Der Bundestag hob am Donnerstag die Immunität von Caren Lay und Michael Leutert (beide Die Linke) auf. Die Abgeordneten hatten sich am 19. Februar 2011 in Dresden an einer Sitzblockade gegen den seinerzeit größten Neonazi-Aufmarsch Europas beteiligt. Einzig die Linksfraktion stimmte gegen den Antrag.

Der Beschluss war absehbar. Bereits am 31. Januar hatte der Immunitätsausschuss ein entsprechendes Votum empfohlen. “Die Entscheidung des Bundestags ist längst von der gesellschaftlichen Realität überholt”, teilte Leutert heute mit. “Vor wenigen Tagen wurden der Nazi-Aufmarsch in Dresden friedlich und erfolgreich verhindert. Statt zivilgesellschaftliches Engagement gegen Nazis zu kriminalisieren, hätten sich CDU/CSU, FDP, SPD und Grüne an diesem erfolgreichen Einsatz gegen Nazis orientieren sollen.”

Es gehe ihm keineswegs um die Frage, ob für Abgeordnete im Gegensatz zu anderen Demonstrantinnen und Demonstranten eigene Regeln gelten sollen. “Von der Entscheidung des Bundestags geht ein falsches Zeichen aus, das friedliches Engagement gegen Rechts ins Unrecht setzt”, kommentierte Leutert. “Der Bundestag hatte heute die Wahl. Er hat sich dafür entschieden, sich dem Verfolgungswahn der Staatsanwaltschaft Dresden anzuschließen. Von dieser Entscheidung bin ich enttäuscht.”

“Die mit den Stimmen aller anderen Fraktionen beschlossene Aufhebung der Immunität von Bundestagsabgeordneten der Linken wegen der Beteiligung an einer Anti-Nazi-Blockade ist ein verheerendes politisches Signal, das alle entmutigt, die sich gegen Nazis engagieren”, meinte auch Caren Lay. “Die Bundeskanzlerin, der Bundespräsident und auch alle anderen politischen Würdenträgerinnen und Würdenträger betonen immer wieder, wie wichtig es sei, sich den Nazis in den Weg zu stellen. Der Bundestag hätte heute die Chance gehabt zu signalisieren, dass es ihm damit wirklich ernst ist.”

Besonders das Verhalten von SPD und Grünen habe die stellvertretende Parteivorsitzende erstaunt und schockiert. Immerhin würden auch zahlreiche Politikerinnen und Politiker aus ihren Reihen zu Protesten in Dresden und anderswo aufrufen. Die Argumentation, die Immunität privilegiere Abgeordnete gegenüber anderen Demonstrantinnen und Demonstranten, sei fadenscheinig. “Umgekehrt wird ein Schuh daraus”, so Lay. “Die Herstellung unserer Immunität wäre praktische Solidarität für alle anderen friedlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer an einer Blockade.”

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Redaktion über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar