Es läuft so manches nicht zusammen in der Leipziger Stadtverwaltung. Dafür ist der Streit um das Gebäude Saarländer Straße 7 quasi in Laufweite des ersten Bandhauses recht symptomatisch. Während das Kulturamt sich offen zeigt, hier ein zweites Bandhaus für Leipzig unterkommen zu lassen, hat es das Liegenschaftsamt auf die Verkaufsliste gesetzt. Und das ist nicht die erste Frustration bei der Suche nach Proberäumen für Leipziger Bands.

Die Proberaumsituation für (Nachwuchs-)Bands stellt sich in Leipzig seit langer Zeit dramatisch dar. Den um die 300 Bands fehlt es akut an Probemöglichkeiten. 2012 lehnte der Stadtrat einen Antrag der Fraktion Die Linke ab, mit dem zusätzliche Kapazitäten unter anderem in städtischen Liegenschaften erschlossen werden sollten. Damit wurde die Chance vergeben, junge Leute, die sich in ihrer Freizeit selbst organisieren und zur kulturellen Vielfalt dieser Stadt beitragen, strukturell zu unterstützen.

Die Stadtverwaltung sagte im Zuge der Debatte zu, zeitnah und ämterübergreifend Möglichkeiten der Unterstützung der Jugendmusikszene in Sachen Proberäume zu suchen und den Kulturausschuss darüber zu informieren. Gefunden wurde in den zwei Jahren nichts. Es waren wieder die Szeneakteure selbst, die fündig wurden.

“Dass nun die Errichtung eines Bandhauses, an dem die Bandcommunity seit geraumer Zeit in enger Abstimmung mit dem Kulturamt arbeitet, infrage steht, ist nicht hinnehmbar. Ebenso wie die konsequente Nicht-Information des Kulturausschusses”, erklärt zu diesem Vorgang Juliane Nagel, die jugendpolitische Sprecherin der Linksfraktion.

Mit verschiedenen Ämtern hatte sich die Bandcommunity im vergangenen Jahr über die Nutzung eines Teils der städtischen Immobilie in der Saarländer Straße 7 verständigt. Überraschend erfolgte kürzlich durch das Liegenschaftsamt die Information, dass das Haus verkauft werden soll. Zwar könne die Bandcommunity ein Kaufgebot abgeben, eine Nutzung gegen Mietzahlungen steht allerdings infrage.

“Das Verfahren erinnert an den Umgang mit dem geplanten Kreativzentrum in der Friederickenstraße 37 in Dölitz. Während das Kulturamt die städtische Immobilie als Atelier- und Proberaumhaus halten wollte, wurde das Objekt Anfang 2013 auf Initiative des Liegenschaftsamtes verkauft”, stellt Nagel ein Dilemma klar, das in der Leipziger Verwaltung augenscheinlich Methode hat.Die Fraktion Die Linke fordere deshalb Transparenz und das Herbeiführen einer Lösung für ein neues Bandhaus in Leipzig. “Es kann nicht sein, dass die Vorarbeit der Bandcommunity einfach zunichte gemacht wird, weil das Liegenschaftsamt nicht nach links und rechts schaut”, sagt Nagel. “Dieselbe Problematik gibt es derzeit unweit der Saarländer Straße. Das Liegenschaftsamt will das Areal in der Zschocherschen Straße 12, auf dem der alte Felsenkeller (bis vor zirka 2 Jahren genutzt durch den Club Victor Jara), die Stadtteilbibliothek sowie der urbane Garten Anna Linde angesiedelt sind, verkaufen. Der Garten will das Grundstück allerdings weiter nutzen, und aus dem Stadtteil gibt es starke Signale und Ideen für eine soziokulturelle Nutzung des gesamten Areals.”

Mehrere Anfragen allein zum Garten Anna Linde beschäftigen derzeit den Stadtrat.

In der Ratsversammlung am 19. März will sich die Fraktion Die Linke nun mit einer Anfrage an den Oberbürgermeister richten, um die Perspektiven für die Nutzung der Saarländer Straße 7 als Bandhaus auszuloten. Juliane Nagel: “Grundsätzlich tritt die Fraktion für einen verwaltungsintern abgestimmten und transparenten Umgang mit städtischen Liegenschaften ein. Dabei sollten gemeinnützige Nutzungen einen Vorrang vor dem Verkauf erhalten.”

Gleichzeitig läuft seit dem 13. Februar die Petition, die der Bandcommunity Leipzig e.V. ins Leben gerufen hat, um gegen den enormen Mangel an Proberäumen in Leipzig anzugehen. Konkret richtet sich der Antrag an die Stadtverwaltung und zielt auf das ehemalige Schulgebäude in der Saarländer Straße 7 ab, welches die Stadt Leipzig verkaufen möchte.

Nicht nur das Kulturamt war in das Projekt Saarländer Straße 7 eingebunden, sondern auch das Amt für Jugend, Familie und Bildung und sogar das Amt für Liegenschaften – sowohl bei einer Hausbesichtigung als auch bei einem Strategietermin, bei dem bereits tiefgreifende Details besprochen wurden. Da ein Schulprojekt mit in das Haus einziehen sollte, wurde die Eröffnung auf den Beginn des neuen Schuljahres 2013/2014 datiert.

Das Schulprojekt zog sich zurück, der Bandcommunity Leipzig e.V. machte weiter. Mit sofortigem Bezug wären gleich 100 Prozent Auslastung gegeben, da der Bedarf vorhanden ist.

“Seit diesem Tag hörten weder die genannten Ämter, noch der Bandcommunity Leipzig e.V., wie es mit dem Objekt weitergeht – bis der Verein vor kurzem informiert wurde, dass das Haus verkauft werden soll und es ihm frei steht, ebenfalls ein Gebot abzugeben”, sagt Katja Engemann vom Bandcommunity e.V.

Das Gebäude in der Saarländer Straße 7 bietet etwa 60 Räume und befindet sich nur wenige Minuten vom Bandhaus entfernt, das vom Bandcommunity Leipzig e.V. in der Saarländer Straße 17 betreut wird. Dieses Gebäude betreibt der Verein seit Juli 2010. In den 34 Proberäumen haben etwa 50 Bands eine regelmäßige Möglichkeit zum Musizieren gefunden. In den letzten zwölf Monaten erreichten den Verein über 120 Proberaumanfragen, so Engemann, der eigentliche Bedarf liege weit darüber.

Die Petition: www.openpetition.de/petition/online/gegen-den-verkauf-des-potentiellen-bandhaus-2-0-in-der-saarlaender-str-7

www.bandcommunity-leipzig.org

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar