Mit einer Auftaktveranstaltung am 9. Januar um 14 Uhr im Festsaal im Neuen Rathaus soll ganz offiziell ein Projekt mit dem Namen „WERTvoll – Projekt für praxisgerechte Lösungen für die Flächennutzung zwischen Wurzener Land und der Stadt Leipzig“ starten. Auch wenn es ganz still schon im August begann.

Es rückt eine mehrfache Abhängigkeit in den Blickpunkt, die die Leipziger oft gar nicht mehr wahrnehmen: Wie sehr ihre Stadt von der landwirtschaftlichen Produktion gleich jenseits der Stadtgrenzen abhängig ist, wie die Landwirtschaft auch Leipziger Flüsse und Grundwasser beeinflusst und dass selbst das Leipziger Trinkwasser von „da draußen“ kommt, nämlich direkt aus dem Gebiet der Mulde, wo es bei Canitz mit mehreren Brunnen aus der Erde gepumpt wird.

Canitz gehört zu jenem etwas größer gefassten „Wurzener Land“, das in diesem Projekt nun zum Partner der Stadt Leipzig wird. Denn begriffen hat man es längst: Wenn Leipzig sich um seine Nachbarn und Partner im Landkreis kümmert, tut es auch etwas Gutes für sich selbst. Und löst auch (vielleicht) ein paar Probleme wie die hochgradige Grundwasserbelastung mit Nitrat und die Überdüngung der Flüsse, die dafür sorgt, dass kein einziger Fluss in Leipzig über die Gütequalität „schlecht“ hinwegkommt, auch nicht die stark nitratbelastete Parthe.

Völlig überdüngt: die Parthe im Leipziger Norden. Foto: Ralf Julke
Völlig überdüngt: die Parthe im Leipziger Norden. Foto: Ralf Julke

Das Projekt ist also mehr als sinnvoll.

Worum geht es?

Die interkommunale Gemeinschaft Wurzener Land erarbeitet gemeinsam mit der Stadt Leipzig eine Stadt-Land-Partnerschaft. Ziel ist eine kooperative Landnutzungsstrategie für die Region. Durch den marktorientierten Aufbau von Mehrnutzungskonzepten – mehrere Leistungen werden gezielt auf derselben Fläche verankert, zum Beispiel Nahrungsmittelerzeugung, Trinkwassergewinnung, Biodiversität und Klimaschutz – sollen Synergien erschlossen und die regionale Wertschöpfung gesteigert werden.

Das Projekt WERTvoll soll aber auch belastbare Beiträge zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie zur Verbesserung der Qualität des Grundwassers sowie zur Renaturierung von Fließgewässern liefern. Die Anwendung produktionsintegrierter Kompensationsmaßnahmen erhält landwirtschaftliche Nutzflächen und damit die Grundlage gesunder regionaler Lebensmittel sowie klimafreundlicher Bioenergie.

Heißt also: Beide Seiten suchen Wege, die Landwirtschaft im direkt an Leipzig angrenzenden Gebiet deutlich umweltschonender zu machen und damit endlich etwas zu tun, um die Wasserrahmenrichtlinie der EU in diesem Bereich irgendwann erfüllen zu können. Was eindeutig auch spürbare Umstellungen in den Landwirtschaftsbetrieben mit sich bringen muss: „Eine ökologische und trinkwasserschutzgerechte Bewirtschaftung in Verbindung mit Qualitätszielen im Sickerwasser und Humusaufbau auf den Äckern reduziert die Kosten für die Trinkwasseraufbereitung für Leipzig und leistet gleichzeitig substanzielle Beiträge für regionale Klimaschutzleistungen, denn die Stadt Leipzig kann nur mit dem Umland ihre Klimaziele erreichen.“

Und da Leipzigs Wasserwerke ihr Wassergut Canitz mit der dortigen Trinkwassergewinnung für Leipzig direkt in diesem Gebiet liegen haben, hat Leipzig ein elementares Interesse daran, dass die Landbewirtschaftung in der ganzen Region bodenschonender und unter Einsatz von deutlich weniger Dünger erfolgt.

Was auch erst einmal Verzicht bedeutet: Die betroffenen Bauern müssen irgendwann umsteigen von einer intensiven und düngerreichen Bewirtschaftung zu einer ökologischen Bodenbearbeitung. Was nur dann wirtschaftlich Sinn macht, wenn sie dann gleichzeitig in Leipzig Absatz finden für die dann etwas teureren Produkte.

Wofür dann wohl der „neue Marktplatz Leipzig“ gedacht ist, der die regionale Wertschöpfung für Leipzig und sein Umland steigern soll.

Und weil das gleich mehrere Gemeinden in diesem Gebiet betrifft, ist die Zahl der Verbundpartner auch entsprechend hoch: Mit dabei sind die Gemeinde Bennewitz (in Vertretung der Interkommunalen Gemeinschaft Wurzener Land: Stadt Wurzen, Gemeinden Bennewitz, Thallwitz, Lossatal), die Stadt Leipzig mit dem Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport, Amt für Umweltschutz, die Wasserwerketochter Wassergut Canitz GmbH, Privates Institut für Nachhaltige Landbewirtschaftung GmbH (INL) und die Schweisfurth Stiftung für eine nachhaltige Agrar- und Ernährungswirtschaft.

Laufzeit für dieses vom Bund geförderte Projekt ist erst einmal bis 2023.

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