Der Offene Brief namhafter Persönlichkeiten vom 28. Februar zeigt Wirkung. Nachdem das Dresdner Gericht klären musste, ob der Wettbewerb um das Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal überhaupt noch rechtskonform lief, hatten namhafte Persönlichkeiten aus ganz Deutschland einen Neustart des Leipziger Wettbewerbs gefordert. Nun dreht sich der Wind auch bei einem Jurymitglied. SPD-Fraktionsvorsitzender im Stadtrat, Axel Dyck ist für einen kompletten Neuanfang für die gesamte Denkmalsidee.

Zwar verteidigt Leipzigs Kulturbürgermeister Michael Faber (Die Linke) nach wie vor das gewählte Verfahren. Aber zu viele Fehler wurden schon in de Frühphase des Wettbewerbs gemacht. Nicht ohne Grund können sich nur wenige Leipziger mit dem Wettbewerb und seinen Ergebnissen identifizieren. Mahnungen an die Verwaltungsspitze gab es genug, die Leipziger von Anfang an enger einzubinden. Doch was als Beteiligung passierte, war eher Alibi. Nun positioniert sich auch der Vorsitzende de SPD-Fraktion im Leipziger Stadtrat, Axel Dyck, neu, indem er den derzeitigen Stand der Dinge nach dem Dresdner Urteil vom 25. Februar beschreibt.

“Der Weg zu einer wahrscheinlich vorzeitigen Beendigung des gegenwärtigen Verfahrens wurde meines Erachtens in dem Moment vorgezeichnet, als Gerichte angerufen wurden. Die Würde des Themas “Freiheit und Einheit” verbietet aus meiner Sicht, dass Gerichte hierzu das letzte Wort haben. Deshalb ist für mich das Scheitern gegeben. Darüber bin ich traurig und enttäuscht”, so Dyck.
Damit sieht der SPD-Fraktionsvorsitzende im Leipziger Stadtrat das Verfahren als gescheitert und setzt auf einen Neuanfang. So fühle er sich “… als Stadtrat, als seit dem Herbst 1989 politisch aktiver Mensch und als stellvertretendes Jurymitglied verantwortlich, dieses Scheitern öffentlich einzugestehen.” Der gesamte Wettbewerbsprozess ist ihm offenbar auch zu früh auf die Platzwahl und damit auch auf die weitere Ausgestaltung ausgerichtet. Ein Umstand, welcher alle folgenden Schritte maßgeblich beeinflusste.

Denn, so Dyck, wenn das Thema Freiheit und Einheit die übergeordnete Denkmalsidee sein solle, dann spielt die Platzwahl nicht die wichtigste Rolle. “Der städtisch brachliegende Raum Wilhelm-Leuschner-Platz als Chance für das Denkmal konnte hierbei nicht ausreichend vermittelt werden.”

Im Gegensatz zur Haltung von Michael Faber und seit Neuestem auch des sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (CDU), welcher im bisherigen Widerstand einen Streit um das Gefallen oder Missfallen von Architektur sieht, ist für Dyck, wie auch für Bürgerinitiative und weitere Gegenstimmen die eigentliche Dimension eine andere: “Das größte Defizit und damit auch die schwierigste Aufgabe für die Zukunft sehe ich allerdings in der Schaffung einer positiven Stimmung für ein Denkmal. Das haben die Initiatoren der ursprünglichen Denkmalsidee leider seit 2007 verpasst und nicht geleistet oder nicht leisten können.”
Womit man wieder bei der Frage angekommen wäre, welche wohl noch so manchen städtischen Entwicklungsprozess begleiten wird: Wie bezieht man nun eigentlich den Bürger in städtische Prozesse so ein, dass der vielstimmige Chor Leipziger Interessen am Ende geglückte Ergebnisse fördert?

Eine Aufgabe, welche Axel Dyck bei der zweiten Runde des für ihn gescheiterten Denkmalsbaus mit einigen Fragezeichen versieht und offenbar gern der Bürgerinitiative “Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal” andienen würde.”Um das schon einmal vorweg zu sagen: Ich bin für ein Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal. Dennoch halte ich zum jetzigen Zeitpunkt eine Umsetzung dieses wichtigen Vorhabens zur Erinnerung an die Friedliche Revolution von 1989 für nicht möglich. Das wird wahrscheinlich auch längere Zeit der Fall sein.

Die Ursachen für das Scheitern sind aus meiner persönlichen Sicht mannigfaltig. Es gibt darum keinen Adressaten für eine Schuldzuweisung. Deshalb ist es auch für niemanden ehrenrührig, das Scheitern einzugestehen. Ich tue es, gerade weil ich von Anfang an ein Befürworter der Denkmalsidee war und heute noch bin. Und deshalb fühle ich mich aber als Stadtrat, als seit dem Herbst 1989 politisch aktiver Mensch und als stellvertretendes Jurymitglied verantwortlich, dieses Scheitern öffentlich einzugestehen.

Aus meiner Einschätzung sind folgende Ursachen und Fragen auch mit Blick in die Zukunft und mit Blick auf eine zweite Chance aber besonders hervorzuheben: Für die Ereignisse rund um die Nikolaikirche bis einschließlich des 9. Oktober steht der Nikolaikirchhof mit Säule, Brunnen und Pflasterinstallation für sich. Das muss auch so bleiben. Das Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal soll aber den Blick über den, für unsere Stadt so wichtigen und hoffentlich auf Dauer im Bewusstsein unserer Stadt verankerten 9. Oktober hinaus, auf die dramatischen revolutionären Ereignisse und Ergebnisse des Herbstes 1989 – und zwar nicht nur in Leipzig – öffnen. Hier liegen die ersten Missverständnisse und Konflikte.

Wenn das Thema Freiheit und Einheit aber die übergeordnete Denkmalsidee sein soll, dann spielt die Platzwahl nicht die wichtigste Rolle. Der städtisch brachliegende Raum Wilhelm-Leuschner-Platz als Chance für das Denkmal konnte hierbei nicht ausreichend vermittelt werden.

Das Ergebnis des Wettbewerbes mit den drei bekannten prämierten Platzierungen ist letztendlich das Ergebnis der sehr komplexen künstlerischen Aufgabenstellung und des durch die Geldgeber für das Denkmal, Bund und Freistaat, gewählten Wettbewerbsverfahrens. Das muss akzeptiert werden. Wer heute ein neues Verfahren fordert, dem muss klar sein, dass dafür auch eine Beschreibung und entsprechende Regeln notwendig sind. Nur gegen etwas zu sein reicht nicht, es muss auch formuliert werden, für was man ist. Werden dann alle Beteiligten mit dem Ergebnis zufrieden sein? Und wer darf eigentlich mitbestimmen und nach welchen demokratisch legitimierten Regeln?

Das größte Defizit und damit auch die schwierigste Aufgabe für die Zukunft sehe ich allerdings in der Schaffung einer positiven Stimmung für ein Denkmal. Das haben die Initiatoren der ursprünglichen Denkmalsidee leider seit 2007 verpasst und nicht geleistet oder nicht leisten können. Kann dies bei einem neuen Verfahren geleistet werden? Steht dafür die Bürgerinitiative Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal mit aller Konsequenz ein? Ich würde mich freuen, wenn das so wäre.

Der Weg zu einer wahrscheinlich vorzeitigen Beendigung des gegenwärtigen Verfahrens wurde meines Erachtens in dem Moment vorgezeichnet, als Gerichte angerufen wurden. Die Würde des Themas “Freiheit und Einheit” verbietet aus meiner Sicht, dass Gerichte hierzu das letzte Wort haben. Deshalb ist für mich das Scheitern gegeben. Darüber bin ich traurig und enttäuscht.

Nicht vergessen darf man aber auch, dass es vermeintliche Kritiker hinsichtlich des Wettbewerbsergebnisses, der Platzwahl und der Öffentlichkeitsbeteiligung gibt, die eigentlich etwas ganz anderes wollen – nämlich kein Denkmal für “Freiheit und Einheit”. Aus welchen Gründen auch immer. Diese Meinungen dürfen sich aber aus meiner Sicht nicht dauerhaft durchsetzen, sonst ist die Denkmalsidee für alle Zeiten gestorben und damit würde für künftige Generationen ein Stück Leipziger und deutscher Erinnerungskultur fehlen.”

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