreuzungsbereich dann gesperrt. Das war auch der Knackpunkt für das Problem, das insbesondere Umweltschützer auf die Palme brachte: Die städtischen Planer hatten noch in der ersten Planungsvariante für die Könneritzstraße überlegt, zu diesem sensiblen Zeitpunkt eine Umleitungsstrecke für Anlieger über den Nonnenweg durch den Clara-Park zu planen.

Das ist jetzt vom Tisch. Eine solche Variante soll es nicht geben. In der ganzen Bauzeit soll der Kfz-Verkehr möglichst weiträumig über Antonienstraße, Karl-Heine-Straße und Erich-Zeigner-Allee umgeleitet werden.

Was für den Straßenabschnitt zwischen Stieglitz- und Industriestraße trotzdem Vollsperrung zwischen Juni und November 2016 bedeutet. Darin liegen auch die sechs Wochen Sperrung für die Straßenbahn, die genau in die Sommerferien gelegt werden soll. Danach soll die Tram an der zumindest schon teilweise nutzbaren neuen Haltestelle Stieglitzstraße wieder halten können.

In den kalkulierten 8,7 Millionen Euro Baukosten stecken 2,9 Millionen für den Straßenbau der Stadt (die auch die Bauleitung übernimmt), 4,1 Millionen für den Gleisbau und die neue Haltestelle der LVB und 1,5 Millionen für die Arbeiten der Wasserwerke. Weitere 600.000 bis 700.000 Euro werden für Planung und Baustellenbetreuung eingeplant. Zu Letzterem gehören zum Beispiel die Kosten für den “Kümmerer”, dessen Arbeit für 23 Monate mit 127.000 Euro kalkuliert ist (gemeinsam zu tragen von Stadt, LVB, und KWL), die Anmietung eines Info-Ladens (oder eines Containers) für 30.000 Euro und ein Werbe-Budget für die Anlieger, mit dem sie Flyer, Plakate, Straßenveranstaltungen organisieren können.

Eine große Informationsveranstaltung für die Bürger soll es noch geben am 23. Juni. Und eine Extra-Veranstaltung widmet sich im dritten Quartal den Grundstücksbesitzern, denn diese werden mit 25 Prozent an den Straßenausbaukosten beteiligt.

Der Umleitungsplan für die Könneritzstraße als PDF zum Download.

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