Im November 2018 wurde mit viel Tamtam die Waffenverbotszone an der Eisenbahnstraße eingeführt. Seitdem besitzt die Polizei zusätzliche Rechte, Passanten auf das Mitführen von Waffen und gefährlichen Gegenständen zu kontrollieren. „Placebo-Politik“ nannte es damals FDP-Stadtrat René Hobusch. Die Grünen sprachen von der Stigmatisierung eine ganzen Viertels. Der Stadtrat war bei diesem Placebo-Projekt des Sächsischen Innenministers nie gefragt worden.

Dafür fragte der Landtagsabgeordnete der Linkspartei Enrico Stange nun jeden Monat an, was bei den ganzen Kontrollen in der Leipziger Waffenverbotszone eigentlich herausgekommen ist.

Beispielhaft für den April gab es Ende Mai diese Antwort von Innenminister Dr. Roland Wöller (CDU): „Bei 20 Einsatzmaßnahmen des Polizeivollzugsdienstes erfolgten 301 einzelne Personenkontrollen/Identitätsfeststellungen. Dabei wurden 15 Verstöße gegen die Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über die Einrichtung einer Verbotszone zum Schutz vor Waffen- und gefährlichen Gegenständen in Leipzig festgestellt. Es wurden ein Elektroimpulsgerät, 14 Messer, ein Tierabwehrspray und eine selbst gebaute Hieb-und Stichwaffe sichergestellt.“

Das summiert sich dann, wie jetzt ein neuer Antrag der Linksfraktion im Leipziger Stadtrat feststellt, auf folgende Zahlen seit Einführung der Waffenverbotszone: „Die ,Ausbeute‘ der Waffenverbotszone ist bis dato gering. Seit der Einführung bis zum März 2019 wurden 1.319 Menschen kontrolliert und dabei 58 Verstöße festgestellt.“

Also mit den Aprilzahlen 1.620 Kontrollen mit 73 festgestellten Verstößen. Das nennt man wohl eher Arbeiten mit dem Schleppnetz.

Völlig daneben findet die Linksfraktion, dass weder die Stadt Leipzig noch der Stadtrat vor Einführung der Waffenverbotszone in irgendeiner Weise beteiligt wurden. (Hinweis d. Red., Nachtrag: Die Stadtverwaltung Leipzig war im Prozess involviert) Der sächsische Innenminister hat also einfach in Leipzig seine Symbolpolitik durchgezogen, irgendwie Härte gezeigt, ohne dass sich durch die zusätzliche Polizeipräsenz an den Problemen des Ortsteils das Geringste ändert.

Die Linksfraktion fordert deshalb jetzt eine Beteiligung der Akteure in Leipzig, die nun schon seit Jahren in diesem durchaus konfliktreichen Leipziger Stadtgebiet daran arbeiten, Probleme wenigstens zu lindern. Denn wirklich üppige Mittel stehen ja für echte Präventionsarbeit nicht zur Verfügung.

Der Antrag der Linksfraktion im Leipziger Stadtrat: „Die Stadt Leipzig setzt sich gegenüber dem Freistaat Sachsen für eine Mitwirkung an der Evaluierung der Waffenverbotszone in Neustadt-Neuschönefeld und Volkmarsdorf ein. Der Stadtrat und im Geltungsbereich ansässige Akteure (Quartiersmanagement, Streetwork, Vereine etc.) werden in diesen Prozess intensiv einbezogen.“

Im November wäre es so weit. „Zum 05.11.2018 ist die Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über die Einrichtung einer Verbotszone zum Schutz vor Waffen und gefährlichen Gegenständen in Leipzig in Kraft getreten. Laut Artikel 3 der Verordnung wird diese nach Ablauf eines Jahres nach dem Inkrafttreten, sprich zum 05.11.2019, evaluiert. Mit der Evaluierung ist die Fachhochschule der Polizei betraut“, heißt es im Antrag der Linksfraktion.

„Die Einführung der Waffenverbotszone ist auf massive Kritik von Anwohner/-innen, Vereinen und z. B. dem Migrantenbeirat der Stadt Leipzig gestoßen. Die Kritik richtete sich gegen die Ausweitung repressiver polizeilicher Kompetenzen und darauf, dass von diesen vor allem sozial marginalisierte Gruppen wie z. B. Migrant/-innen betroffen sind. Der Stadtrat wurde in den Prozess der Errichtung der Waffenverbotszone nicht einbezogen.“

Gerade der Verweis auf die im Ortsteil tätigen Verbände zeigt, wie ignorant die Sicherheitspolitik der Staatsregierung arbeitet: Statt die Aktiven im Ortsteil zu stärken und ihnen Unterstützung bei der Lösung der vielen Alltagsprobleme, die sich hier um Integration und Prävention verknoten, zu geben, setzt man auf polizeiliche Einschüchterung. Denn um etwas anderes geht es bei dieser Bestreifung ja nicht. Man schafft ein Klima der Dauerkontrolle, aber keines der gemeinsamen Stabilisierung des sozialen Raumes. Das widerspricht sich schlichtweg.

„Mit dem Antrag soll erreicht werden, dass die Stadt Leipzig sich gegenüber dem Freistaat starkmacht, in die Evaluierung adäquat einbezogen zu werden“, betont der Linke-Antrag. „Es soll erreicht werden, dass die Evaluierung nicht allein auf Basis von Statistiken vollzogen wird, sondern auch Perspektiven von Anwohner/-innen, Vereinen und potenziell oder real von den verdachtsunabhängigen Kontrollen betroffenen Menschen einfließen.“

Leipzigs Waffenverbotszone hat nur den vorhandenen Kontrollbereich klammheimlich nach Osten ausgedehnt

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