Verwaltung frisst Vermittlung auf. Immer mehr Geld wird in deutschen Jobcentern für die Verwaltung ausgegeben. Das hat das Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) anhand neuer Zahlen aus dem Bundesfinanzministerium ermittelt. Insgesamt 445 Millionen Euro sind 2013 umgeschichtet worden.

Und zwar aus dem Haushaltstitel mit der Zweckbestimmung “Leistungen zur Eingliederung in Arbeit” (darunter “Leistungen zur Eingliederung nach dem SGB II”) in den Haushaltstitel mit der Zweckbestimmung “Verwaltungskosten für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende” (Bundesanteil).

Statt der im Bundeshaushalt veranschlagten 4,050 Milliarden Euro für “Verwaltungskosten für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende” (im Wesentlichen für den Bundesanteil von 84,8 Prozent; ohne den kommunalen Finanzierungsanteil in Höhe von 15,2 Prozent), wurden für den Bundesanteil etwa 4,495 Milliarden Euro ausgegeben.

Im 138. Monatsbericht des BMF (Bundesfinanzministerium: Januar 2013), wurden Ausgaben für “Verwaltungskosten für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende” im Haushaltsjahr 2012 berichtet (Bundesanteil: 4,209 Milliarden Euro, zu finden auf Seite 15)

Im am 31. Januar 2014 veröffentlichten 150. Monatsbericht des BMF (Januar 2014) wird unter “Sonstige Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II” ein Soll in Höhe von 4,050 Milliarden Euro und ein Ist in Höhe von 4,495 Milliarden Euro berichtet.Eine vom BIAJ bei der Redaktion des Monatsberichts erbetene Bestätigung, dass es sich bei den “Sonstige(n) Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II” ausschließlich um die “Verwaltungskosten für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende” (so die Zweckbestimmung im Bundeshaushalt 2013) handelt, ist bis Freitag beim BIAJ nicht eingegangen. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass dies zutrifft”, meint Paul M. Schröder vom BIAJ.

Die “Verwaltungskosten” der insgesamt 410 Jobcenter betrugen demnach im Haushaltsjahr 2013, einschließlich des kommunalen Finanzierungsanteils (KFA) in Höhe von etwa 0,8 Milliarden Euro, rechnerisch in etwa 5,3 Milliarden Euro, rechnet er vor.

“Noch nie zuvor wurde vom Bund und den Kommunen so viel für diesen Zweck (“Verwaltungskosten für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende”) ausgegeben wie im neunten ‘Hartz IV-Jahr'”, stellt Schröder fest. Und er kritisiert: “Eine differenzierte, öffentlich zugängliche differenzierte Darstellung der Entwicklung dieser Ausgaben (dieses sogenannten Teilbudgets des “Gesamtbudgets” im Sinne des § 46 Absatz 1 Satz 5 SGB II fehlt bisher.”

Schröder ist nun schon seit Monaten hinterher, von den staatlichen Instanzen die realen Zahlen zu den Kosten der reinen Verwaltung in den Jobcentern zu bekommen. Die erste Bilanz ist mehr als ernüchternd: Mittlerweile wird mehr als doppelt so viel Geld (jene 5,3 Milliarden Euro) für die Verwaltung ausgegeben als für den Titel “Leistungen zur Eingliederung nach dem SGB II”, der bei gerade einmal 2,5 Milliarden Euro liegt. Und die Verwaltungskosten steigen permanent, während die Eingliederungsmittel stagnieren.

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