Die Bevölkerung in Leipzig ist nach einer Analyse des DGB weit stärker von Hartz-IV betroffen als in der Mehrzahl der anderen Großstädte. Zugleich gelingt es den Hilfeempfängern in der Stadt im Schnitt weit seltener, den Hilfebezug längerfristig oder nur befristet zu überwinden. Die Verfestigung der prekären Lebensverhältnisse ist bedrückend, wenn mehr als die Hälfte der Hartz-IV-Bezieher in Leipzig mindestens vier Jahre auf staatliche Fürsorge angewiesen sind.

15,1 Prozent der erwerbsfähigen Menschen in der Stadt Leipzig waren Ende 2012 auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen. Damit waren 53.441 der Leipziger im Alter von 15 bis 64 Jahren auf staatliche Fürsorge angewiesen. Das Hartz-IV-Risiko in Leipzig liegt damit fast doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt.

Besorgniserregend sei zugleich, so der DGB in seiner Auswertung, dass fast drei Viertel der erwerbsfähigen Hartz-IV-Bezieher in der Stadt bereits im Langzeitbezug sind und in den letzten zwei Jahren mindestens 21 Monate Hartz-IV bezogen haben. Mehr als die Hälfte aller Empfänger im Alter von 15 bis 64 Jahren sind sogar seit mindestens vier Jahren auf Hartz-IV angewiesen.

“Dem Hartz-IV-System ist es bisher nicht gelungen, eine Verfestigung prekärer Lebenslagen zu verhindern”, kritisiert Bernd Günther, Vorsitzender des DGB-Stadtverbandes Leipzig. “Die Anzahl dieser hilfebedürftigen Menschen in Leipzig liegt doppelt so hoch wie die der Arbeitslosen. Viele Hartz-IV-Bezieher befinden sich in Fördermaßnahmen oder gehen einer Beschäftigung nach, die durch niedrige Löhne, eine geringe Stundenzahl oder durch eine kurzfristige Dauer nicht existenzsichernd und prekär ist. Andere haben Betreuungspflichten oder befinden sich noch in Ausbildung”, konstatiert Günther.

Trotz der Verhärtung im Hilfebezug gibt es auch im Hartz-IV-System relativ viel Bewegung. Erstmals hat der DGB in Leipzig differenzierte Daten zum Eintritts- und Verbleibsrisiko im Hartz-IV-System vorgelegt. Ihnen zufolge liegt das Eintrittsrisiko in Hartz-IV für Erwerbsfähige im vergangenen Jahr in Leipzig bei 5,8 Prozent. Knapp 6 Prozent der Bevölkerung von 15 bis 64 Jahren muss innerhalb eines Jahres Hartz-IV beantragen. Bei dem Risiko, hilfebedürftig zu bleiben, lässt sich für Leipzig festhalten, dass rund 40 Prozent der Hartz-IV Beziehenden im ersten Jahr die Überwindung der Hilfebedürftigkeit gelingt.

Die Hartz-IV-Quote liegt mit 15,1 Prozent in Leipzig deutlich über der Quote in westdeutschen Städten (10,4 Prozent), aber auch leicht unter der ostdeutschen Großstadtquote von 15,7 Prozent. Aber mehr als die Hälfte der Betroffenen – 51,9 Prozent – machen 4 Jahre und länger Hartz-IV-Erfahrung. Auch das ist ein Wert, der ungefähr im Bereich ostdeutscher Großstädte liegt (und der zeigt, wie ungeeignet die Integrationsinstrumente gerade für Ostdeutschland sind) und leicht unter der Quote westdeutscher Großstädte. Aber auch dort ist deutlich: Praktisch jeder zweite Hartz-IV-Bezieher kommt auf lange Jahre aus dem System der Alimentation und Sanktion nicht heraus.

Angesichts dessen fordert der DGB das Jobcenter und die Stadt Leipzig zu mehr Anstrengungen zur Vermeidung und zum Abbau von Langzeitbezug auf.

“Dazu braucht es eine stärkere Professionalisierung der Betreuung. Stabilisierungs-, Unterstützungs- und Eingliederungsmaßnahmen müssen stärker am Ziel der Nachhaltigkeit ausgerichtet werden. Zudem müssten die sozialintegrativen Maßnahmen der Stadt sowie abschlussorientierte Qualifizierungen für diese Zielgruppe ausgebaut werden. Ebenso sollten Menschen bei einer Jobvermittlung noch längere Zeit nachbetreut werden, um ein neues Arbeitsverhältnis möglichst stabilisieren zu können. Auch die Bundesregierung ist gefordert: Durch die Kürzung der Arbeitsförderung in den vergangenen Jahren haben sich die Förderchancen für Hartz-IV-Empfänger massiv verschlechtert; dies hat dazu beigetragen, dass viele Menschen längerfristig auf staatliche Fürsorge angewiesen sind. Aber auch die Unternehmen sollten mehr tun und Hartz-IV-Empfängern und Empfängerinnen eine Chance auf dem Arbeitsmarkt geben”, so Günther.

www.leipzig-nordsachsen.dgb.de

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