Es gibt in Leipzig über 100 gemeinnützige Stiftungen. Es gibt auch eine ganz große Stiftung. Über die kaum einer was weiß. Außer die, die drin sitzen und über die Vergabe der Gelder bestimmen. 2011 tauchte sie in den Protokollen des Rathauses zum letzten Mal auf. Jetzt würde die Grünen-Fraktion gern wissen, was diese Stiftung eigentlich so macht.

Die letzten Lebenszeichen gab es im Mai und Juni 2011. Im Mai diskutierte die Dienstberatung des Oberbürgermeisters über eine Satzungsänderung für die Bürgerstiftung Leipzig, bei der auch der Name geändert werden sollte in Leipzigstiftung. Am 31. Mai war das. Dann verschwand das Papier erst mal wieder in der Ablage. Stattdessen bestellte der Verwaltungsausschuss am 1. Juni noch drei neue Mitglieder für den Beirat: Freiherr Wolf-Dietrich Speck von Sternburg, die Kulturamtsleiterin Susanne Kucharski-Huniat und Zoodirektor Dr. Jörg Junhold.

Bestellungen, die auch mit den geplanten Änderungen zu tun hatten, denn die wissenschaftliche Förderung sollte aus dem Stiftungszweck gestrichen werden, dafür die Kultur den neuen wichtigsten Stiftungszweck bilden. Und das mitten in der actori-Diskussion. Das machte damals schon so Manchen munter.

Gefragt hat jetzt aber erst mal die Grünen-Fraktion. Sie findet es so langsam suspekt, dass die Stiftung, die 1992 aus der Zusammenfassung mehrerer älterer Leipziger Stiftungen entstand, partout nirgendwo darüber berichtet, was sie tut.

Die Grünen beantragen deshalb, da es ja nach wie vor eine Stiftung der Stadt ist: “Dem Rat wird jährlich Bericht erstattet über die Aktivitäten der Bürgerstiftung Leipzig, insbesondere über die Verwirklichung des Stiftungszweckes, die Entwicklung des Stiftungsvermögens und die ausgereichten Spenden sind offen zu legen.”

Die Bürgerstiftung entstand aus mehreren Stiftungen und Zustiftungen und wurde 1992 als “Sammelstiftung der Stadt Leipzig” in die “Bürgerstiftung Leipzig” überführt. Dazu wurden die in der Sammelstiftung befindlichen Immobilien der Bürgerstiftung als Rechtsnachfolgerin zugeordnet. 2011 betrug das Immobilien- und Grundstücksvermögen 6,5 Millionen Euro und das Finanzvermögen 6,0 Millionen Euro.

Über die Verwendung der auszuschüttenden Mittel entscheidet allein der Vorstand der Stiftung. Dem Stiftungsbeirat obliegt die Unterstützung und Überwachung des Vorstandes. Dazu wird ihm jährlich durch den Vorstand über die Erfüllung des Stiftungszweckes berichtet. Zum Beirat gehören bis dato auch fünf Mitglieder der Stadtratsfraktionen.

Allerdings sei der Bericht nicht öffentlich einsehbar, kritisieren die Grünen. “Zwar findet sich die Bürgerstiftung vielfältig als Förderin z. B. des Wasserfestes, der Leipziger Notenspur, des ‘Spielgartens Volksmarsdorf’ der Diakonie Leipzig, der Visionale Leipzig, als Sponsor beim Richard Wagner Fest im Jubiläumsjahr 2013. Allerdings ist die Gesamtheit der Tätigkeit nicht zu durchschauen.”Nur eine erkennbar öffentliche Berichterstattung über die Erfüllung der Aufgaben der Bürgerstiftung Leipzig sei akzeptabel, finden die Grünen. “Es handelt sich bei der Bürgerstiftung Leipzig um die große Leipziger Sammel-Stiftung, welche ein über Jahrhunderte zusammengetragenes Vermögen für Leipzig verwaltet und steuert. Der Stadtrat wie auch die Bürgerschaft haben ein absolut berechtigtes Interesse daran, diese Geschäftstätigkeit zu kennen. Gegebenenfalls muss die Geschäftsordnung dafür geändert werden.”

So ein wenig dürfte auch alarmieren, was 2011 in der Satzungsänderung vorgesehen war. Dort sollte zum Beispiel eine Satzungsänderung nicht mehr durch die Ratsversammlung beschlossen werden dürfen, sondern nur noch von der “Stiftungsbehörde” genehmigt werden müssen. Stiftungsbehörde ist aber nicht die Stadt oder ihre Verwaltung, sondern die Landesdirektion Sachsen.

Für 2010 gibt es zumindest eine Zahl: Damals schüttete die Stiftung 175.000 Euro für insgesamt 62 Projekte aus.

Vorgesehen war 2011 auch die Bestellung eines Geschäftsführers. Der dann doch wohl ebenfalls aus den Geldern der Stiftung hätte bezahlt werden sollen.

Die Geschäftsstelle der Bürgerstiftung befindet sich in der Menckestraße 27, also unter der selben Adresse wie die der Medienstiftung der Sparkasse Leipzig. Sie taucht in der Regel dann nur – mit Dank überhäuft – auf den Projektseiten der mit Geld geförderten Vereine und Initiativen auf. Eine eigene Website hat sie nicht, anders als Bürgerstiftungen anderer Städte. Gerade eine Stiftung, die sich für das Gemeinwohl einer Stadt engagiert, sollte doch eigentlich transparent arbeiten, zeigen, was sie tut und warum sie es tut.

Beispiel Bürgerstiftung Stuttgart: www.buergerstiftung-stuttgart.de

Der Beschlusstext von 2011: http://notes.leipzig.de/appl/laura/wp5/kais02.nsf/docid/34218C91DE8625B1C12577930039FC41/$FILE/V-ds-828-text.pdf

Die Satzungsänderungen: http://notes.leipzig.de/appl/laura/wp5/kais02.nsf/docid/34218C91DE8625B1C12577930039FC41/$FILE/V-ds-828-anlage-1.pdf

Stiftungsvermögen 2010: http://notes.leipzig.de/appl/laura/wp5/kais02.nsf/docid/34218C91DE8625B1C12577930039FC41/$FILE/V-ds-828-anlage-2.1.pdf

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