"Bald keine Grenzen mehr für Motorboote im Neuseenland?", fragte die L-IZ am 22. Februar, nachdem der Staatssekretär im Sächsischen Wirtschaftsministerium Roland Werner (FDP) sein "Aktionsprogramm Sächsische Schifffahrt" zur "Beach & Boat" vorgestellt hat. Eine "Liberalisierung der Sächsischen Schifffahrtsverordnung", nennt es der Liberale. Eine Katastrophe, sagt Angela Zábojník.

Sie ist Leiterin der Arbeitsgruppe Gewässerverbund der Steuerungsgruppe Leipziger Neuseenland. Und sie begrüßt die kommende Schiffbarkeitserklärung. Nicht nur für die Tagebauseen im Leipziger Südraum, sondern auch für den Leipziger Gewässerknoten. “Das würde uns Vieles leichter machen”, sagt sie. “Und wir könnten auch endlich regelnd eingreifen.”

Das ist derzeit nur beschränkt möglich. Aber dringend nötig, was viele Konflikte in den letzten Jahren schon zeigten. Deswegen wurden 2013 erstmals auch Verkehrsschilder an Leipziger Gewässern montiert, die vor allem Vor- und Durchfahrtsregeln an Brücken geben. Doch ansonsten gilt an den Gewässern in Leipzig nach wie vor der Gemeingebrauch, wie er für alle öffentlichen Gewässer gilt. Heißt im Klartext: Jeder darf diese Gewässer nutzen. Wer ohne Motor unterwegs ist, kann auch ohne Einschränkung paddeln und rudern. Man muss nur aufeinander Acht geben. Doch das reicht nicht mehr, sagt Angela Zábojník. “Wir mussten auch in der jüngeren Vergangenheit schon immer mal wieder die Wasserpolizei anfordern.”

Denn je attraktiver das Gewässernetz ist, umso eher fühlen sich auch Zeitgenossen geneigt, mit Fahrzeugen zu Wasser zu gehen, die nicht zugelassen sind. Und die auch zukünftig nicht zugelassen werden sollen.

Es ginge bei der Schiffbarkeitserklärung eben nicht nur um Motorboote, sagt Angela Zábojník. Sie gelte für alle Bootstypen. Oder genauer: für alle zugelassenen Bootstypen. Der zentrale Kern sei eigentlich die Herstellung einer gesetzlichen Grundlage, die den Behörden erlaubt, auch mit klaren Regeln und Verboten einzugreifen. “Etwa mit Schildern, die die Einfahrt für bestimmte Boote generell untersagen oder sie in bestimmten Zeiten untersagen – wie zum Beispiel am Floßgraben”, erläutert Angela Zábojník. “Dann können wir auch aktiv eingreifen, wenn es zu Verstößen kommt.”Die Schiffbarkeitserklärung sei auch die Grundlage dafür, dass die sächsische Wasserpolizei aktiv werden kann. Bislang hat sie keinen Stützpunkt im Neuseenland. Mit der anstehenden Schiffbarkeitserklärung aber wird einer eingerichtet. Zwölf Personalstellen soll sie künftig haben, am Anfang wohl weniger. Aber ihr Zuständigkeitsbereich würde dann neben den Tagebauseen im Süden (Störmthaler, Markkleeberger, Zwenkauer und Cospudener See) auch den Gewässerknoten Leipzig umfassen.

“Deswegen war es gar nicht in unserem Sinn, dass die Landesdirektion den Floßgraben jetzt aus der Schiffbarkeitserklärung ausgenommen hat”, sagt Zábojník. “Wie sollen wir denn Verstöße ahnden? Das Ordnungsamt wird dort doch am Wochenende nicht unterwegs sein. Anders als die Polizei.”

Aber dürfen denn überhaupt Motorboote im Floßgraben fahren? – “Natürlich nicht”, sagt Zábojník. “Auch im Leipziger Gewässerknoten wird die Schiffbarkeit nur für die Bootstypen erklärt, die wir dort fahren lassen wollen.” Und das seien genau die, die auch jetzt fahren dürften: muskelbetriebene Boote, Fahrgastboote und elektrisch betriebene Boote, wenn man an die Solarboote der SG LVB denkt. Daran soll sich nichts ändern, betont sie.

Diskussionen gab es beim Charta-Workshop am Samstag, 22. März, noch über die Frage, welche Boote dann auf dem Cospudener See fahren dürften, der zum größten Teil auf Leipziger Flur liegt. Auch dort soll nicht alles möglich sein, aber deutlich mehr als im Leipziger Gewässernetz – neben muskelbetriebenen und Segelbooten sind auch elektrisch betriebene Boote in der Diskussion. Als Alternative zu benzingetriebenen Motorbooten, die die Stadt in begrenzter Anzahl erlauben möchte. Sie beruft sich dabei auf eine Untersuchung aus dem Jahr 2008, die eine begrenzte Zahl von Booten mit Verbrennungsmotor auf dem Cospudener See für verträglich hält. Die Diskussion beim Charta-Workshop aber tendierte deutlich in die Richtung zu leiseren und weniger umweltschädlichen Booten – also Elektrobooten.

Das wird dann beim Charta-Workshop für den Leipziger Südraum am 29. März in Borna ganz bestimmt wieder eine Rolle spielen. Dabei geht es auch nicht nur um Lärm, sondern auch um die mehrfach geäußerte Furcht, mit Sportmotorbooten einen Verkehrsteilnehmer auf dem Wasser zu haben, der mit Motorkraft und Geschwindigkeiten andere Nutzungen in Bedrängnis bringt. Wenn dann gar noch das Acht-Punkte-Papier von Roland Werner zum Gesetz würde, hätte man wieder mehr Unsicherheit auf dem Wasser. “Das torpediert den eh schon schwierigen Prozess, den wir hier in Gang gebracht haben”, sagt Angela Zábojník.

www.charta-leipziger-neuseenland.de

Das von Roland Werner vorgelegte Aktionsprogramm:
www.l-iz.de/html/downloads/Aktionsprogramm_Saechs-Schifffahrt.pdf

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