Manchmal wünschte man sich einfach ein paar nüchterne Minister, die nicht so sehr auf simple PR aus sind und stattdessen die Bürger wirklich informieren über das, was ihr Haus getan hat und wie es einzuordnen ist. Etwa einen Finanzminister, der dem Volk nicht suggerieren will, man habe 2013 viel viel besser gearbeitet als im Vorjahr. 20 Prozent Steigerung! Schulterklopfen, Hurra!

“Die sächsischen Steuerfahnder haben im vergangenen Jahr einen Steuerschaden in Höhe von 88,34 Millionen Euro aufgedeckt. Durch die erfolgreiche und konsequente Arbeit der sächsischen Steuerfahndung wurde der Fahndungserfolg von 2012 (73,59 Millionen Euro) um 20 Prozent gesteigert”, verkündete das sächsische Finanzministerium am Donnerstag, 13. März. Und alle möglichen Medien meldeten es so. Oder besser: Sie übernahmen das Hurra einfach aus der Agenturmeldung. Fertig der Lack.

Der größte Teil der erfahndeten Summe entfiel mit fast 64 Millionen Euro auf die Umsatzsteuer sowie mit etwa 9 Millionen Euro auf die Einkommensteuer. Der Anteil der verkürzten Gewerbesteuer betrug 4,3 Millionen Euro, während hinterzogene Körperschaftsteuer mit 3,5 Millionen Euro und Lohnsteuer mit 1,7 Millionen Euro zu Buche schlugen.

Eher spannend zu erfahren: Der Großteil des aufgedeckten Steuerschadens wurde von der Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes Leipzig II mit über 57 Millionen Euro aufgespürt, wovon mehr als 45 Millionen Euro davon auf die Umsatzsteuer entfielen. Womit Leipzig der Schwerpunkt der Steuerhinterziehung wäre. Oder ist das Gegenteil der Fall: In Leipzig wird schwerpunktmäßig stärker gefahndet als in Dresden und Chemnitz?

Rund 110 Fahnderinnen und Fahnder waren im Jahr 2013 für die drei sächsischen Steuerfahndungsstellen im Einsatz. Sie führten insgesamt 922 Fahndungsprüfungen durch, die sich in ihrer Anzahl annähernd gleich auf die drei Finanzämter mit Steuerfahndungsstellen verteilen, teilt dazu das Ministerium mit. Daneben haben die Fahnderinnen und Fahnder in insgesamt 1.211 Amts- und Rechtshilfeersuchen ermittelt.

Die sächsische Steuerfahndung leitete im Jahr 2013 insgesamt 490 Strafverfahren ein. Diese Verfahren werden von den Bußgeld- und Strafsachenstellen der Finanzämter bzw. den Staatsanwaltschaften weitergeführt. In den von sächsischen Steuerfahndern ermittelten Fällen wurden im Jahr 2013 Freiheitsstrafen von insgesamt rund 63 Jahren sowie Geldstrafen und Geldauflagen in Höhe von 1,23 Millionen Euro rechtskräftig verhängt.Ein Blick in die Vergangenheit: Dass 2012 mit 73 Millionen Euro etwas weniger ermittelt wurde, hat nichts mit dem Fleiß der Fahnder zu tun. Das Ergebnis hängt jedes Jahr davon ab, in welcher Größenordnung sie fündig werden. 2011 zum Beispiel haben sie auch schon einmal 105 Millionen Euro eingesammelt, was dann etlichen Steuerhinterziehern vor Gericht insgesamt über 100 Jahre Gefängnis einbrachte. Was die Presse im Land nicht die Bohne interessierte. Für die ist die Steuerkriminalität erst Thema, seit Ulli Hoeneß zum Gerichtsfall wurde.

Die ermittelten Beträge muten zwar gewaltig an, sind es aber im Vergleich zu den Summen, die der gesetzestreue Steuerzahler in Sachsen aufbringt, überhaupt nicht. Allein die in Sachsen erhobene Einkommenssteuer macht weit über 6 Milliarden Euro aus. Die Umsatzsteuer erbringt weit über 10 Milliarden Euro. Davon fließt natürlich der größte Teil an den Bund ab. Was einer der Gründe dafür ist, dass sich einige Bundesländer bei der Personalausstattung für die Steuerfahndung sehr zurückhalten. Da tut sich der Freistaat Sachsen genauso schwer wie der Freistaat Bayern, der für seine zurückhaltende Steuerfahndung schon mehrfach in die Kritik kam. In beiden Bundesländern kommen im Schnitt 27 Steuerfahnder auf 1 Million Einwohner. Andere Bundesländer kommen da deutlich drüber. In Hamburg sind es zum Beispiel 52 Fahnder auf 1 Million Einwohner. Je mehr Fahnder, umso mehr Überprüfungen können auch durchgeführt werden.

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