Leipzigs Polizeipräsident Bernd Merbitz sprach heute auf dem „Regionalforum Extremismus“ über das Lagebild bezüglich politisch motivierter Kriminalität und gab dabei einen Ausblick auf die polizeilichen Einschätzungen zu den Demonstrationen am Mittwoch, den 21. Januar. Merbitz sprach dabei vom größten Polizeieinsatz, den Leipzig bisher je gesehen hat und warnte davor zu Blockaden aufzurufen. Bezüglich der Auflagen seitens der Stadt gibt es noch keine Neuigkeiten, dafür hat sich ein weiterer Redner bei "Legida" angekündigt.

Die aktuelle Situation um die Pegida- und Legida-Demonstrationen geht auch an der Polizei nicht spurlos vorbei: „Momentan liegen bei uns die Nerven blank“ begann der Leipziger Polizeipräsident Bernd Merbitz in einer sehr langen Darstellung die aktuelle Lageeinschätzung zur politisch motivierter Kriminalität in Leipzig. Er spiegelt damit auch die aktuelle Verfassung der sächsischen Polizei wieder, die seit Wochen aufgrund der Massendemonstrationen in Dresden und Leipzig quasi im Dauereinsatz ist. Gerade in Hinblick auf die vergangen Angriffe auf Polizeibeamte und -einrichtungen in Leipzig durch eine „Horde von Kriminellen“ sprach er von scheinbaren „rechtsfreien Räumen“:

„Dass war sich hier im linkextremistischen Bereich abspielt, sucht seines gleichen“, so Merbitz. Es sah jedoch auch positive Zeichen durch einige innerlinke Gegenstimmen, die aufgrund des Überfalls auf den Polizeiposten in Connewitz in der letzten Wochen laut wurden. „Freie Republik Connewitz: Nicht mit mir“, erteilte Leipzigs Polizeipräsident den Wünschen eines Verschwindens des Polizeipostens in der Wiedebachpassage eine Abfuhr.

Es war daher zu erwarten, dass am morgigen Mittwoch mit einem größeren Polizeiaufgebot zu rechnen ist. Polizeipräsident Merbitz schaffte nun Klarheit: 44 Hundertschaften, also sicher über 4.000 Einsatzbeamte (eine Hundertschaft besteht aus 80 bis 120 Beamten) aus dem gesamten Bundesgebiet werden für den Mittwoch aufgefahren, um die Friedlichkeit der verschiedenen Versammlungen abzusichern. „Es ist der größte Polizeieinsatz, der in Leipzig je durchgeführte wurde“ doch die Aufgabe der Polizei sei es, das Versammlungsrecht durchzusetzen. Er warnte vor dem Aufruf zu Blockaden. Allerdings scheint es noch ein gewisses Schlupfloch zu geben: „Wir werden es so umsetzen, wie es die Bevölkerung verlangt“, so Merbitz in seinen Ausführungen. Logisch letztlich, denn friedliche Blockaden sind keine Straftaten.

Denn auch eine friedliche Blockade ist in gewissem Rahmen erlaubt und eine Beräumung derselben durch das Wegtragen der Demonstranten kann Stunden in Anspruch nehmen. Was wiederum Polizeikräfte binden und den Demonstrationszug von „Legida“ erschweren könnte. Diesem stünde dann die Wahl einer Alternativroute oder je nach Lage eine stationäre Kundgebung zur Verfügung.

In einem durchaus kritischen Ton, auch gegenüber der Landesregierung, sah der Polizeipräsident die Polizei in einer gewissen „Sandwichfunktion“. Richtung Pegida hieß es: „Es tut sich auch in diesen Reihen etwas“, so Merbitz zu den jüngsten Entwicklungen der Pegida-Bewegung in Dresden und spielte damit ebenfalls auf die fremdenfeindlichen Einstellungen in der Pegida-Bewegung an. Dennoch mahnte er dazu, „Vorsicht bei der sofortigen Bewertung“ walten zu lassen. Gleichzeitig bestätigte heute der Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz Sachsen, Gordian Meyer-Plath, dass die Pegida-Legida-Aktivitäten zur Zeit nicht beobachtet würden. Nach seiner Einschätzung sei diese jedoch für rechtextremistische Einstellungen anschlussfähig.

Man müsse sich mit dem Phänomen auseinandersetzen, rief der Leipziger Polizeipräsident auf und dürfe dabei aber auch nicht auf „Kuschelkurs“ gehen. „Es kann nicht sein, dass Asylbewerber wie Verbrecher behandelt werden“ sagte Merbitz lautstark und verlieh damit neben der Hoffnung nach einem friedlichen Verlauf am Mittwoch einer weiteren Ausdruck. Dass sich Zustände der frühen 90iger Jahre, in denen es zu rassistischen Pogromen gekommen war, nicht wiederholen.

Unterdessen stehen die genauen Auflagen seitens des Ordnungsamtes der Stadt Leipzig für den morgigen Tag für die „Legida“-Versammlung noch aus. Ungewissheit herrscht zugleich über die Gegenveranstaltungen. Legida möchte ab 18.30 Uhr vom Augustusplatz aus über den Innenstadtring ziehen. Das zivilgesellschaftliche Bündnis “Leipzig nimmt Platz” hat zahlreiche Kundgebungen entlang der Aufmarschroute angemeldet. Die Initiative hofft, den Legida-Aufmarsch mit friedlichen Sitzblockaden verhindern zu können.

Die Stadtverwaltung äußerte sich bis 14.30 Uhr nicht zum morgigen Versammlungsgeschehen. Deshalb ist nach wie vor unklar, welche der rund 25 geplanten Veranstaltungen tatsächlich stattfinden werden.

Während Parteien, Gewerkschaften und Kulturschaffende die Leipziger zum Gegenprotest aufrufen, ist die Redner-Liste der Legida-Kundgebung um einen prominenten Namen gewachsen. Am Dienstag teilte Götz Kubitschek mit, bei der Veranstaltung als Redner aufzutreten. Der Verleger gilt als ein intellektueller Vordenker der Neuen Rechten. Bei der Kundgebung soll außerdem der überregional bekannte Querfrontaktivist Jürgen Elsässer auftreten.

Die Leipziger Verkehrsbetriebe weisen seit Dienstag darauf hin, dass der Innenstadtring zwischen 14 und 22 Uhr von Bussen und Bahnen nur eingeschränkt befahren werden kann. Das Unternehmen rechnet mit “erheblichen Beeinträchtigungen”, die sich auch auf angrenzende Stadtteile erstrecken werden. Autofahrer müssen sich im genannten Zeitraum ebenfalls auf Behinderungen einstellen.

 

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