„Beachten Sie bitte außerdem, dass Ihre Ideen und Urteile einen Mehrwert für die gesamte Stadtgesellschaft bieten – sozial, kulturell, ökologisch oder stadtplanerisch. Zudem sollte Ihr Vorschlag ein Volumen von mindestens 20.000 Euro im Haushalt beanspruchen. Für kleinere Ideen empfehlen wir das Stadtbezirksbudget“, schrieb das Finanzdezernat als Empfehlung für die Vorschläge zum Bürgerhaushalt, den Leipzig 2023 erstmals bekommen wird. 15.000 Leipziger/-innen haben über die Vorschläge nun abgestimmt.

Und man staunt: Die favorisierten Vorschläge kommen einem allesamt sehr vertraut vor. Es sind alles Themen, mit denen sich der Leipziger Stadtrat in den vergangenen Jahren schon beschäftigt hat. Teilweise gibt es dafür schon Konzepte, teilweise sogar Maßnahmepläne. Aber gleichzeitig bestätigt das Abstimmungsergebnis, dass deutlich mehr getan werden müsste aus Sicht der Einwohner.

ÖPNV, Toiletten, Fotovoltaik

Und das geht schon mit dem Vorschlag los, der den meisten Zuspruch bekam: Vom neuen Doppelhaushalt wünschen sich die Leipzigerinnen und Leipziger vor allem, dass der öffentliche Personennahverkehr kostengünstiger wird, mehr öffentliche Toiletten gebaut werden und Fotovoltaikanlagen auf öffentlichen Gebäuden entstehen.

Die sechs erstplatzierten Vorschläge für den Bürgerhaushalt. Grafik: Stadt Leipzig, Screenshot: LZ
Die sechs erstplatzierten Vorschläge für den Bürgerhaushalt. Grafik: Stadt Leipzig, Screenshot: LZ

So geht es aus der Online-Abstimmung zu den Vorschlägen von Bürgerinnen und Bürgern hervor, die jetzt beendet ist. Die Top 10 der Vorschläge mit den meisten Stimmen sowie alle weiteren Ergebnisse sind ab sofort online zu finden unter www.leipzig.de/buergerhaushalt.

„Danke an alle, die Ihre Ideen und Vorschläge eingebracht, abgestimmt und aktiv am Verfahren teilgenommen haben“, kommentiert Finanzbürgermeister Torten Bonew das Abstimmungsergebnis.

„Mit erstem Blick auf die Top 10 Bürgervorschläge denke ich, dass wir mit den jetzigen Ergebnissen durchaus zufrieden sein können. Das Bürgerbeteiligungsverfahren möchte ich auch für die nächsten weiteren Doppelhaushalte durchführen, ausbauen und verbessern. Jede aktive Mitbestimmung stärkt den öffentlichen Diskurs miteinander und wirkt sich positiv auf unsere Stadtgesellschaft aus.“

Bei der ersten Online-Abstimmung zum Leipziger Bürgerhaushalt unter dem Motto „Möchten Sie Leipzig mitgestalten?“ waren rund 300 Vorschläge von Bürgerinnen und Bürgern eingegangen. Nach Prüfung der Stadtverwaltung wurden 15.000 zufällig und repräsentativ ausgewählte Leipzigerinnen und Leipziger angeschrieben, diese haben in den vergangenen Wochen anonym und online über die Vorschläge abgestimmt – sodass nun die Top 10 feststehen.

Bürgerkonferenz abgesagt

Zusätzlich zur Online-Abstimmung sollte in einer Bürgerkonferenz mit Torsten Bonew im Neuen Rathaus über die Vorschläge abgestimmt werden.

„Leider war das Interesse und die Anmeldung zur Bürgerkonferenz so gering, dass ich schweren Herzens die Bürgerkonferenz absagen musste. Bei der Anzahl an Teilnehmenden wäre eine Abstimmung nicht repräsentativ gewesen und hätte das Abstimmungsergebnis verzerrt. Vielleicht müssen wir hier künftig neue Konzepte und Ideen entwickeln, um die Leipzigerinnen und Leipziger stärker zu motivieren“, sagt Finanzbürgermeister Torsten Bonew.

Der Fachausschuss Finanzen berät am 29. August über die zehn am höchsten bewerteten Bürgervorschläge. Am 14. September wird der Entwurf des Doppelhaushaltes in der Ratsversammlung eingebracht. Dort werden die Top 10 Bürgervorschläge final vorgestellt, die in den Doppelhaushalt für 2023/2024 aufgenommen werden.

Darüber diskutiert auch der Stadtrat

Und dann wird es spannend. Denn ein Vorstoß zum preiswerteren ÖPNV ist ja schon der Antrag von Linken, Grünen und SPD, ein 365-Euro-Ticket für alle bis zum 27. Lebensjahr einzuführen.

Bei den „Öffentlichen Toiletten“ ist ja das lang erwartete Toilettenkonzept in Arbeit.

Und mit dem Thema Solaranlagen auf städtischen Liegenschaften beschäftigt sich ja tatsächlich auch der Energie- und Klimaschutzplan der Stadt, den der Stadtrat noch befürworten muss.

Manche Vorschläge bekamen aber auch deutliche Ablehnung zu spüren, was zum Beispiel der Einrichtung eines stadtweiten Radwegenetzes einen vorderen Platz kostete – und das, obwohl genau dies das Anliegen des schon 2012 beschlossenen Radverkehrsentwicklungsplans war und auch im neuen Radverkehrsentwicklungsplan, den es jetzt möglicherweise 2023 geben wird, sein soll.

In der Abstimmung spiegelt sich also auch die aktuelle Debatte in der Stadt, in der es natürlich um die Frage geht, wie Leipzig in wenigen Jahren eigentlich aussehen soll, wenn man es klimafreundlich und lebenswert werden haben möchte. Das stellt auch alte Sicherheiten und Gewohnheiten infrage.

Jetzt kann man gespannt sein, wie die Verwaltung die an die Spitze gewählten Vorschläge in den Doppelhaushalt 2023 / 2024 einarbeitet, ob es dazu noch konkrete Umsetzungsvorschläge gibt und wie viel Geld dafür bereitgestellt wird.

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