Mit Gefechtshelmen, Funkgeräten und Fernrohren ging es los. "Am Donnerstag, den 04. September 2014, beginnt ab 19:00 Uhr auf dem Flughafen Leipzig/Halle der erste Transport von militärischen Ausrüstungsgütern in den Nordirak", teilte das Landeskommando Sachsen der Bundeswehr mit. Ende des Monats soll es mit scharfen Waffen weiter gehen. Auch sie gehen in Leipzig in die Luft.

Das ist jetzt zweideutig geschrieben und genau so gemeint, denn in den letzten Jahren wurde der Flughafen Leipzig/Halle immer mehr zum militärischen Transportflughafen umfunktioniert. US-amerikanische Truppen wurden über Leipzig an die Kriegsschauplätze in Afghanistan und im Irak geflogen. Auch viele Bundeswehreinsätze für Afghanistan liefen über Leipzig. Hier kam noch hinzu, dass die Bundeswehr den ausgebauten Zivilflughafen auch zum Verladen schweren Kriegsgeräts nutzte – von gepanzerten Fahrzeugen bis hin zu Hubschraubern.

Und im Leipziger Norden geht nicht nur der Ärger um über die genutzten schweren und lauten Frachtmaschinen der Fluggesellschaft Volga-Dnepr, sondern auch die Angst, dass eine der riesigen Antonov-Maschinen samt Munition herunterkommt.

Augenscheinlich ist der Flughafen längst auf jeden Flug angewiesen, der hier gebucht wird. Nur tut sich bei einer militärischen Nutzung natürlich die Frage auf: Ist das noch rechtens?

Die Fluglärmkommission jedenfalls, so findet Thomas Pohl, der mitten im Überfluggebiet mit seiner Familie wohnt, ist nicht nur zahnlos, sondern augenscheinlich auch völlig überflüssig.Als er die Meldung von den angekündigten Waffen- und Munitionstransporten las, schrieb er einen bitteren Brief an den Vorsitzenden der Fluglärmkommission Manfred Heumos:

“Sehr geehrter Herr Heumos,

im Angesicht solcher Meldungen ist doch die Arbeit der Fluglärmkommission mehr als eine Farce. Oder?
Kein Wunder, dass in all den Jahren alle aktiven Schallschutzmaßnahmen von der ‘Fluglärmkommission’ abgelehnt worden sind?!

Es ist ein Riesenskandal, dass der zivile Flughafen Leipzig/Halle, der mit bisher ca. 1,8 Milliarden Euro an Steuergeldern zu einem Interkontinentalflughafen – den niemand wirklich braucht – ausgebaut worden ist, jetzt derart vom Militär missbraucht wird. Der Flughafen Leipzig/Halle hat nicht einmal einen vom zivilen Flugbetrieb abgegrenzten militärischen Bereich!

‘Wir brauchen Maximalprofite, damit wir das Lärmschutzprogramm umsetzen können.’ Dieses Zitat kennen Sie sicherlich. Das scheint jetzt wohl das Ergebnis zu sein. Der Passagierflugverkehr dümpelt trotz Milliardeninvestitionen seit über 10 Jahren weiter vor sich hin. Nur die Fracht und das Militär boomt am LEJ; mit unbegrenzten Nachtflügen, auf Kosten der Gesundheit von zehntausenden Anwohnern!

Was geht nur in den Köpfen dieser unverantwortlichen Leute vor?

Was passiert hier am Boden, wenn in dieser dicht besiedelten Region Leipzig/Halle ein Militärflugzeug mit Munition bzw. Sprengstoff abstürzen sollte???

Ehrlich gesagt, man findet gar nicht die richtigen Worte für diesen Wahnsinn! Man kann den potentiellen Fluggästen aus der Region eigentlich nur raten, dieses Pulverfass LEJ zur eigenen Sicherheit zu meiden und lieber einen anderen Flughafen für ihre Urlaubsreise zu nutzen. Wie gesagt, es ist ein Riesenskandal!

Mit Entsetzen

Fam. Th. Pohl”

Bei den Ausrüstungsgegenständen, die am 4. September mit schwerem Fluggerät von Leipzig/Halle abhoben, handelt es sich um 4.000 Gefechtshelme, 700 Kleinfunkgeräte, 680 Fernrohre und ca. 4000 Schutzwesten, teilte die Bundeswehr mit. Auch Gerät zur Minen- und Munitionsbeseitigung ist Bestandteil der Lieferung, darunter 30 Minensonden, 20 Metallsuchgeräte und insgesamt 40 Werkzeug- und Geräteausstattungen zur Munitionsbeseitigung. Natürlich wurde dafür das größte der vorhandenen Flugzeuge genutzt, die von der russischen Fluggesellschaft Volga-Dnepr betriebene Antonov 124. Was auch erklärt, warum Leipzig/Halle für die Bundeswehrflüge ausgewählt wurde – die russische Frachtgesellschaft mit ihren großen Maschinen hat hier ihren Sitz.

Ende des Monats soll es dann drei Flüge geben, die vor allem Waffen für die kurdischen Peschmerga liefern – darunter 500 Panzerabwehrraketen, 10.000 Handgranaten und 16.000 Gewehre, alles aus den Beständen der Bundeswehr.

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