Trotz der Widrigkeiten durch die Corona-Pandemie wurde auch im Winterhalbjahr 2020/2021 im Landkreis Leipzig die Biberpopulation gezählt. Dank der ehrenamtlichen Biberbetreuerinnen und -betreuer, konnten wieder alle (auch potenzielle) Reviere der größten einheimischen Nagetierart im Landkreis mindestens einmal kontrolliert und auf deren Besatz geprüft werden, meldet das Landratsamt Landkreis Leipzig.

Biber zu kartieren ist mit einem nicht unerheblichen Aufwand verbunden, der sich vor allem in folgenden Zahlen ausdrückt, wie das Landratsamt erklärt: Zehn aktive Revierbetreuer/-innen haben rund 250 Kilometer entlang von Fließgewässern und 55 Stillgewässer(komplexe) mindestens ein Mal abgegangen und kontrolliert, um den aktuellen Stand in 168 potenziellen Revieren zu ermitteln. In 19 Revieren kamen auch zusätzlich Wildkameras zum Einsatz.

Die aktuelle Bestandssituation in Zahlen

In den 113 besetzten Revieren leben derzeit geschätzt 225 bis 322 Elbebiber (darunter 64 Familien mit mindestens einem Jungtier, 37 Paare und 11 Einzeltiere; im Schnitt also 2,9 Individuen pro Revier) – ein deutliches Indiz, dass die Trockenheit der vergangenen drei Jahre den Tieren in unserer Region nicht so zugesetzt hat, wie es andernorts der Fall war.

Im Gegenteil: Im Vergleich zu 2019/2020 (305 Individuen) hat sich der Bestand sogar leicht erhöht und auch die Zahl besetzter Reviere (2019/2020: 110) ist nicht – wie z. B. im nordsächsischen Gebiet – zurückgegangen. Jedoch gab es viel Bewegung in den Revieren. So wurden 21 Reviere aufgegeben, aber 24 neu besetzt.

Die zunehmende Ausbreitung des Bibers in bisher nicht (wieder) besiedelte Gebiete, spielt – nach Jahren der Stagnation im Landkreis Leipzig – eine nicht unerhebliche Rolle. Im Einzugsgebiet der Weißen Elster bzw. der Pleiße nimmt die Rückeroberung der vom Biber bis vor etwa 150 Jahren noch besiedelten Gewässer seit zwei Jahren rasant Fahrt auf.

In diesem Winter 2020/2021 konnten bereits 14 besetzte Reviere an diesen beiden Flüssen und ihren Nebengewässern erfasst werden, darunter neun Neuansiedlungen. Es ist damit zu rechnen, dass dieser positive Trend weiter anhält, da hier ausreichend potenzielle Habitatflächen vorhanden sind, betont Sven Möhring von der Unteren Naturschutzbehörde Landkreis Leipzig.

Auch die Parthe wird inzwischen von Leipzig aus wieder von den Bibern besiedelt. Zwischen Taucha und Panitzsch konnten in diesem Winter umfangreiche Biberspuren „gesichert“ werden, welche auf eine dauerhafte Ansiedlung hindeuten. Auch eine weitere Ausbreitung die Parthe aufwärts ist für die nächste Zeit nicht auszuschließen und wird aufmerksam verfolgt, so Möhring.

Mögliches Konfliktpotenzial und Problemlösung

Mit dem Erschließen längerer Zeit nicht besiedelter Habitate kann aber auch eine Zunahme der durch Biber verursachten Konflikte verbunden sein. Im Bereich der Mulden, wo die Menschen nun bereits seit Ende der 1960er Jahre wieder mit dem Biber „Tür an Tür“ leben, gab es eine entsprechend lange Phase der Gewöhnung aneinander. Andernorts könnte seine Rückkehr – mehr als 150 Jahre nach seiner Ausrottung – zu bisher nicht (mehr) bekannten Konflikten führen, ist sich Möhring bewusst.

Biber im Wasser. Foto: Sven Möhring Landratsamt Landkreis Leipzig
Biber im Wasser. Foto: Sven Möhring Landratsamt Landkreis Leipzig

Denn aufgrund seiner Lebensweise ist sein Vorkommen nicht immer mit den – heutigen – Vorstellungen der Landnutzung durch den Menschen „kompatibel“. Vor allem der Einstau von Fließgewässern und die damit verbundene Vernässung angrenzender Flächen, birgt hohes Konfliktpotenzial (2020/21 gab es 45 Reviere mit Dammbauten).

Dies gelte es, im Rahmen eines „proaktiven Bibermanagements“ zu lösen bzw. zu minimieren. Was bedeutet: frühzeitiges Erkennen von Problembereichen und Information der entsprechenden Landnutzer, Eigentümer bzw. Nutzungsgruppen durch die Untere Naturschutzbehörde bzw. lokale Biberbetreuer.

Von den 113 besetzten Revieren befinden sich aktuell 46 in Fließgewässern I. Ordnung und damit in der Unterhaltungspflicht der Landestalsperrenverwaltung (LTV). Weitere 44 Biberreviere sind in Fließgewässern II. Ordnung angesiedelt, für welche die Kommunen unterhaltungspflichtig (und damit erster Ansprechpartner bei Problemen) sind. Die übrigen 23 Reviere befinden sich an Stillgewässern (Teiche/Altwässer etc.).

Beschwerden wegen Überstauungen gab es in den vergangenen drei Jahren nur wenige

Dammbauwerke wurden in 45 Revieren registriert. Die breitesten wurden auf fast 70 Meter ausgebaut, die höchsten stauten das Wasser auf 2 Meter auf. Die extreme Trockenheit der letzten Sommer führte aber dazu, dass selbst die Biber Probleme hatten, die Wasserreserven in ihren Revieren zurückzuhalten.

Positiver Nebeneffekt: Angrenzende Ackerflächen profitierten in der Zeit des Wassermangels von der Wasserrückhaltung und konnten deutlich höhere Erträge generieren, als Flächen abseits von Biberrevieren. Auch in Waldrevieren tragen Biber nicht nur zur signifikanten Erhöhung der Biodiversität und vielen weiteren positiven Effekten bei.

Waldbesitzer haben inzwischen auch erkannt, dass Biberaktivität im Forstrevier zur Löschwassersicherung (in Form der Biberteiche) beitragen kann – ein nicht unerheblicher Faktor in den letzten drei Trockenjahren.

Ausblick auf die nächste Kartiersaison

Mit dem Ende der Biberkartierung 2020/2021 steht auch schon wieder die nächste Kartiersaison ins Haus. Ein besonderer Dank der Unteren Naturschutzbehörde gilt allen Ehrenamtlichen Naturschutzhelfer/-innen, welche sich in diesem Jahr wieder an der Biberkartierung beteiligt haben und „ihre“ Biberreviere betreuen.

Für die Untere Naturschutzbehörde ist diese engagierte Arbeit (auch unter dem Aspekt der weiter fortschreitenden Ausbreitung des Bibers im Landkreis Leipzig) unverzichtbar und eminent wichtig.

Aber auch Hinweise, Meldungen oder Anregungen aus der Bevölkerung haben einen hohen Stellenwert im Bibermanagement, so Möhring. Auch diesen Gewährspersonen dankt er ausdrücklich für ihre Mitarbeit. Zukünftig ist die Untere Naturschutzbehörde weiter auf Informationen jedweder Art angewiesen, da die von „Meister Bockert“ besiedelte Fläche nach wie vor zunimmt. Hinweise nimmt sie daher dankend entgegen.

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