Dass der Fernbusverkehr einmal so einen Hype erleben würde, das hat ganz gewiss auch Martin zur Nedden seinerzeit nicht geahnt, als er noch Baudezernent in Leipzig war. Aber Flächen am Hauptbahnhof hätte die Stadt Leipzig schon lange sichern können. Auch für andere Zwecke. Aber war das Flächenkaufen nicht mal Job des Liegenschaftsamtes? Aber privat geht auch, freuen sich jetzt die Grünen. Wenn man dem jüngsten Beitrag der LVZ zum Thema glauben darf.

Die hat schon viele Beiträge zu den heiß begehrten Flächen auf der Ostseite des Hauptbahnhofs geschrieben. Danach hat sich der Besitzer der Fläche dazu durchgerungen, hier neben einem Parkhaus und zwei Hotels auch noch den von der Stadt begehrten Fernbusbahnhof unterzubringen.

„Wir zeigen uns hocherfreut, dass trotz des Umstandes, dass die Stadt selbst im Umfeld des Hauptbahnhofes über keine eigenen Grundstücke verfügt, nun offensichtlich ein Durchbruch in den Verhandlungen mit dem Stuttgarter Investor – der gleichzeitig Eigentümer der Fläche ist – und der Deutschen Bahn AG erzielt werden konnte”, findet Tim Elschner, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. Immerhin haben die Grünen immer wieder Anträge geschrieben, im Umfeld des Hauptbahnhofs einen Fernbusbahnhof unterzubringen. Auch die Plattform der einstigen Bahnsteige 1-4 in der Bahnhofshalle war schon im Gespräch. Der Druck aber war 2012 auf einmal da. Da trat das von der FDP als Projekt vorangetriebene neue Personenbeförderungsgesetz in Kraft, das die Einrichtung neuer Fernbuslinien in Deutschland erlaubte. Vorher war das generell verboten, wenn dadurch Linien in direkter Konkurrenz zur Bahn entstanden.

Über 70 Anbieter warfen sich in das neue Geschäft, dutzende von ihnen steuerten natürlich auch Leipzig an und haben in der Goethestraße ein provisorisches Unterkommen gefunden. Doch das ist keine dauerhafte Lösung. Die kann nur ein ordentlich ausgebauter Busbahnhof sein, möglichst in Bahnhofsnähe, damit die Übergänge zwischen den Verkehrsträgern gewährleistet sind.

Tim Elschner: “Vor dem Hintergrund, dass von der Stadtverwaltung, und insbesondere auch von ihrem Vorgänger Martin zur Nedden (SPD), Flächenbevorratungen im Umfeld des Hauptbahnhofes diesbezüglich für nicht notwendig erachtet wurden, ist Baudezernentin Dorothee Dubrau ausdrücklich für ihr großes und ergebnisorientiertes Verhandlungsgeschick zu danken. Weil wir auch wissen, dass es in vielen anderen deutschen Städten ähnliche schwierige Diskussionen um zentrale Busbahnhöfe angesichts eines rasant angestiegenen Angebots von Fernbuslinien gibt, ist das nun seitens der Baudezernentin verkündete positive Verhandlungsergebnis nicht hoch genug zu würdigen. Die Ostseite erweist sich dabei als idealer Standort für den künftigen zentralen Busbahnhof. Die Umsetzung des Planes wird die ‘verkehrliche Drehscheibe’ Leipziger Hauptbahnhof ganz entscheidend stärken.“

Der Plan sieht im wesentlichen zehn bis zwölf Haltestellen für Fern- und Reisebusse vor. Außerdem soll es im Erdgeschoss für Passagiere verschiedene Service-Einrichtungen wie Ticketschalter und Toiletten geben. Das private Vorhaben sieht außerdem den Bau von zwei Hotels vor. Dadurch soll insbesondere das Bus-Terminal auf ein wirtschaftlich tragfähiges Fundament gestellt werden. Das außerdem in das Vorhaben integrierte Parkhaus mit 550 Auto-Stellplätzen soll im wesentlichen für Hotel-Gäste und Bahn-Mitarbeiter vorgehalten werden. Nur 200 Parkplätze sollen öffentlich sein.

Und die Grünen erinnern auch daran, dass sie es waren, die im Februar 2014 ihren Antrag „Umfeld des Leipziger Hauptbahnhofs als verkehrliche Drehscheibe neu ordnen und ausbauen“ eingereicht hatten, verbunden mit dem Ziel, einen neuen Busbahnhof, der bedarfsgerecht Haltestellen und Stellplätze für Stadt-, Regional- und Fernbusse bereithält, vor Ort zu planen. Elschner: “Der Stadtrat ist unserem Ansinnen nahezu einstimmig in der Ratsversammlung im April 2014 gefolgt.”

Übrigens nach Diskussionen und einer langen Suche, die im Prinzip schon 2011 begonnen hatte. Damals erkannte auch der Stadtrat zum ersten Mal, dass Leipzig sich rund um den Hauptbahnhof einfach keine Flächen gesichert hatte. Damals begann schon die Diskussion um das strategische Flächenmanagement, die bis heute anhält. Dass Leipzig praktisch sämtliche Flächen, die die Bahn im direkten Bahnhofsumfeld verkaufte, vor der Nase weggeschnappt wurden, ist im Grunde ein Drama, das zentrale Punkte der Leipziger Stadtentwicklung an dieser Stelle zu behindern droht.

Dass der private Besitzer der Flächen auf der Ostseite nun bereit ist, einen Fernbusbahnhof zu integrieren, findet Tim Elschner natürlich prima: „Im Gegensatz zur überlasteten Goethestraße, die derzeit in einem Teilbereich eher provisorisch als Abfertigungsstelle für die zahlreichen Fernbuslinien dient, sind die nun vorgelegten Planungen ein Meilenstein dahin, die verkehrliche Problematik auch im Sinne eines guten Service-Angebotes für Passagiere zielführend zu lösen. Aus stadtentwicklungspolitischer Sicht ist außerdem zu begrüßen, dass es hinsichtlich des Vorhabens einen Architekten-Wettbewerb gibt.”

Und er erinnert daran, was für Schnapsideen 2012 aus allen möglichen Richtungen diskutiert wurden, um den Fernbusbahnhof irgendwo unterzubringen: “Wir sind froh, dass mit den vorgelegten Planungen Gedankenspiele, den Fernbusbahnhof an der Neuen Messe oder an einem anderen Standort anzusiedeln, nun endgültig zu den Akten gelegt werden können. In dem Bemühen, im Umfeld des Hauptbahnhofes ausreichend Flächenbedarf auch für offizielle Stellplätze eigens für Anbieter und Nutzer von Mitfahrgelegenheiten zu planen und außerdem ein ausreichendes Angebot von Fahrradabstellplätzen schaffen, sollte bei aller Freude dennoch nicht nachgelassen werden.“

Und auch der Ökolöwe freut sich über das Verhandlungsergebnis der Stadt Leipzig für einen neuen zentralen Busbahnhof an der Ostseite des Hauptbahnhofs.

“Der Vorschlag des Ökolöwen für einen Busbahnhof innerhalb des Hauptbahnhofs wäre für die Fahrgäste die bessere Lösung gewesen. Wir haben in Gesprächen mit den verschiedenen Akteuren jedoch selbst erfahren, wie schwer es ist, eine gute Lösung für einen neuen zentralen Busbahnhof zu bekommen. Wir zollen daher Frau Dubrau und den Mitarbeitern in den beteiligten Ämtern Respekt für das gute Verhandlungsergebnis”, erklärt Tino Supplies. “So werden noch mehr Kapazitäten in den ohnehin nicht ausgelasteten Parkhäusern am Hauptbahnhof frei. Dort sollten jetzt umgehend zwei neue Fahrradparkhäuser integriert werden, eines an der Ostseite und eines an der Westseite, innerhalb des Bahnhofs.”

Andere europäische Städte haben schon große Parkhäuser an ihren Hauptbahnhöfen. Beispiele sind Luzern mit 1.100, Münster mit 3.300 oder Groningen mit 10.000 Rad-Stellplätzen.

Ungelöst ist jetzt auch, wo künftig die Reisebusse unterkommen sollen, die bis jetzt auf der Ostseite des Bahnhofs parken können. Das eine Problem könnte nun ab 2016/2017 eventuell eine Lösung finden, das nächste braucht jetzt wieder neue Mühe.

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