Für den weiteren Aufholprozess Ostdeutschlands spielen Headquarter, also Unternehmen mit Führungsfunktionen, eine wichtige Rolle. Führungs- bzw. Headquarterfunktionen generieren in ihrer Region nicht nur höhere Einkommen, sondern sind auch ein idealer Nährboden für regionale Spillover-Effekte, stellt das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) fest. Das ist nicht neu.

“Spillover” ist auch nicht neu. Dabei geht es um Übertragungseffekte: Wo das Hauptquartier eines großen Konzerns sitzt, gibt es auch direkte positive wirtschaftliche Folgewirkungen im direkten Umfeld. In der Forschung zum Beispiel, beim Sponsoring oder beim Steuernzahlen.

Doch wie lässt sich die Headquarterintensität einer Region messen? – In der vorliegenden IWH-Analyse werden Führungs- bzw. Headquarterfunktionen über typische Managementtätigkeiten definiert (Unternehmer, Geschäftsführer, Bereichsleiter etc.). Das Verhältnis von Fertigungs- zu Managementtätigkeiten in einer Region kann dann als Headquarterintensität betrachtet werden, und je kleiner der Quotient, umso headquarterintensiver die Region. Betrachtet man das Verarbeitende Gewerbe im Jahr 2010, klafft zwischen Ost und West eine “Headquarterlücke” von 17 versus 20.

Anders ausgedrückt: Das Verhältnis von Beschäftigten in Fertigungsberufen zu Managern ist im ostdeutschen Verarbeitenden Gewerbe durchschnittlich rund 18 Prozent höher als in den Regionen Westdeutschlands. Nur wenige ostdeutsche Regionen wie Jena, Erfurt, Dresden oder Teltow-Fläming finden bisher Anschluss an die Ausstattung mit Headquarterfunktionen führender westdeutscher Regionen. Es zeigt sich aber auch, dass die schwache Präsenz von Führungsfunktionen kein ausschließlich ostdeutsches Phänomen ist. Auch in den westdeutschen Regionen findet sich eine sehr heterogene Ausstattung mit Führungsfunktionen, wenngleich sich fast alle deutschen Headquarterzentren in Westdeutschland befinden.Was dann eine verblüffende Reihenfolge ergibt. Im fränkischen Erlangen (105.500 Einwohner) gibt das ein Verhältnis von Beschäftigten in Fertigungsberufen zu Managern im Jahr 2010 im Verarbeitenden Gewerbe von 1,5 zu 1. Damit führt die Stadt, die mehrere Niederlassungen des Siemens-Konzerns beherbergt, die Liste der Städte an – vor den beiden Autobauer-Städten Wolfsburg (3,3) und Ingolstadt (3,6) gefolgt von den Metropolen München (3,6) und Stuttgart (4,7), wo gleich mehrere deutsche Großkonzerne ihren Sitz haben. Dazwischen taucht noch der Landkreis München mit 4,3 auf. München kann gar nicht alle Konzernzentralen fassen, die sich um die bayerische Hauptstadt konzentrieren.

Die einzige Stadt aus dem Osten, die es in diese Spitzengruppe schafft, ist Jena mit einem Verhältnis von 5,5 zu 1.

Eine deutliche Einschränkung der Liste ist natürlich der unterschiedliche Ausbau des verarbeitenden Gewerbes in der Republik. Was dazu führt, dass gerade im Osten der Besatz mit Unternehmen des verarbeitenden Gewerbe unterdurchschnittlich ist. Und dazu kommt auch noch die Tatsache, dass oft westdeutsche Unternehmen nur ihre Fertigung in den “preiswerteren” Osten verlagert haben, was dazu führt, dass auch deutlich weniger Manager und Entwickler vor Ort sind. Was dann den 18prozentigen Unterschied zum Westen der Republik erklärt.

Und was Standorte im Osten im großen Wettbewerb auch zusätzlich schwächt. Gerade erlebt im Fall Siemens Nokia Network, in dem die Leipziger Niederlassung zum Schließungskandidaten wurde, während das Münchner “Headquarter” augenscheinlich vorerst gerettet ist.

www.iwh-halle.de

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