Nun ja, auch das Jahr 2007 ist schon eine Weile her. Seitdem ist es still geworden um das Thema Bürgerhaushalt, also ein gewisses Finanzbudget, über das die Leipziger selbst mitbestimmen können, wofür es verwendet wird. Die Linksfraktion holt das Thema jetzt wieder aus der Versenkung.

Denn Steffen Wehmann, der haushaltspolitische Sprecher der Linksfraktion, hält es für wichtig. „Zahlreiche Kommunen und Landkreise der Bundesrepublik experimentieren seit Längerem mit partizipatorischen Instrumenten der Verteilung ihrer finanziellen Mittel. Trotz unterschiedlichster Erfahrungen zeigt sich dabei, dass Bürgerhaushalte geeignet sind, kommunale Verteilungsregularien transparenter und bürgernäher zu gestalten“, sagt der Stadtrat.

Und es ist ja nicht nur eine Idee, die mal aus den Fraktionen kommt. Auch die „Leipziger Agenda 21“, die jetzt „Forum Nachhaltiges Leipzig“ heißt (das merke sich mal einer), schlägt die Einführung so eines Instruments immer wieder vor. Denn Stadtpolitik wird für die Bürger erlebbar, wenn sie über manche Dinge direkt mitentscheiden können.

Es gehört also auch Transparenz und echte Bürgerbeteiligung dazu. Das ist der Haken bei der Sache. Nicht nur, weil die Ratsversammlung mit Recht darauf pocht, dass sie eigentlich das Gremium ist, das über den Haushalt entscheidet, sondern weil sich viele Leipziger Ämter auch seit Jahrzehnten eingemauert haben und gelernt haben, wie man Bürgerbeteiligung verhindert oder – das ist die beliebtere Form derzeit – „in die gewünschten Bahnen“ moderiert.

Es sind zwei Seiten einer Medaille. Und sie liegen mehr oder weniger beide auf Eis bzw. im Argen.

Steffen Wehmann: „Der Leipziger Stadtrat hatte bereits 2007 beschlossen, schrittweise größere Teile der Bevölkerung im Zuge der Erarbeitung eines Bürgerhaushaltes einzubeziehen. Praktikable Fortschritte sind seitdem jedoch nicht erreicht worden. Vergleichbare Kommunen weisen indes deutliche Fortschritte auf diesem wichtigen Feld der Bürgerbeteiligung aus. So konnte z. B. Stuttgart im vergangenen Jahr fast zehn Prozent der Bürgerinnen und Bürger, ca. 52.000, einbeziehen.“

Ganz verschwunden war die Idee nie. Sie wurde vor allem von den Stadtbezirksbeiräten immer wieder aufgegriffen, denn sie sind natürlich ein Gremium, das politische Entscheidungsfindungen bis in die Wohnquartiere der Bürger bringt. Hier werden alle den Stadtteil betreffenden Ratsvorlagen diskutiert und Empfehlungen formuliert.

Und immer wieder wird auch in der OBM-Runde mit den Dezernenten darüber diskutiert, den Stadtbezirksbeiräten (ganz ähnlich wie den Ortschaftsräten) eigene Budgets zuzuweisen, sodass auf Stadtteilebene entschieden werden kann, ob das Geld zum Beispiel in einen neuen Spielplatz fließt oder davon ein neues Stück Radweg gebaut wird. Denn groß können die Budgets nicht sein. Das verhindert ja schon die Klammheit des gesamten Leipziger Haushalts. Aber die Budgets müssen groß genug sein, dass die Bürger auch sehen können, was sie mitentschieden haben.

Vor diesem Hintergrund hat die Linksfraktion einen Antrag ins Verfahren des Stadtrates eingebracht, mit dem die Bemühungen der Stadtverwaltung zur Erarbeitung eines Bürgerhaushaltes aktiviert werden sollen.

Und eine gewisse Frist setzt die Fraktion auch: „Bis spätestens zum 30. Dezember 2019 soll die Verwaltung dem Stadtrat ein Konzept zur Einführung eines Bürgerhaushaltes analog der Stadt Stuttgart zur Beschlussfassung vorlegen. Es soll in Zusammenarbeit mit dem Stadtrat erarbeitet werden. Dieses Konzept soll mit und im Doppelhaushalt 2021/2022 verbindlich umgesetzt werden.“

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