Am heutigen 21. März ist nicht der Equal Pay Day. Es ist tatsächlich so, auch wenn unser Postfach voller Manifeste zur Gleichbezahlung von Frauen im Beruf ist. Man nimmt ja solche markanten Daten gern einfach auf in die Berichterstattung. Ist ja peinlich genug, wenn Frauen schlechter bezahlt werden als Männer. Aber es ist noch schlimmer. Und darauf wies die Deutsche Mathematiker Vereinigung schon am 11. März hin.

Der “Spiegel” hat es heute aufgegriffen, hat auch bei den IntitiatorInnen vom deutschen Equal Pay Day nachgefragt, die den Fehler augenscheinlich nicht einsehen wollen. Obwohl der Fehler das Dilemma sogar noch abschwächt. Denn nicht der 21. März ist der Tag, an dem die Frauen endlich die selbe Gehaltsumme erreicht haben, die ihre männlichen Kollegen schon – vom 1. Januar 2012 an gerechnet – am 31. Dezember auf dem Konto hatten. Alles statistisch und durchschnittlich betrachtet. Im Grunde geht es um den statistischen Lohnunterschied von 22 Prozent.

Die Damen und Herren der Equal-Pay-Initiative haben einfach das Vorjahr für 100 Prozent genommen, 22 Prozent draufgerechnet, die zugehörigen Arbeitstage ermittelt – und sind diesmal auf den 21. März gekommen.

Das ist nicht nur mathematisch falsch – sondern auch in der Realität. Denn die 100 Prozent, auf die sich diese Rechnung bezieht, sind ja die 100 Prozent der Männer. Die Frauen erreichen diese 100 Prozent logischerweise erst zum wirklichen “Equal Pay Day”. Am 31. Dezember stehen für sie nur 78 Prozent dessen auf dem Gehaltskonto, was die Männer bekommen haben. Und es ist schon erstaunlich, dass die Equal Pay Initiative nicht mit Briefen wütender Mathematiklehrer geflutet werden. Denn die simple Rechenaufgabe lautet: Wieviel mehr müssen Frauen verdienen, damit sie auf die 100 Prozent der Männer kommen?

Wieviel mehr also auf das, was sie am 31. Dezember auf dem Konto haben? Auf ihre 100 Prozent?

In Mathematik lernte man zumindest in unserer Zeit noch, dass man die 78 Prozent als Ausgangsbasis 100 Prozent nehmen muss. Denn es geht ja um das Einkommen der Frauen. Und die müssen, um auf das Einkommensniveau der Männer zu kommen, 28 Prozent mehr Lohn bekommen.

“Es wurde davon ausgegangen, dass, wenn Frauen 22 % weniger verdienen als Männer, Männer 22 % mehr verdienen als Frauen. Richtig aber ist, dass Männer in dem Fall nicht 22, sondern 22/(100-22)*100=28,205… % mehr verdienen”, rechnet Thomas Vogt von der Deutschen Mathematikervereinigung vor. Was dann wohl eher den 12. April ergibt. Erst dann haben Frauen so viel an Gehalt überwiesen bekommen wie die Männer schon drei Monate vorher. Sie müssen satte 102 Tage länger dafür arbeiten.

Was unterschiedliche Gründe hat. Das wertet auch die Initiative zum Equal Pay Day genauer aus. Denn ein großer Teil des Lohngefälles geht darauf zurück, dass Frauen auch öfter in sowieso schlechter entlohnten Branchen und den so genannten “frauentypischen” Berufen arbeiten.

Wenn man dieses strukturelle Gefälle herausrechnet, bekommt man einen “bereinigten Gender Pay Gap”. Der liegt in der Bundesrepublik nach den Berechnungen des Statistischen Bundesamtes bei 8 Prozent. 8 Prozent weniger bekommen Frauen als Gehalt, wenn sie dieselben Tätigkeiten wie die Männer in der selben Qualifikationsebene ausüben. Was am Gesamtgefälle nicht viel ändert. Denn wenn Frauen öfter in schlechter bezahlten Dienstleistungs- und Teilzeittätigkeiten zu finden sind, hat das eben auch Folgen für ihre Vermögensbildung, von der Rente ganz zu schweigen.

“Im europäischen Vergleich des unbereinigten Gender Pay Gap liegt Deutschland nach Angaben von Eurostat auf dem 24. Platz von 27 Mitgliedsstaaten”, stellt Wikipedia zum Thema auch noch fest. Heißt eben auch: Nur in drei anderen Ländern der EU ist das Gefälle noch größer.

Der “Spiegel” zum Thema.

Die Deutsche Mathematiker Gesellschaft zum Thema.

Die Initiative zu Qual Pay Day.

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