Seit März 2015 wird über eine Gesundheitskarte für Asylbewerber in Sachsen diskutiert. Eigentlich könnte der Freistaat das Thema mit einer einheitlichen Regelung für das ganze Land und entsprechenden Verträgen mit einzelnen Krankenkassen regeln. Aber auch bei diesem Thema kommt das Land nicht aus der Mauerpolitik heraus. Und eine Stadt wie Leipzig kommt nicht weiter, auch wenn man der Sache aufgeschlossen gegenüber steht.

Und das Jahr 2015 hat das Thema ja nicht erledigt. Im Gegenteil. Das komplette Frühjahr 2015, als viele Dinge in der Flüchtlings- und Asylthematik mit ein paar klaren Beschlüssen hätten geklärt werden können, wurde völlig vertrödelt – beim Thema Erstaufnahmeeinrichtungen genauso wie beim Thema Gesundheitsversorgung für Asylbewerber.

Und so blieb auch den Grünen im Leipziger Stadtrat nur die Möglichkeit nachzufragen, was draus geworden ist. „Seit Januar stehen die Krankenkassen in der Pflicht, eine Gesundheitskarte für Flüchtlinge herauszugeben, wenn sich das Bundesland dazu entschließt“, schrieben sie in ihrer Anfrage. Das Land – siehe oben – kniff und verweigerte den logischen Schritt, bezahlt dafür lieber happige Taxikosten, wenn die Betroffenen dann doch zum Arzt müssen.

Und Leipzig steckt zwischen Baum und Borke und kommt aus dem Prüfmodus nicht heraus, wie das Sozialdezernat nun auf die Nachfrage der Grünen-Fraktion hin mitteilt.

„Wie sind die bisherigen Ergebnisse der Prüfung zur Übernahme der Krankenbe­handlung von Leistungsberechtigten nach den §§ 1, 1a des Asylbewerberleistungs­gesetzes (AsylbLG)?“

„Die Prüfungen und Bewertungen zur Einführung einer Versichertenkarte sind noch nicht abgeschlossen.“

Da ja nichts passiert ist, war die Antwort so auch zu erwarten. Aber die Grünen wollten auch wissen, ob denn nun Leipzigs Stadtspitze auch wenigstens ein bisschen Druck ausübt auf eine Landesregierung, die einfach nicht gewillt ist, das Notwendige zu entscheiden.

„Steht der OBM diesbezüglich in Kontakt mit dem Land Sachsen inwieweit ist eine sachsenweite Lösung in der Zukunft möglich?“, fragten die Grünen.

Aber eigentlich ist die Lage noch immer so belämmert wie im März 2015.

„Die Landesregierung des Freistaates Sachsen hat nach der Beschlussfassung zum Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz entschieden, dass es keine einheitliche Lösung für die Einführung einer Versichertenkarte für Asylbewerber in Sachsen geben wird. Den Kommunen und Landkreisen wurde die Möglichkeit eigener Lösungen eingeräumt“, antwortet das Sozialdezernat. Aber genau da wird es kompliziert. Denn die meisten Krankenkassen fassen sich nur an den Kopf, wenn sie nun mit jeder einzelnen Kommune Extra-Verträge abschließen sollen. Ein positives Signal gab es nur für die Landesebene: „Die AOK Sachsen steht dem Abschluss einer Vereinbarung für eine Versicherungskarte für Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz offen gegenüber, wenn diese Regelung einheitlich für ganz Sachsen getroffen wird und alle gesetzlichen Krankenversicherungen in diese Vereinbarung einbezogen werden.“

Kleine Hoffnung, dass vielleicht auf Bundesebene eine Lösung gefunden wird: „Auf Bundesebene wird derzeit durch die kommunalen Spitzenverbände und den GKV-Spitzenverband eine Bundesrahmenempfehlung zur Übernahme der Krankenbehandlung für Leistungsberechtigte nach §§ 4 und 6 des Asylbewerberleistungsgesetzes verhandelt. Die Stadt Leipzig bringt sich in diese Diskussion trotz der bislang bestehenden sächsischen Vorbehalte ein.“

Denn dieser Empfehlung müsste Sachsen ja dann wieder zustimmen.

Aber ist die augenscheinlich vom Thema völlig überforderte Tillich-Regierung überhaupt bereit, ihre Meinung in diesem Punkt zu korrigieren? Immerhin ist die dortige Entscheidung eng mit einem unübersehbaren Kontrollzwang verbunden. Man traut einer ordentlichen Registrierung mit Gesundheitskarten nicht über den Weg und will lieber das hochgradig bürokratische System der Krankenscheine aufrechterhalten. Als hätte man Unmengen freier Kapazitäten in der Landesbürokratie.

Also bleibt die logische Frage: „Welchen Weg sieht die Verwaltung auch gegen eine Entscheidung auf Landesebene, die bisherige Praxis der Vergabe von Krankenscheinen durch das Sozialamt in Leipzig für Ärzte und Patienten zu erleichtern und zu vereinfachen?“

Aber Leipzigs Sozialbürgermeister rechnet nicht mit einer irgendwie vereinfachten Bürokratie. Für Sozialbürgermeister Thomas Fabian kann es nur einen Weg geben: Gesundheitskarten für alle registrierten Asylbewerber.

Oder im Originaltext der Antwort aus dem Sozialdezernat: „Die Verwaltung prüft die Ergebnisse aus der Einführung von Versichertenkarten in anderen Bundesländern und Städten. Ein möglicher Lösungsvorschlag zur Einführung in Leipzig wird bis zur Sommerpause 2016 erarbeitet.“

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