Seit Dienstag, 4. Februar, ist jetzt so ziemlich klar, was sich die Stadt Leipzig in der zweiten, der Überarbeitungsphase für das Freiheits- und Einheitsdenkmal geleistet hat. Das Oberlandesgericht in Dresden gab den Wettbewerbssiegern ANNABAU / M+M Recht in ihrer Klage, dass dieser Teil des Wettbewerbs nicht mehr rechtskonform stattgefunden hat. Alles wird zurückgesetzt. Zumindest auf den Stand vom April 2013.

Die offizielle Entscheidungsverkündung ist zwar erst am 25. Februar – aber der Vorsitzende Richter Frank Bastius hatte am 4. Februar schon sehr klar aufgezeigt, was aus seiner Sicht im Verfahren nicht akzeptabel war. Dazu gehört die Tatsache, dass es im Bewertungsverfahren keine transparenten Bewertungsvorgaben der Jury gab. Die Jury, die 2012 die drei Wettbewerbspreisträger gekürt hatte, hatte für die Überarbeitung der drei Entwürfe klare Vorgaben gemacht. Diese Vorgaben hätten auch in der nachgeschalteten Bewertungsrunde transparenter Maßstab sein müssen – doch statt dessen habe die Stadt eigene Bewertungsmaßstäbe eingebracht.

Das geht nicht, befand der Richter. Der Wettbewerb kann nicht einfach mit neuen Maßstäben, die dann vielleicht gar dem Lieblingskandidaten der Verwaltung bessere Chancen einräumen, fortgeführt werden. Er benutzte das schöne Bild von der “Bergwertung bei der Tour de France”. Auch da wird die Jury nicht einfach ausgetauscht, bloß weil es in den Berg geht.

Heißt auch: Man kann nicht einfach das Schiedsrichtergremium austauschen. Was nun wohl heißt: Alle drei Preisträger können ihre Entwürfe jetzt noch einmal überarbeiten und dann entscheidet die ursprüngliche Jury – aufbauend auf ihrer Entscheidung von 2012 – über die überarbeiteten Entwürfe.

Die Stadt Leipzig sah in ihrem Vorgehen keinen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln. Aber selbst der CDU-Fraktion geht dieser Eiertanz der Stadtverwaltung mittlerweile zu weit. Denn auch wenn die Leipziger gegenüber Wettbewerb und Denkmalsidee große Skepsis zeigten, muss ein solcher Wettbewerb – wenn man ihn denn einmal startet – regelkonform und vor allem transparent ablaufen. Nichts hat dem Gedanken eines Freiheits- und Einheitsdenkmals in Leipzig so geschadet wie der Versuch der Verwaltung, das Wettbewerbsergebnis politisch hinzubiegen, “bis es passt”.Am Freitag, 7. Februar, hat die CDU-Fraktion deswegen eine umfangreiche “Dringliche Anfrage” ins Verfahren gegeben.

Darin geht es um klare Bewertungskriterien, die der Stadtrat beschließen soll.

Und es geht um die Haltung der Verwaltung zum Denkmal an sich. Wollte sie überhaupt eins? Oder ging es die ganze Zeit nur um eine gestaltete Platzfläche? – Im Text der CDU-Anfrage: “Der bisherige Umgang der Verwaltung mit dem Thema Freiheits- und Einheitsdenkmal erweckte zunehmend den Eindruck, der Verwaltung gehe es weniger um das Denkmal an sich, sondern vor allem um Fördermittel für eine nach Fertigstellung des City-Tunnels ohnehin notwendig werdende Platzgestaltung. Die Mittel von Bund und Land sind aber bekanntlich nicht zur Gestaltung einer innerstädtischen Brachfläche gedacht. Wie wird in den notwendigen Überarbeitungskriterien klargestellt und abgesichert, dass die Wettbewerbsaufgabe ein als solches wahrnehmbares Denkmal zu Ehren eines historischen Ereignisses ist, und eben keine Platzgestaltung ? Wie wird in diesem Sinne die räumliche Einordnung überarbeitet?”

Auch der Ankauf von weiteren Grundstücken durch die Stadt wird von der CDU hinterfragt. Und die Rolle des Kulturbürgermeisters Michael Faber (Die Linke): “Das Gerichtsurteil zeigt eindeutig, dass der bisher federführende Kulturbürgermeister mit dieser politisch sensiblen Aufgabe überfordert ist”, heißt es in der Anfrage. “Welche Konsequenzen zieht der Oberbürgermeister aus dieser offensichtlichen Überforderung? Wird er das weitere Verfahren zum Freiheits- und Einheitsdenkmal selbst in die Hand nehmen (vergleichbar der Zuständigkeitsregelung für die Eigenbetriebe Kultur)?”

Und die CDU-Fraktion sieht auch die Gefahr, dass das jetzige Wettbewerbsverfahren komplett scheitert. Denn es ist ja nicht gesagt, dass die Stadt all die Fehler, die in der Wettbewerbsphase von April bis Juli 2013 gemacht wurden, jetzt noch reparieren kann.

“Nach der bisherigen Vorgeschichte lässt es sich nicht mehr ausschließen, dass das jetzige Vergabeverfahren mit den 3 Siegerentwürfen zugunsten eines kompletten Neustarts abgebrochen wird, ähnlich wie dies auch in Berlin erfolgte”, stellt die CDU-Fraktion in ihrem Antrag fest. Und fragt: “Wie hoch waren in einem solchen Fall die Kosten, die auf die Stadt zukamen? Würden die Bundes- und Landesmittel auch für ein völlig neues Wettbewerbsverfahren (ähnlich wie in Berlin) zur Verfügung stehen?”

Und da die Gerichtsentscheidung am 25. Februar bekannt gegeben wird, herrsche natürlich Dringlichkeit. Das Zögern und Aussitzen nach dem Entscheidungsdebakel im Juli 2013 hat der Stadt gar nichts gebracht – außer erwartbaren Ärger und Gerichtskosten. ANNABAU / M+M haben Recht bekommen in ihrer Forderung nach einem transparenten, regulären Wettbewerb.

Die geplante Grundsteinlegung am 9. Oktober 2014 kann sich die Stadtverwaltung aber wohl schon mal abschminken.

Die Dringliche Anfrage der CDU-Fraktion als PDF zum download.

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