Was der MDR da am 8. Oktober berichtete, versetzte nicht nur die Grünen in Alarmbereitschaft. Was sie befürchtet hatten, scheint jetzt schon mit den ersten Monaten der "Polizeireform 2020" traurige Realität zu werden. Die Leipziger Polizei kann nicht mehr alle Notrufe entgegennehmen.

“Durch die Zusammenlegung der Polizeidirektion Westsachsen mit der Polizeidirektion Leipzig ist strukturell Personal angefasst worden, was zur Folge hatte, dass Stellen abgebaut wurden. Die Konsequenz ist, dass der Anrufer durchaus länger wartet oder streckenweise gar nicht mehr durchkommt bei der 110”, zitierte der MDR den Polizei-Gewerkschafter Matthias Lukat.

Das ausgedünnte Personal im aus zwei Polizeidirektionen zusammengeführten Führungs- und Lagezentrum der Leipziger Polizei hat also schon jetzt Probleme, alle Notrufe entgegennehmen zu können. Die innenpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Eva Jähnigen, fordert jetzt eine sofortige Überprüfung der personellen Besetzung sämtlicher Notrufzentralen der sächsischen Polizei.

“Notrufe dürfen nicht in der Warteschleife landen. Die Annahme, Beantwortung und Bearbeitung von Notrufen in den Lagezentren der Polizei ist essenziell für einen rechtzeitigen Polizeieinsatz und das rechtzeitige Eingreifen bei Gefahr für Leib und Leben. Angesichts der Reduzierung der Polizeipräsenz vor Ort in der Fläche des Landes und der Zusammenlegung der Polizeidirektionen steigt die Anzahl der Notrufe bei den zentralen Leit- und Lagestellen natürlich an. Darauf hätte man vorbereitet sein müssen”, betont die Landtagsabgeordnete. “Innenminister Markus Ulbig (CDU) hat uns immer wieder versichert, dass die sächsische Polizei auf eine solche Situation vorbereitet wäre. Hinweisen auf fehlende personelle Kapazität in den Leitstellen, eine nicht funktionierende Technik oder Notrufe in Warteschleifen muss daher sofort nachgegangen werden. Es ist die Aufgabe des Innenministers, schnellstens die Situation in den Leitstellen überprüfen zu lassen und für eine ausreichende personelle Besetzung zu sorgen.”

Übrigens eine Forderung, die inzwischen auch die Gewerkschaft erhoben hat. Sie sieht keinen Grund, die “Polizeireform” erst in den nächsten Jahren zu evaluieren und dann vielleicht erst festzustellen, dass man Strukturen zusammengespart hat, die nicht mehr funktionieren. Sie hat den Innenminister zur sofortigen Evaluation der Reform aufgefordert.

“Entgegen den permanenten Beteuerungen Ulbigs, es wäre bei der sächsischen Polizei alles in bester Ordnung, machen derartige Vorfälle deutlich, dass es Versorgungslücken gibt, die auch ernsthafte Folgen haben können. Wir erwarten eine Auskunft des Innenministers, ob die nun bekannt gewordenen Probleme in Leipzig auch in anderen Leitstellen auftreten”, stellt Jähnigen fest.

Um zügig Antworten zu bekommen, will Jähnigen in der Fragestunde des kommenden Plenums am 17. Oktober Mündliche Anfragen nach der Kapazität in den Leitstellen, der Anzahl etwaiger Bürgerbeschwerden zur Bearbeitung von Notrufen und den technischen Voraussetzungen in den Notrufzentralen stellen.

Der Bericht des MDR zur Leitstellensituation:
www.mdr.de/mdr-info/notruf142.html

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