Seit dem 4. März beschäftigt eine Frage der Piratenpartei die Leipziger Stadtverwaltung. Ungeschminkt könnte sie lauten: Werden Leipzigs Stadtangestellte nicht zu gut bezahlt? - In der Stadtratssitzung am 20. März hätten die Piraten ihren Fragenkatalog schon gern beantwortet gehabt. Ihre Vermutung: Die Leipziger Stadtverwaltung tut sich beim Sparen bei sich selbst etwas schwer.

“Die Stadt Leipzig veröffentlichte für das Haushaltsjahr 2011 Personalkosten von insgesamt 300.317.900 Euro”, rechnen die Piraten vor. “Die in Vollzeitäquivalente (VzÄ) umgerechnete Stellenzahl betrug im selben Zeitraum 5782,4 VzÄ. Die Personalkosten enthalten neben den Vergütungen für die einzelnen Beschäftigten sowie den damit zusammenhängenden Versicherungsbeträgen auch weitere Personalausgaben wie Unfallumlage, Honorare (z. B. Dozenten der Volkshochschule) und Zahlungen für ehrenamtliche Tätigkeiten (Stadträte, freiwillige Feuerwehr u. a.) in Höhe von ca. 6 Mio. Euro. In den verbleibenden ca. 294 Mio. Euro sind Mehrausgaben für Altersteilzeit (Aufstockungen) vollständig enthalten.”

Mithin entfielen auf jeden Vollzeitbeschäftigten durchschnittliche Personalkosten (Arbeitgeberanteil) von ca. 51.000 Euro brutto jährlich bzw. 4.250 Euro brutto monatlich. Nach Abzug der Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung verblieben durchschnittlichen Arbeitnehmern Bruttogehälter von ca. 42.000 Euro monatlich bzw. 3.500 Euro monatlich. Dies entspräche einer durchschnittlichen tariflichen Eingruppierung im Bereich der Entgeltgruppe E 12 bei angenommener durchschnittlicher Entgeltstufe 3. Tatsächlich dürfte der Altersdurchschnitt deutlich höher ausfallen, so die Piraten.

Zudem sei davon auszugehen, dass wesentliche Besitzstände aus dem ehemaligen Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) übergeleitet wurden, ohne diese zu korrigieren, vermuten die Piraten. Andere vergleichbar große Kommunen wie Dresden, Chemnitz, Stuttgart, Bochum, Duisburg, Hannover wiesen hingegen deutlich niedrigere Durchschnittswerte auf.

“Nach Auskunft des Städte- und Gemeindetages entfällt jedoch die Hauptbeschäftigtenzahl in Kommunen auf Sachbearbeiter im Bereich der Entgeltgruppen E 5-8. Eine Eingruppierung in den Entgeltgruppen 13-15 setzt zudem zwingend den Abschluss eines wissenschaftlichen Hochschulstudiums (Master) voraus.”

Der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) galt bis 2005 auch in deutschen Kommunen. Er wurde im September durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst abgelöst. Er hat die starke Bindung der Vergütung an das Dienstalter nach BAT gelockert und dafür eine stärkere Vergütung nach Leistung eingeführt. Zumindest war das die groß verkündete Absicht dahinter.
Nun tritt in Leipzig freilich auch ein besonderer Effekt zu Tage: Bis 2005 konnten die Personalausgaben der Stadtverwaltung fast jedes Jahr gesenkt werden. Das war mit einem Personalabbau im Rahmen der Haushaltskonsolidierung verbunden. Von Personalausgaben in Höhe von 310,9 Millionen Euro im Jahr 2000 war dieser Haushaltsposten bis 2005 auf den Wert von 242,6 Millionen Euro gedrückt worden. Seitdem freilich steigt dieser Wert wieder an. Nicht nur, weil mit den wachsenden Aufgaben der wachsenden Stadt auch wieder mehr Verwaltungspersonal benötigt wird, sondern auch wegen mehrerer Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst, die sich im Leipziger Haushalt zuletzt 2012 mit einem Nachschlag von 10 Millionen Euro bemerkbar machten.

Schon ab 2008 wuchsen die Personalkosten der Leipziger Verwaltung auf 269 Millionen Euro, erreichten 2009 die 285,8 Millionen, 2010 dann die 288,3 Millionen. Die 300 Millionen von 2011 wurden dann 2012 ja noch einmal getoppt. Die Ausgaben liegen also wieder auf dem Wert von 2000, haben also binnen sieben Jahren um rund 70 Millionen Euro zugelegt. Vielleicht für eine Stadt mit einem derart engen Haushalt zu viel, vermuten die Piraten.

Und so fragen sie:

“Warum hat die Stadt Leipzig generell und im Vergleich mit ähnlich großen Kommunen derart hohe durchschnittliche Personalkosten bzw. deutlich höhere Eingruppierungen?

Unterfragen 1-3:

Wie verteilen sich die in Vollzeit beschäftigten Mitarbeiter auf die einzelnen Entgeltgruppen sowie Entgeltstufen?
Wie viele in Vollzeit beschäftigte Mitarbeiter sind in der Amtszeit von OBM Burkhard Jung herabgruppiert worden bzw. hätten herabgruppiert werden müssen, weil sie keine ihrer Eingruppierung entsprechende Tätigkeit ausüben?
Wie viele Vollzeit-Mitarbeiter arbeiten auf der Grundlage eines wissenschaftlichen Hochschulstudiums und sieht der Stellenplan überhaupt so viele Akademiker-Stellen vor?

Wir beantragen, die Einwohneranfrage nebst Unterfragen mündlich in der folgenden Ratssitzung zu beantworten und diese öffentlich zu behandeln.”

Wikipedia zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst: http://de.wikipedia.org/wiki/Tarifvertrag_f%C3%BCr_den_%C3%B6ffentlichen_Dienst#Grundz.C3.BCge_des_TV.C3.B6D

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