Am 28. April, als die Steuerungsgruppe Leipziger Neuseenland ihre Visionen zur künftigen Schiffbarkeit im Neuseenland vorstellte, klang es schon so ein bisschen anders: Dem kurzen und herzhaften Bekenntnis von Dr. Gerhard Gey, Landrat im Landkreis Leipzig und Sprecher der Steuerungsgruppe, zur gewünschten Elektromobilität auf den Seen folgten eine Menge Ausführungen zu Einschränkungen dieses Wunsches.

Da sollten Wassertouristen Vier-Wochen-Genehmigungen bekommen, um mit ihren mitgebrachten Motorbooten auf den Seen fahren zu dürfen. So viel an Verbrennungsmotoren, wie die Gewässer vertragen. Der Zwenkauer See sollte gleich mal ganz ausgenommen werden, der Störmthaler See irgendwie auch.

So wollte es die Steuerungsgruppe der Verbandsversammlung des regionalen Planungsverbandes vorschlagen. Die tagte am Donnerstag, 15. Mai. Sie ist das eigentlich demokratisch legitimierte Gremium, das für den Planungsraum Westsachsen Beschlüsse fassen kann. Auch ein paar Leipziger Stadträtinnen und Stadträte sind in das Gremium delegiert. Am 15. Mai nun fasste es einen Leitlinienbeschluss zur “Gesamtfortschreibung des Regionalplans Westsachsen 2008 Schiffbarkeit der Tagebauseen und Überleiter im Leipziger Neuseenland”. Speziell natürlich zur Schiffbarkeitserklärung.

Die Schiffbarkeit für die Tagebauseen ist ja bekanntlich vom Sächsischen Landtag mit der Befürwortung des neuen Sächsischen Wassergesetzes 2013 beschlossen worden. Die kommt also. Sie muss nur halt nicht in vollem Umfang umgesetzt werden. Der regionale Planungsverband kann durchaus Einschränkungen dazu vorschlagen. Eine solche Einschränkung wäre die Beschränkung auf elektrisch betriebene Motorboote. Was die Seen dann zu dem machen könnte, was Dr. Gerhard Gey als “Modellregion Elektromobilität” beschreibt.

“Derzeit läuft in unserer Region ein intensiver Austausch zur Art und Weise der Schiffbarkeit auf Tagebauseen und Überleitern”, teilen nun Dr. Gerhard Gey und Prof. Dr. habil. Andreas Berkner, der Leiter der Regionalen Planungsstelle, in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit. “Dieser wird durch die Steuerungsgruppe Leipziger Neuseenland gebündelt und auch im Rahmen des laufenden Kommunikations- und Beteiligungsprozesses Charta Leipziger Neuseenland 2030 mit Akteuren aus Politik, Verwaltung, Verbänden, Wirtschaft und Bürgerschaft intensiv geführt. Regionalplanerische Festlegungen bilden einen maßgeblichen Baustein für die Festlegung der angestrebten Gewässernutzungen. Der Regionale Planungsverband hat dazu in seiner Verbandsversammlung vom 15.05.2014 einstimmig einen Leitlinienbeschluss verabschiedet.”

Danach beabsichtigt der Regionale Planungsverband im Zuge der bis 2017 abzuschließenden Gesamtfortschreibung des Regionalplans Westsachsen 2008 die Aufstellung raumordnungsplanerischer Festlegungen mit der Orientierung, für die Gewässer Cospudener See, Markkleeberger See, Zwenkauer See, Störmthaler See und der Überleiter zwischen Cospudener und Zwenkauer See (Harthkanal) und zwischen Markkleeberger und Störmthaler See (Störmthaler Kanal).Und so habe die Verbandsversammlung nun also beschlossen: “Beschränkungen der Schiffbarkeit für Motorbootnutzungen mit Verbrennungsmotor (Diesel, Benzin) vorzunehmen und Elektromotoren bzw. innovative Antriebskonzepte (z.B. Brennstoffzellen) zu präferieren. Die Gestattung der Nutzung von Verbrennungsmotoren gemäß § 5 Abs. 3 SächsWG in begründeten Fällen (z.B. Fahrgastschifffahrt, Rettungsboote, Segelboote mit Hilfsmotor) durch die zuständigen unteren Wasserbehörden bleibt davon unberührt.”

Begründete Fälle wären also logischerweise keine privaten Motorboote. Auch keine Attraktionen wie die Amphibienfahrzeuge auf dem Störmthaler See.

“Mit dieser Beschlussfassung, die auf umfassende Vorberatungen in der gemeinsamen Sitzung von Planungs- und Braunkohlenausschuss am 04.04.2014 sowie in der Steuerungsgruppe am 11.04.2014 aufbaute, erfolgte zunächst eine Absichtserklärung zur Aufstellung raumordnungsplanerischer Festlegungen für die künftige Nutzung der in § 17 Abs. 2 Satz 2 SächsWG i. V. m. Anlage 2 Nr. 2 benannten Gewässer für die Schifffahrt. Der Leitlinienbeschluss lässt einerseits die regionalen Intentionen zur Beförderung der E-Mobilität auf unseren Gewässern als Orientierung bei überschaubaren Ausnahmeregelungen klar erkennen”, betonen Gey und Berkner. “Andererseits kann und darf er das Ergebnis eines noch zu führenden öffentlich-rechtlichen Verfahrens nicht vorwegnehmen oder gewässerbezogen differenzierte Regelungen von vornherein ausschließen.”

Womit man dann wieder beim Eiertanz vom 28. April wäre. Ob die Landesdirektion da mitspielt, ist völlig offen, denn die Signale deuten eher darauf hin, dass sie eine einheitliche Regelung für alle vier Seen bevorzugt. Nur klare Regeln werden auch eingehalten. Alles andere führt zu Wildwuchs und Grauzonen.

Genau das, was die Teilnehmer der drei Workshops zur “Charta Leipziger Neuseenland” ziemlich einhellig abgelehnt haben.

Aber man brät ja gern ein paar Extrawürste.

“Angesichts des laufenden Dialogprozesses in der Region sowie zahlreicher noch klärungsbedürftiger Detailfragen zur Nutzung von Tagebauseen und Überleitern appelliert der Verband gegenüber der Landesdirektion Sachsen als zuständige Behörde, keine vollendeten Tatsachen durch verfrühte Schiffbarkeitserklärungen zu schaffen. Zugleich erfolgt mit der Beschlussfassung eine Klarstellung zum ‘tatsächlich Gewollten’ gegenüber der Öffentlichkeit.”

Aber wo steckt eigentlich das “tatsächlich Gewollte”? – In der Präferierung der Elektromobilität oder in den nicht von vornherein ausgeschlossenen “gewässerbezogen differenzierten Regelungen”? Da wird wohl “die Öffentlichkeit” zu recht annehmen, dass Letzteres gemeint ist. Ein gelungener Eiertanz. Von klaren und einfachen Regeln, die für alle gelten, ist diese Haltung weit entfernt.

www.rpv-westsachsen.de

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