Es kann nicht mit rechten Dingen zugehen, was in manchen Nächten am Himmel über Leipzig los ist. Das sagen sich nicht nur über 65.000 betroffene Leipziger immer wieder. Das müssten sich auch die sächsischen Genehmigungsbehörden sagen, wenn sie sich als Sachwalter der Bürger begreifen würden. So wie am 4. April das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

Bert Sander, Mitglied der Wählervereinigung Leipzig und Stadtrat der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, begrüßt ausdrücklich das Urteil. Und betont, was wahrscheinlich auch Auswirkungen auf andere Flughäfen haben wird: “Am größten deutschen Flughafen in Frankfurt a. M. dürfen nachts zwischen 23 Uhr abends und 5 Uhr morgens keine Flieger mehr starten und landen! Das nunmehr endgültig verhängte Nachtflugverbot entwirft auch ein Bild für die Zukunft des Flughafens Leipzig/Halle, denn warum sollte das, was in Frankfurt a. M. zu geltendem Recht erhoben wurde, nicht auch in Leipzig zur Anwendung kommen?”

Für ihn ist klar: “Das besagte Urteil bedeutet darüber hinaus, dass die pauschale, heißt, unkritisch hinterfragte Prämisse ‘Frachtflug braucht die Nacht’ ‘von gestern’ ist, anders ausgedrückt, Nachtflug hat in Deutschland jedenfalls auf die Dauer keine Zukunft mehr. Ebenfalls der Logistik-Standort Leipzig ist wie Frankfurt a. M. nicht zwingend von einer uneingeschränkten Nachtfluggenehmigung abhängig bzw. die Einschränkung der Nachtfluggenehmigung hebelt nicht von vornherein die wirtschaftlichen Belange eines Logistik-Kreuzes aus, denn allenthalben bestätigen aktuelle Studien, dass der Frachtflugverkehr zum größten Teil auch tagsüber organisiert werden kann.”
Trotzdem haben sowohl Toralf Weiße, Vorstandsvorsitzender des Netzwerk Logistik Leipzig-Halle, als auch Markus Kopp, Vorstand der Mitteldeutschen Airport Holding, die vom Nachtflugverbot in Frankfurt betroffenen Fluggesellschaften noch am 4. April eingeladen, dann doch die nächtlichen Flugmöglichkeiten in Leipzig zu nutzen und dabei direkt auf die gnädige Akzeptanz bei den sächsischen Behörden verwiesen.

Sander: “Ich teile keineswegs die voreilige Freude, die mancher Leipziger Flughafenverantwortlicher mit dem Leipziger Urteil meint verbinden zu können, dass nämlich nunmehr die Chancen für mehr Fracht in Leipzig steigen, weil ein Teil der bislang über Frankfurt a. M. ablaufenden Frachttransporte nunmehr über Leipzig abgewickelt werden könne.”

Er erinnert daran, dass sich das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig 2006 auch mit dem Flughafen Leipzig/Halle beschäftigte, als die Landebahn Süd noch nicht in Betrieb war und die Planungsverantwortlichen den Bürgern das Blaue vom Himmel herunter versprachen. Das BVG verfügte damals: “Je größer der Kreis der Lärmbetroffenen in einem stadtnahen Umfeld ist, […] desto gewichtigere Gründe müssen vorliegen, die die Beeinträchtigungen, die das Vorhaben hervorruft, an dieser Stelle rechtfertigt.”

“Kurz, der Flughafen Leipzig/Halle darf nicht zur Lärmmüllhalde Deutschlands verkommen”, sagt Sander. Jede Erweiterung des nächtlichen Flugverkehrs nehme die verantwortliche Planfeststellungsbehörde, in diesem Fall die Landesdirektion Leipzig, in die Pflicht, denn entsprechend § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG muss die Zulassungsbehörde auf die Nachtruhe in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen.

“Kurz, der Flughafen Leipzig darf nicht zur gesetzlosen Zone verkommen, die Nachtfluggenehmigung muss nach Maßgaben geregelt beziehungsweise ‘gedeckelt’ werden”, sagt Sander. Und zitiert: “Denn ‘tatsächlich sind die gesundheitlichen Auswirkungen von Lärm enorm’ und viel zu lange von der Politik unterschätzt worden, bestätigte der Präsident des Bundesumweltamtes Jochen Flasbarth unmittelbar nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts.”

Für den Leipziger Stadtrat ist eines klar: “Die Landesregierung in Dresden, insbesondere das Wirtschaftsministerium, muss gerade auch angesichts des aktuellen Urteils des Bundesverwaltungsgerichts seiner Verantwortung auch gegenüber den Leipziger Bürgern nachkommen.”

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