„Verfügbares Pro-Kopf-Einkommen stieg im Jahr 2018 in Sachsen um 3,3 Prozent bzw. 646 Euro“, meldete am Donnerstag, 6. August, das Statistische Landesamt. Das klang erst einmal gut. Denn wenn die Sachsen 2018 mehr Einkommen hatten, mussten sie sich ja weniger vor Armut fürchten, oder? Aber tatsächlich erzählt die sächsische Statistik von einer nicht gerade unwichtigen Entwicklung bei den Beschäftigten – nämlich dem schleichenden Verlust an Selbstständigen.

Das war in den Vorjahren eher nicht das Problem, denn da verschwanden vor allem viele zur Selbstständigkeit Gezwungene aus der Statistik, die seit den Hartz-Reformen bis 2005 versuchten, sich als Einzelunternehmer durchzuschlagen, ohne sich bei der Arbeitsagentur anstellen zu müssen. Meist für ziemlich kärgliche Einkommen.

Aber die Erfahrung, dass man in Sachsen mit einer Gründung ohne Eigenkapital und familiären Rückenwind nicht weit kommt, haben auch ganz normale Gründer und Solo-Selbstständige gemacht. Und seit 2010 begannen auch sie umzudenken und immer mehr entschlossen und entschließen sich, das Experiment zu beenden und sich nicht mehr immer weiter auszubeuten, ohne dabei jemals Land zu sehen oder jenen Stand zu erreichen, da das Unternehmen so fest auf den Beinen steht, dass man endlich auch weitere Beschäftigte einstellen kann.

Das Jahr 2020 wird in dieser Hinsicht noch viel heftiger ausfallen – trotz aller Corona-Hilfspakete für (Solo-)Selbstständige.

Auf den ersten Blick freut das vor allem die Finanzminister, denn wenn Menschen aus der Selbstständigkeit in deutlich besser bezahlte Festanstellungen wechseln, zahlen sie folglich mehr Einkommenssteuern. Auch das war 2018 schon zu sehen.

„Durchschnittlich 20.335 Euro standen rechnerisch im Jahr 2018 jeder sächsischen Einwohnerin und jedem sächsischen Einwohner für Konsum und Sparen zur Verfügung. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht dies einem Anstieg von 3,3 Prozent bzw. 646 Euro“, rechneten die sächsischen Statistiker vor. „Dieser Betrag war für die Sachsen das höchste Plus seit dem Jahr 1994.“

Aber tatsächlich profitierten sie nur von deutlichen Verhandlungserfolgen der Gewerkschaften, die in beiden deutschen Teilen zu Buche schlugen. Mit dem Ergebnis, dass der Zuwachs keine Verringerung des Einkommensabstands zum Westen bedeutete.

„Gemessen am Bundesdurchschnitt 2018 in Höhe von 22.899 Euro je Einwohnerin bzw. Einwohner, lag Sachsen bei 89 Prozent dieses Niveaus bzw. 2.564 Euro darunter“, stellen die Statistiker fest. „Bundesweit stieg das Pro-Kopf-Einkommen um 3,2 Prozent, in den alten Bundesländern (ohne Berlin) ebenfalls und in den fünf neuen Bundesländern mit 2,8 Prozent etwas geringer. Das Verfügbare Einkommen der privaten Haushalte in Sachsen hatte 2018 ein Volumen von fast 83 Milliarden Euro bzw. 3,2 Prozent mehr als im Vorjahr.“

Der Hauptgrund für den Anstieg waren die gestiegenen Löhne.

„Maßgeblich für diese positive Entwicklung war der Anstieg des Primäreinkommens um 3,7 Prozent. Bei den etwas verhaltener gewachsenen monetären Sozialleistungen stand dem Zuwachs bei der Altersversorgung ein Rückgang der Leistungen bei Arbeitslosigkeit gegenüber. Im Bundesdurchschnitt ist das Verfügbare Einkommen um 3,5 Prozent gestiegen, in den alten Bundesländern ohne Berlin 3,6 Prozent und in den fünf neuen Bundesländern 2,7 Prozent“, bilanzieren die Statistiker.

Und sie stellen dann freilich auch die nüchterne Tatsache fest, dass die Sachsen deutlich weniger Eigentum bzw. Vermögen besitzen und schon gar nicht solches, aus dem sich weitere Einkünfte generieren lassen: „Eine ostdeutsche Besonderheit zeigt immer noch die Zusammensetzung des Primäreinkommens. Während der Anteil des Arbeitnehmerentgelts 2018 in Sachsen rund 80 Prozent betrug (fünf neue Länder ebenfalls 80 Prozent), lag dieser Anteil in den alten Ländern bei 75 Prozent. Ursache hierfür sind die niedrigeren Vermögenseinkommen in den neuen Ländern.“

Und während die Selbstständigeneinkommen um 1 Prozent sanken (in Ostdeutschland insgesamt sogar um 3,8 Prozent), stieg das Arbeitnehmerentgeld um 4,2 Prozent.

Was im Ergebnis auch eine Steigerung der Steuerabgaben um 6,3 Prozent bedeutete, was zumindest darauf hindeutet, dass mehr Sachsen aus der Arbeitslosigkeit in eine relativ gut bezahlte Tätigkeit wechseln konnten und auch mehr Selbstständige in eine feste Arbeitsstelle wechselten.

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