Das lässt einen doch nicht los: Wann gab es in Sachsen eigentlich den Gezeitenwechsel, dass aus einem langsam schrumpfenden Bundesland wieder ein sachte wachsendes wurde? Irgendwann zwischen März 2013 und März 2014 muss es passiert sein. Das verrieten die Zahlen der vergangenen Woche aus dem Sächsischen Landesamt für Statistik. Eine Trendumkehr, die in der reinen Jahresbilanz 2012/2013 noch nicht sichtbar wurde. Da sah es noch wie ein Rückgang aus.

Von 4.050.204 Einwohnern im Dezember 2012 ging Sachsens Einwohnerzahl bis zum 31. Dezember 2013 auf 4.046.385 zurück. Scheinbar. Denn genau im Jahr 2013 trat die Trendumkehr ein. Sie versteckte sich rein statistisch noch im klassischen Wogen der Monatszahlen. Denn natürlich gibt es Monate, da wandern etwas mehr Sachsen ab – etwa wenn mal wieder ein Studiensemester zu Ende geht. Dann gibt es wieder welche, da steigen die Zuzugszahlen. Das Frühjahr ist in der Regel die Jahreszeit, in der die Einwohnerzahlen leicht zurückgehen, um dann im Sommer und Herbst spürbar wieder zu steigen.

Das war auch 2013 so. Von 4.050.204 fiel die sächsische Einwohnerzahl erst einmal auf 4.044.029 im März und 4.041.663 im Juni, um dann bis zum Jahresende wieder auf 4.046.385 zu steigen. Der Freistaat hatte rein statistisch betrachtet zwischendurch schon mal rund 8.500 Einwohner verloren. Am Jahresende waren es dann nur noch 3.819 im Minus – übrigens der niedrigste Wert seit 1990, was da und dort auch von der Politik registriert wurde. Ein kleiner Aha-Effekt, hinter dem sich der große Aha-Effekt noch versteckte. Immerhin war ja dann wieder Winter, der übliche Bevölkerungsrückgang des Frühjahrs setzte ein.

Das blieb auch 2014 nicht aus. Von 4.046.385 gezählten Einwohnern aus dem Dezember 2013 fiel erst einmal auf 4.044.537 im März. Was schon auffiel, denn das waren ja nun mal schon über 500 Einwohner mehr als im März des Vorjahres.

Augenscheinlich ist man im Landesamt für Statistik mittlerweile fleißig am Rechnen. In dieser Woche nun hat das Landesamt nämlich auch die neuen Bevölkerungszahlen für den Juni 2014 herausgegeben. 2013 war die Bevölkerungszahl von März bis Juni weiter gefallen. Im Juni hatten dann die erwähnten 4.041.663 zu Buche gestanden.

Für Juni 2014 aber meldet das Statistische Landesamt nun 4.045.543 Einwohner – fast 4.000 mehr als zum selben Zeitpunkt im Vorjahr. Nur gegenüber der Dezemberzahl von 2013 sieht das noch wie ein leichter Rückgang aus von 842 Personen. Im tatsächlichen Jahresvergleich mit dem Juni 2013 war es aber ein Plus von 3.880. Sachsen wächst wieder. Eindeutig. Und die Trendumkehr ist eindeutig im Frühjahr 2014 eingetreten. Was ganz sicher nicht nur in Kamenz, sondern auch in Dresden einiges Kopfzerbrechen bereiten wird. Damit sind die ganzen politischen Märchen von der schrumpfenden Bevölkerung Makulatur, nicht mehr das Kleingeld wert, mit dem sie dem gläubigen Volke verkauft wurden.

Selbst wenn es nur die übliche Bevölkerungsentwicklung wie in der zweiten Jahreshälfte 2013 gegeben haben sollte, muss Sachsen im Dezember 2014 eine Bevölkerungszahl von mindestens 4.051.000 gehabt haben – wahrscheinlich sogar deutlich mehr. Und natürlich sind es vor allem die Großstädte, die weiter zulegen. Leipzig allein hat ja laut Einwohnermelderegister um 12.523 Einwohner zugelegt, was der Stadt zumindest im Melderegister schon einmal eine Einwohnerzahl von über 550.000 beschert hat.

Zur offiziellen Einwohnerzahl gibt es ja bekanntlich die übliche Differenz von über 8.000, so dass Leipzig im Dezember 2014 wohl offiziell die 540.000 überschritten hat.

Für Juni 2014 gibt das Statistische Landesamt Leipzigs Einwohnerzahl nun offiziell mit 535.732 an. Das Tempo von 2 Prozent Bevölkerungswachstum im Jahr wird also locker gehalten. Dresden wächst etwas langsamer, kam im Juni auf 531.982 offizielle Einwohner.

Wenn man das aus dem Melderegister übernommene Zuwachspotenzial einrechnet, könnte für Leipzig zum Dezember 2014 offiziell eine 544.000 dastehen.

Alles Zahlen, die eine deutliche Änderung der Landespolitik bedingen müssten. Übrigens auch in den ländlichen Räumen. Denn auch dort gibt es längst divergierende Entwicklungen: Es gibt auch dort wieder wachsende Räume – vor allem im Einzugsgebiet der drei Großstädte, die völlig andere (Investitions-)Probleme haben als die schrumpfenden Räume an der südlichen und der östlichen Peripherie.

Die neuesten Zahlen aus dem Landesamt für Statistik für Juni 2014 als pdf zum Download.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar