Wie viel Geld kann Leipzig im nächsten Jahr ausgeben? Wird es Rekordsteuereinnahmen geben? - Finanzbürgermeister Torsten Bonew ist jedenfalls mit 210 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen sehr mutig an die Sache herangegangen. Die SPD-Fraktion sieht Spielraum, noch was draufzupacken. Mindestens 10 Millionen Euro.

Denn bislang seien – so stellt sie in einem Antrag für den Haushalt 2013 fest – die 18 Millionen Euro Steuernachzahlung der LVV für das Jahr 2011 noch nicht berücksichtigt. Die Summe resultiert aus einer divergierenden Rechtsauffassung von Wasserwerken und Finanzaufsicht für den Abrechenzeitraum 2001 bis 2004, die dazu führte, dass die Wasserwerke eigentlich mehr Steuern hätten zahlen müssen. Sie werden das in den nächsten Jahren bilanziell abstottern. Aber das hat auch Auswirkungen auf die Steuerquote der Stadtholding LVV, die nun jene 18 Millionen Euro als Gewerbesteuer nachträglich abführen muss. Kommt in diesem Fall der Stadt selbst zugute.

Gänzlich will die SPD aber die Summe nicht gleich wieder in neuen Anträgen aufbrauchen. Acht Millionen Euro könnten durchaus wieder in Verkehrsleistungsfinanzierungen fließen, für die die LVV auch als Konzernmutter der LVB zuständig ist, meint Fraktionsvorsitzender Axel Dyck. Fünf Millionen könnten auch noch zusätzlich in die Schuldentilgung fließen.

Es ist ihm anzuhören, dass er recht froh ist, dass die harte Phase der Haushaltskonsolidierungen in Leipzig, die 2005 begann, mittlerweile bewältigt ist. 200 Millionen Euro Schulden konnten im Stadthaushalt abgebaut werden. Seit 2012 hat die Stadt endlich wieder Spielräume, zumindest ein Minimalmaß an Investitionen zu tätigen, die verhindern, dass die Substanz der Stadt weiter aufgezehrt wird.
Die Bandagen sind freilich weiter eng. Vorsichtig hofft er darauf, dass es die Landesdirektion 2013 fertig bringt, den Haushalt der Stadt schon im Mai zu genehmigen. 2012 hat es die Landesdirektion erst wieder im Juni geschafft, obwohl der Leipziger Stadtrat den Haushalt im Dezember beschlossen hatte. Die Folgen kann jeder Leipziger im Stadtbild sehen: Wichtige Aufträge können erst im Sommer ausgelöst werden, da, wo es um Fördergelder des Freistaates Sachsen geht, oft sogar erst im Herbst. Was dann in der Regel zum üblichen Herbst-Baustellen-Chaos in Leipzig führt.

Für 2013 rechnet die SPD-Fraktion nicht mit einem Einbruch der Steuereinnahmen, sieht also die von Torsten Bonew angesetzten 210 Millionen Euro als realistisch an – will den Ansatz aber mit der LVV-Einmalzahlung auf 220 Millionen Euro erhöht wissen. Rund 5 Millionen davon hat sie als Gegenfinanzierung für ihre eigenen Haushaltsanträge benannt. Dazu gehören Anträge zur schnellen Schaffung von Kita-Plätzen, aber auch die Bevorratung mit Grundstücken für künftige Schul- und Kita-Bauten. Denn wirklich strategisch hat sich Leipzig auf den jetzt notwendigen Bau von Schulen und Kindertagesstätten nicht vorbereitet. An wichtigen Brennpunkten fehlen die verfügbaren Grundstücke.

Und eines hat die Umstellung des Haushalts von der alten Kameralistik auf die Doppik auch gezeigt: Gerade Grundbesitz ist in der Bilanz der Stadt der stabilste Wertfaktor. Durch Verkauf städtischer Grundstücke an Private in der Vergangenheit hat man auch städtischen Besitz vermindert. Jahr für Jahr hat man damit auch versucht, zusätzliches Geld für den Haushalt – also für den Verbrauch – zu gewinnen. “Aber wenn man genau hinschaut, kamen dabei nie wirklich sinnvolle Summen zusammen”, schätzt Dyck ein.

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“Grundstücksmanagement ist kein Mittel zur Haushaltskonsolidierung”, heißt es deshalb auch in einem speziellen Haushaltsantrag der SPD-Fraktion. Der will die Verwaltung dazu verpflichten, ab 2014 bei Kauf und Verkauf von Grundstücken künftig einen bilanziellen Vermögensausgleich zu schaffen. Über drei Jahre ist dieser Ausgleich in den Planungen zu schaffen. “Neben der Veräußerung von Grundstücken und Immobilien muss der Fokus auch verstärkt auf Flächenerwerb gelegt werden”, betont der Antrag.

Das ist nicht nur für städtische Schulen und Kindertagesstätten wichtig. Das wird auch immer wichtiger für Gewerbeansiedlungen. In den letzten Jahren hat sich die Stadt darauf fokussiert, neue Unternehmen am Stadtrand, außerhalb der Wohnbebauung anzusiedeln. Was bei Unternehmen mit hohem logistischen Aufwand, großem Flächenbedarf und möglichen Emissionen natürlich sinnvoll ist. “Aber die Potenziale sind da für Leipzig langsam ausgereizt”, sagt Dyck. “Sollten wir nicht viel mehr darauf schauen, auch wieder Gewerbeansiedlungen in der Stadt zu ermöglichen?”

Eine gute Frage. Bei der freilich in der Regel der Partner fehlt. Denn die meisten Industrieimmobilien, die noch bis 1990 genutzt wurden, kamen in den Folgejahren über die Abwicklungsaktivitäten der Treuhand zumeist an neue private Eigentümer, da und dort hat sich die TLG noch ein paar Filetstücke bewahrt. Die Grundstücke sind zu Spekulationsobjekten geworden, stehen also auch nicht zur Förderung der finanziell weniger gut gepufferten heimischen Wirtschaft nicht zur Verfügung. Und auch nicht für eine strategische Wirtschaftsförderung der Stadt.

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