"Rekommunalisierung ist kein Königsweg!", titelt das Institut für Wirtschaftsforschung Halle. Als hätten sich die Hallenser Wirtschaftsforscher tatsächlich tiefer mit den Vor- und Nachteilen von Kommunalunternehmen beschäftigt. Haben sie nicht. Und das ist eigentlich auch nicht die Botschaft, die sie wirklich vermitteln wollen mit ihrer Meldung. Aber sie holen erst einmal ganz weit aus.

“Der jahrelange Trend, kommunale Einrichtungen wie Wohnungsgesellschaften oder Versorgungsunternehmen zu privatisieren, scheint sich umzukehren. Die Hamburger Bürger haben jüngst per Volksentscheid ihrem Senat aufgetragen, die an die Konzerne Vattenfall und E.on verkauften Energieversorgungsnetze der Stadt wieder vollständig in städtischen Besitz zu bringen”, so das IWH am Mittwoch, 23. Oktober.

Martin Rosenfeld, Stadtökonom am Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), unterzieht in seinem Kommentar die mit der Rekommunalisierung verbundenen Hoffnungen auf Gesundung der kommunalen Haushalte einer kritischen Beurteilung. Vor allem, weil Kommunalpolitiker zuweilen gern hoffen, sie könnten mit Kommunalbetrieben in Eigenregie die kommunalen Haushaltsprobleme lösen. Das funktioniert so aber nicht.

Parallel zur Bundestagswahl am 22. September 2013 wurde in der Hansestadt Hamburg per Volksentscheid über den Vorschlag eines vollständigen Rückkaufs der lokalen Strom-, Fernwärme- und Gasleitungsnetze abgestimmt – im Ergebnis votierte eine knappe Mehrheit mit “Ja”. Dieser Fall hat bundesweite Aufmerksamkeit erlangt, bildet jedoch bei genauer Betrachtung nur die Spitze des Eisbergs eines allgemeinen Trends der “Rekommunalisierung”. Gemeint ist hiermit, dass Privatisierungen öffentlicher Einrichtungen und Leistungsangebote, die in den letzten zehn bis 20 Jahren von vielen Städten und Gemeinden betrieben wurden, wieder rückgängig gemacht werden.Was treibt diesen Trend?, fragt sich Rosenfeld. “Häufig wird auf den Wunsch der Bevölkerung verwiesen, die ‘Energiewende’ im Sinne einer stärkeren Nutzung regenerativer Energien sowie einer Steigerung der Energieeffizienz zu beschleunigen. Dabei wird erwartet, dass diese Ziele im Rahmen eines kommunalen Unternehmens eher erreicht werden könnten als über den Abschluss entsprechender vertraglicher Vereinbarungen mit einem privaten Unternehmen. Aber dies hängt eigentlich nur davon ab, wie diese Vereinbarungen konkret ausgestaltet werden.”

“Auch die teilweise chronischen finanziellen Engpässe der Kommunen spielen für die Forderung nach Rekommunalisierung eine Rolle”, stellt er fest. “So wird davon ausgegangen, dass kommunale Unternehmen auf Dauer als ‘Melkkühe’ zur Erzielung von Gewinnen eingesetzt werden können, die dann in den Stadt- oder Gemeindehaushalt einfließen können. Dies ist allerdings problematisch, unter anderem, weil hieraus überhöhte Belastungen des privaten Sektors mit Gebühren und Beiträgen resultieren. Schließlich wird für die Rekommunalisierung auch die Erwartung einer höheren lokalen Wertschöpfung und Beschäftigung sowie höherer kommunaler Steuereinnahmen angeführt. Tatsächlich kann eine Kommune diese Ziele besser erreichen, wenn die für die Produktion einer Leistung erforderlichen Inputs überwiegend innerhalb ihres Territoriums zum Einsatz kommen, was bei einem kommunalen Unternehmen stets gesichert sein dürfte. Es ist aber zu bedenken, dass damit vielfach auf Größenvorteile verzichtet werden muss, die eher durch eine räumliche Konzentration von Inputfaktoren erreicht werden können, wie sie im Rahmen umsatzstarker privater Unternehmen möglich ist.”

Rosenfelds Einschätzung: “Rekommunalisierung ist also keineswegs ein Königsweg, um relevante Zielsetzungen der Kommunen und ihrer Bürgerschaft zu erreichen. Gerade in Bezug auf die fiskalischen Ziele wäre es auf jeden Fall besser, wenn sich die Kommunen und ihre Spitzenverbände wieder verstärkt für die längst überfällige Reform des kommunalen Einnahmensystems einsetzen würden. Vielleicht bietet sich ja hierfür in der neuen Legislaturperiode des Bundestags endlich eine Chance.”

Denn unter Druck gekommen sind die kommunalen Haushalte durch die überbordende Belastung mit sozialen Kosten, für die eine adäquate Mittelzuweisung von Bund und Ländern fehlt. Das sind Größenordnungen, die mit den Erträgen aus Kommunalunternehmen nicht zu bewältigen sind.

In Leipzig dienen die Erträge aus den kommunalen Unternehmen KWL und SWL vor allem dazu, den ÖPNV zu finanzieren.

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