Wieder musste die Neonazi-Szene eine Schlappe einnehmen. Der sogenannte "Gedenkmarsch" gilt im rechten Kalender als ein Höhepunkt des Jahres. In der Landeshauptstadt versuchen die Rechtsextremisten, seit Jahren die deutsche Geschichte in revisionistischer Manier umzudeuten, um die deutsche Kriegsschuld zu relativieren. Kein zweiter Aufmarsch festigt die Szene nach innen hinein so stark wie der in Dresden. Umso stärker wiegt in rechten Kreisen die Schmach, das einstige Großevent mit einst mehreren tausend Teilnehmern 2013 wohl abschließend verloren zu haben.

“Der angeblich friedliche Protest flog uns unter anderem am Hauptbahnhof oder im Kessel nahe dem Lennéplatz in Form von Steinen und Flaschen entgegen, wohingegen die leitenden Beamten nach eigener Aussage keine Straftaten feststellen konnten”, teilen die Organisatoren im Internet mit. Dabei waren die Neonazis diejenigen, von denen die Gewalt ausging. Am Hauptbahnhof, wo sich auf einem abgegitterten Fußweg nach Polizeiangaben 400 Kameraden die Beine in den Bauch standen, warfen sie unter anderem Flaschen und bengalische Feuer in Richtung Gegendemonstranten. Mehrmals griffen Rechte aus dieser Gruppe die Polizisten an, die diese im engen Spalier von den Neonazi-Gegnern abschirmte.
“Der angeblich friedliche Protest flog uns unter anderem am Hauptbahnhof oder im Kessel nahe dem Lennéplatz in Form von Steinen und Flaschen entgegen, wohingegen die leitenden Beamten nach eigener Aussage keine Straftaten feststellen konnten”, teilen die Organisatoren im Internet mit. Dabei waren die Neonazis diejenigen, von denen die Gewalt ausging.

Am Hauptbahnhof, wo sich auf einem abgegitterten Fußweg nach Polizeiangaben 400 Kameraden die Beine in den Bauch standen, warfen sie unter anderem Flaschen und bengalische Feuer in Richtung Gegendemonstranten. Mehrmals griffen Rechte aus dieser Gruppe die Polizisten an, die diese im engen Spalier von den Neonazi-Gegnern abschirmte.
270 Neonazis konnten laut Polizei immerhin ein Stück weit laufen. Sie reisten über den S-Bahn-Haltepunkt Strehlen an. Von dort aus begleiteten sie Einsatzkräfte in Richtung der geplanten Aufzugsstrecke. In Höhe der Parkstraße stellten sich ihnen mehrere hundert friedliche Demonstranten entgegen. Auch für diese Kameraden endete der Tag im Polizeikessel. “Uns war im Vorfeld klar, dass es zu solchen Situationen kommen kann”, kommentierte Polizeipräsident Dieter Kroll den Einsatz.

“Wie angekündigt habe ich mich bei diesen Einzelfallentscheidungen vor allem von Grundrechtsabwägungen und Verhältnismäßigkeitsüberlegungen leiten lassen.” Nur 30 Personen erreichten den Ausgangsort des geplanten Aufzuges an der Pillnitzer Straße. Unter ihnen der NPD-Bundesvorsitzende Holger Apfel. In Begleitung von Polizisten liefen sie zwischen 21.30 Uhr und 22.15 Uhr bis zum Hauptbahnhof. “Gegen 22.25 Uhr war Dresden”, so Polizeisprecher Thomas Geithner, “faktisch wieder nazifrei.”

Unter den Kameraden ist der Ärger groß. “Langfristig werden angemeldete Demos wohl nichts mehr bringen”, schreibt der User eines rechten Forums. “Das war es dann”, ergänzt ein anderer. “Lasst es … die Teilnehmerzahlen und das Auftreten wirken lächerlich.”
Bündnis “Nazifrei! – Dresden stellt sich quer”

In Folge seiner Blockadestrategie hat das Bündnis “Nazifrei! Dresden stellt sich quer” mit mehreren Blockaden an strategischen Punkten für eine Durchkreuzung der Nazistrategie gesorgt. Anders als geplant, konnte die Nazidemo nicht in der Pirnaischen Vorstadt stattfinden, sondern Nazis sammelten sich an den Bahnhöfen Hauptbahnhof und Strehlen. Somit ist eine massive Behinderung der Nazidemo ermöglicht worden.

Dazu erklärt Bündnissprecher Silvio Lang: “Wir gehen davon aus, dass der Sachsenplatz als Ort der Auftaktkundgebung der Nazis geplant war. Diesen Punkt haben wir frühzeitig blockiert und auch weitere Kreuzungen in der Nähe. Dadurch mussten die Nazis doch zentral an den Bahnhöfen gesammelt werden. Ein Szenario, auf das wir immer hingedrängt haben.”

Die Stadtverwaltung in persona der Versammlungsbehörde unter Herrn Lübs hatte sich lange gegen einen zentralen Anreiseort verweigert. Offensichtlich haben die Ereignisse sie nun dazu gezwungen.

“Wenn sich die Zahl von 600-800 Nazis bestätigt, haben wir einen weiteren Erfolg erzielen können. Denn somit wären nochmal deutlich weniger Nazis nach Dresden gekommen, als erwartet. Dem entgehen standen mehr als 3000 Teilnehmer_innen beim Täterspurenmahngang und im weiteren Verlauf bis zu 4000 Gegendemonstrant_innen an verschiedenen Blockadepunkten und im Nachgang der Menschenkette. Das ist deutlich mehr als wir im Vorfeld erwartet haben und zeigt, dass eine breite Masse der Bevölkerung genug von Nazidemos in der Stadt hat und über Symbolpolitik hinaus aktiv sein will. Das stille Gedenken nach Vorstellung von CDU/FDP und Stadtverwaltung hat offensichtlich endlich ausgedient.”, so Lang abschließend.
Bündnis 90/ Die Grünen Sachsen

Die Landesvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen, Claudia Maicher, freut sich, dass Proteste und Platzbesetzungen einen Nazimarsch durch Dresden verhindert haben: “Dresden hat am 13. Februar gezeigt, dass der Geschichtsverdrehung durch Nazis kein Platz gemacht wird. Tausende auf den Straßen haben sich den Anti-Demokraten erneut in den Weg gestellt. Die Proteste und friedlichen Platzbesetzungen zeigen Wirkung: Den Nazis vergeht die Lust am Laufen, immer weniger kommen nach Dresden. Der Dank für diesen Erfolg gehört dem Bündnis Dresden Nazifrei und den vielen Menschen, die auch in diesem Jahr bei eisigen Temperaturen auf den Straßen ausgeharrt und diese nicht freigegeben haben.”

Claudia Maicher hat sich sowohl an Täterspurenrundgang, Demonstrationen und der Menschenkette rund um die Dresdner Altstadt beteiligt: “Ich freue mich, dass Hunderte von der Menschenkette gekommen sind, um sich an den Anti-Nazi-Protesten zu beteiligen. Der Besuch der Dresdner Oberbürgermeisterin und des sächsischen Innenministers am Beginn der Proteste wäre vor zwei Jahren noch undenkbar gewesen. Diese Geste gegenüber den Protesten muss sich nun im Handeln von Sachsens Staatsregierung fortsetzen. Kriminalisierung ist der falsche Weg und trennt, wo Einigkeit nötig ist.”

Die Grünen-Vorsitzende erinnert daran, dass Proteste auch anderswo notwendig sind: “Die Rechten versuchen nicht nur in Dresden aufzumarschieren. Auch in anderen Städten Sachsens ist kein Platz für braunes Gedankengut. Alle Dresdnerinnen und Dresdner sind eingeladen, sich am 5. März in Chemnitz Nazis in den Weg zu stellen.”

Bündnis 90 / Die Grünen sind Teil des Bündnisses Dresden Nazifrei, welches seit 2009 die Anti-Nazi-Proteste rund um den 13. Februar organisiert. An den Demonstrationen in diesem Jahr haben sich unter anderem GRÜNEN-Bundesvorstandsmitglied Astrid Rothe-Beinlich und der Berliner Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele beteiligt.
SPD Sachsen

Martin Dulig, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag: “Gestern war ein erfolgreicher Tag für die Demokratie: Die Nazis konnten nicht durch Dresden marschieren. Es war die Vielfalt der Aktionen, die zum Erfolg geführt hat: die Menschenkette, die friedlichen Proteste in Hör- und Sichtweite der Rechtsextremisten und nicht zuletzt die Blockaden, die den Aufmarsch der braunen Horden verhindert haben. Ich danke allen Demokratinnen und Demokraten, die sich an den verschiedenen Protestaktionen friedlich beteiligt haben!

Ich bin sehr erleichtert, dass es gestern in Dresden weitgehend friedlich ablief. Umso bedauerlicher ist jedoch der Übergriff auf zwei Polizisten, die schwer verletzt wurden. Ihnen gehört unsere Anteilnahme; wir sprechen ihnen die besten Wünsche für eine baldige Genesung aus.”
CDU Sachsen

Zur Bilanz des gestrigen Gedenktages “13. Februar” in Dresden erklärt der CDU-Landtagsabgeordnete und stellvertretende Vorsitzende des Arbeitskreises “Inneres” Christian Hartmann: “Ich bin froh und erleichtert darüber, dass der 13. Februar auch in diesem Jahr wieder ein weitestgehend friedlicher, stiller und damit würdiger Gedenktag für die Opfer des Zweiten Weltkrieges war und Dresden ein klares Signal gegen Rechtsextremismus gesendet hat. Die Menschenkette mit vielen Tausend Teilnehmern durch die Innenstadt war eine beeindruckende Demonstration für Frieden und Versöhnung weit über die Grenzen der Stadt hinaus. Gleichzeitig haben wir endlich wieder eine Erinnerungskultur erreicht, wie sie sich die allermeisten Menschen in Dresden am 13. Februar wünschen.

Dank des erfolgreichen Zusammenspiels aller demokratischen Kräfte ist es gelungen, den Aufmarsch der Neonazis erfolgreich zu verhindern. Dass es nicht zu den befürchteten Auseinandersetzungen gekommen ist, ist vor allem der Polizei zu verdanken. Deshalb gilt den Einsatzkräften mein ganz besonderer Dank. Leider sind drei Beamte bei ihrem Einsatz verletzt worden. Ich hoffe, dass die Kollegen bald wieder vollständig genesen und die Täter möglichst schnell ermittelt und hart bestraft werden.”
Innenminister Markus Ulbig

“Ich bedanke mich ausdrücklich bei der Polizei für den professionellen Einsatz am gestrigen 13. Februar in Dresden. Dass der Tag so friedlich blieb, ist auch ein Verdienst der vielen Beamten, die aus der ganzen Bundesrepublik hier Dienst taten.

Der Tag war ein Erfolg für Dresden, für die Bürger dieser Stadt und ihre Gäste. Gerade deswegen ist es traurig, dass es immer noch Chaoten gibt, denen es offenbar nur um Gewalt gegen Polizisten geht. Den verletzten Beamten wünsche ich schnelle Genesung.”
Die Linke Sachsen

Zum Verlauf des diesjährigen 13. Februar in Dresden erklärt Rico Gebhardt, Fraktions- und Landesvorsitzender der LINKEN in Sachsen: Die Nazis konnten keinen Meter marschieren. Zum vierten Mal in Folge scheiterten sie mit dem Versuch, das Gedenken an die Zerstörung Dresdens zu missbrauchen und ihre kriegsverharmlosende Propaganda symbolträchtig auf Straßen und Plätzen zu verbreiten. Das ist ein großer Erfolg der Zivilgesellschaft.

Ich danke insbesondere auch den Kolleginnen und Kollegen der Polizei aus Sachsen und mehreren Bundesländern, die mit Besonnenheit und Augenmaß zu einem weitgehend friedlichen Ablauf der Proteste beigetragen hat. Dies gilt umso mehr, also die Bedingungen in diesem Jahr schwierig und oftmals sehr unübersichtlich gewesen sind. Trotzdem ermöglichte die Polizei beherzt die vielerorts stattfindenden Manifestationen des Protests gegen Nazis und unterstützte so maßgeblich demokratische Kultur.

Gefreut hat mich die stärkere Beteiligung von Dresdnerinnen und Dresdnern und auch vieler Leute im mittleren Alter und älterer Menschen am “Mahngang Täterspuren”. Dies belegt ein geschärftes Bewusstsein für die Notwendigkeit, das Gedenken an die Opfer der Bombenangriffe in einem Zusammenhang mit den von Deutschland und auch Dresden in jener Zeit ausgegangenen schier unermesslichen Verbrechen an Millionen von Menschen zu sehen.

Ich wünsche mir, dass die Stadt im nächsten Jahr die Menschenkette eine Stunde eher beginnen lässt, um es noch mehr Menschen zu ermöglichen, dem Bedürfnis nach Protest in Sicht- und Hörweite der Nazi-Umtriebe nachzukommen. Zugleich erwarte ich eine weitere Demobilisierung der Nazi-Szene durch ihr Scheitern in Serie, den öffentlichen Raum von Sachsens Landeshauptstadt in Beschlag zu nehmen. Vom einstmals größten Naziaufmarsch Europas sind nur noch lächerliche Präsentationsversuche versprengter kleiner Häuflein übriggeblieben.

Der diesjährige 13. Februar war ein gelungenes Zeichen für mehr Zivilcourage auch an den anderen 364 Tagen im Jahr – und das überall im Land. Ich bin deswegen am 5. März in Chemnitz bei den Gegenveranstaltungen gegen den dortigen Aufmarsch der Neonaziszene dabei.

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