Der Finanzbürgermeister hat schon mal vorsorglich gemahnt, dass es nicht viel Spielraum geben würde im Doppelhaushalt 2023/2024 für Extrawünsche der Fraktionen. Aber möglicherweise hat er noch ganz andere finanzielle Spielräume, die er noch gar nicht in seine Haushaltskalkulation für die nächsten zwei Jahre aufgenommen hat. Das vermuten zumindest die Grünen, die deshalb auch Spielraum sehen, einige wichtige Dinge zu finanzieren.

Denn möglicherweise fehlen in der Haushaltsaufstellung noch die zusätzlichen Einnahmen aus der Gewerbesteuer, die die Fraktion von Bündnis 90 / Die Grünen für 2023 mit 50 Millionen Euro beziffern und für 2024 mit 80 Millionen Euro.

Und einen Posten wollen sie unbedingt im Haushalt sehen, um den sich die Stadt seit Jahren herumdrückt: deutlich höhere Einnahmen aus dem Bewohnerparken. Bislang gibt es das erst im Waldstraßenviertel, obwohl dutzende Ortsteile unter einem ganz ähnlichen Parkdruck leiden und die Stadt schon mehrfach Prüfungen für solche Stadtquartiere angekündigt hat.

Nur umgesetzt wird das nicht, obwohl es andere Städte längst vormachen. Denn Straßenraum ist nun einmal begrenzt. Wenn er aber immer nur kostenlos zur Verfügung gestellt wird, stehen bald lauter Fahrzeuge da, die normalerweise in Wohnquartieren nichts zu suchen haben – von schweren Lastern bis zu Reisemobilen.

Während die Bewohner des Quartiers keine (regulären) Parkplätze mehr finden. Höchste Zeit also, das Bewohnerparken in den innerstädtischen Quartieren deutlich auszuweiten und die Einnahmen um bis zu 8 Millionen Euro zu erhöhen.

Schild zum Bewohnerparken im Waldstraßenviertel. Foto: Ralf Julke
Schild zum Bewohnerparken im Waldstraßenviertel. Foto: Ralf Julke

Die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen hat am Mittwoch, 2. November, ihre Änderungsanträge zum Doppelhaushalt vorgestellt, die für für 2023 etwa mehr als 8 Millionen Euro Mehrausgaben bedeuten (das meiste davon für Klimaanpassung) und für 2024 etwas über 16 Millionen Euro.

Es sind aber vor allem Investitionen in die Abfederung und die aktive Bekämpfung der zahlreichen aktuellen Krisen. Darunter auch die aufgenommene Forderung der Freien Kulturszene, jährlich 1,25 Millionen Euro zur Abfederung der drastisch gestiegenen Personal- und Betriebskosten bereitzustellen.

Das Antragspaket der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen zu Doppelhaushalt 2023/2024.

Spielraum dafür bieten zu erwartende Steuermehreinnahmen, die im Haushaltsentwurf des Finanzbürgermeisters aus Sicht der Grünen Fraktion nicht adäquat abgebildet sind. Sie haben dazu extra die bisherigen Einnahmen im Jahr 2022 und eine Hochrechnung bis zum Jahresende unter die Lupe genommen – beides lasse deutlich höhere Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer und allen anderen Steuerarten erwarten, die für den Doppelhaushalt 2023/24 genutzt werden können.

Unterstützung für Geflüchtete, Instandsetzung leerer Wohnungen

„Angesichts der krisenbedingten Herausforderungen liegt unsere Priorität für den neuen Doppelhaushalt ganz klar bei der Stärkung der sozialen Strukturen und des Zusammenhalts in der Stadt Leipzig“, sagt Fraktionsvorsitzende Katharina Krefft.

„Die Unterstützung für Wohnungssuchende und die Aktivierung von Leerstand sind für uns Hebel, wo wir kommunal noch mehr tun können. Wir wollen pro Haushaltsjahr zusätzlich 1,5 Millionen Euro für die Instandsetzung leerstehender Immobilien zu Verfügung stellen, damit sowohl dringend benötigter Wohnraum als auch Räume für gemeinwohlorientierte soziale und kulturelle Zwecke aktiviert werden können.

Auch die Unterstützung für Geflüchtete darf angesichts des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und der wieder ansteigenden Zahl von Ankommenden aus anderen Herkunftsländern nicht nachlassen. Die ehrenamtlichen Strukturen haben der Stadt hier in der Krisenbewältigung auf beeindruckende Weise geholfen und müssen auch absehbar für die kommenden zwei Jahre weiter unterstützt werden.

Zudem wird es Zeit, das noch relativ neue Referat für Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt mit einem Budget zur Förderung von Projekten der Demokratiebildung auszustatten.“

Mehr Geld für Klimawandelanpassung

Und der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Dr. Tobias Peter, fügt hinzu:

„Zentral für den neuen Doppelhaushalt sind für unsere Fraktion auch Klimaschutz und Klimawandelanpassung. Alles, was wir hier investieren, spart langfristig Kosten ein, denn je später wir uns anpassen und aus den fossilen Energieträgern aussteigen, desto teurer wird es. Hier ist jeder Euro gut angelegt.

Wir beantragen daher ein kommunales Budget von 1 Million Euro für die Heizungsmodernisierung, welches sowohl beim Umstieg auf erneuerbare Energieträger im Wärmebereich unterstützen als auch Mietsteigerungen infolge energetischer Sanierungen begrenzen soll.

Auch im Bereich Anpassung an den Klimawandel müssen wir zeitnah investieren. Wir begrüßen es absolut, dass die Verwaltung Maßnahmen für die Klimawandelanpassung in Leipzig erarbeiten will – aber das Geld für die Umsetzung fehlt.

Diese Lücke wollen wir schließen und beantragen dafür ein Budget von 5 Millionen Euro für Investitionen in Klimawandelanpassung wie beispielsweise Hitzeschutz oder die Umsetzung von Schwammstadtkonzepten.“

Weitere Schwerpunkte will die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen in den Bereichen Kultur, Gesundheit, Bürgerbeteiligung, Stadtnatur und Nachhaltiges Bauen setzen. Insgesamt stellt die Fraktion 43 Änderungsanträge zu Ausgaben und vier zu Einsparungen. Einige weitere Anträge werden auch über Fraktionsgrenzen hinweg vorbereitet.

Mehr Personal auch für Klima- und Gehölzschutz

Hinter den zusätzlichen Ausgaben stecken aber auch zusätzliche benötigte Personalstellen, 33 bis 34 an der Zahl. Denn es braucht nun einmal Menschen, die das Beantragte auch umsetzen. Sechs Stellen braucht es allein für ein Thema, das Leipzigs Verwaltung bislang nur ungenügend umgesetzt bekommt:

„‚Bürger- und Akteursbeteiligung‘ weiter verstetigen“ heißt es bei den Grünen. Denn wenn Bürgebeteiligung nicht wirklich erlebbar wird, fühlen sich die Bürger der Stadt immer wieder ausgegrenzt, nicht gemeint und nicht gefragt. Selbst da, wo es direkt um ihre Belange geht.

Und nach all den eher ausweichenden Antworten aus dem Umweltdezernat ist auch klar, dass es endlich mehr Personal für den Gehölzschutz in Leipzig braucht, für „Coole Straßen“, nachhaltiges Bauen, Parkpflege und Baumpflege. Und drei zusätzliche Stellen brauche es auch im Klimareferat für die Energiewende.

Denn das alte Prinzip, dass die Energiewende irgendwie schon von allein in die Gänge kommt, hat nicht funktioniert. Auch dafür braucht es Planer und Macher, die den Prozess endlich vorantreiben, wenn Leipzig irgendwann wirklich klimaneutral sein soll.

Elsterbecken und Dialogforum Flughafen

Und auch die Frage, wie es mit dem Elsterbecken weitergehen soll, haben die Grünen nicht vergessen. Stichwort: „Umsetzung Wasserrahmenrichtlinie und Aufenthaltsqualität in innerstädtischer Gewässernähe erhöhen (Konzept Elsterflutbecken)“.

Beauftragt ist die Verwaltung ja damit zu klären, ob das Elsterbecken wieder naturnah gestaltet werden kann und damit endlich auch die Gewässerqualität verbessert wird. Doch irgendwie passiert nichts. Also setzten die Grünen hier schon mal 200.000 Euro an, damit dieses Thema endlich angegangen wird.

Und so ganz nebenbei beantragen die Grünen auch noch die Auflösung des Dialogforums Flughafen Leipzig/Halle, das einmal als Gegengewicht zur zahnlosen Fluglärmkommission gegründet wurde. Zwar wird dort wesentlich offener diskutiert.

Nur ändert das eben nichts an der Zahnlosigkeit der Fluglärmkommission und der Unwilligkeit von Staatsregierung und Flughafen, die Vorschläge aus Leipzig zur Fluglärmminderung überhaupt ernst zu nehmen. Aus Sicht der Grünen also nur noch eine Alibiveranstaltung.

Bis zum heutigen 3. November haben die Fraktionen Zeit, ihre Änderungsvorschläge einzureichen. Einen Monat später sollen die Verwaltungspositionen dazu vorliegen, dann geht es in die weiteren Verhandlungen. Am 8. Februar 2023 soll der neue Doppelhaushalt in der Ratsversammlung beschlossen werden.

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Zitat: Denn möglicherweise fehlen …… die zusätzlichen Einnahmen aus der Gewerbesteuer, die die Fraktion….. für 2023 mit 50 Millionen Euro beziffern und für 2024 mit 80 Millionen Euro.
+++Wie nun? Fehlen die Einnahmen oder fehlen sie NICHT?
Wer hat hier einen Fehler begangen? Herrn Bonew sein Amt oder die Fraktion????

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