Nicht nur in Sachsen laufen staatliche Überwachungssysteme irr, werden Gelder und Ressourcen verschwendet, um die Bevölkerung zu überwachen oder - siehe "Handygate" - mit völlig überzogenen Maßnahmen auszuspionieren. Doch die eigentlichen Gefahren für die Demokratie werden gar nicht wahrgenommen oder werden - man sehe nur die NSU-Mordserie - regelrecht ausgeblendet. Die SPD-Rechtsextremismusexperten aus fünf Landtagen haben deshalb am 3. November eine gemeinsame Erklärung verfasst.

Zu ihnen gehören Julian Barlen, Mitglied im Landtag Mecklenburg-Vorpommern, Tobias von Pein, Mitglied des Schleswig-holsteinischen Landtages, Florian Ritter, Mitglied des Bayerischen Landtags, Sebastian Thul, Mitglied des Saarländischen Landtages, und als Vertreter der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag Henning Homann.

Die Erklärung im vollen Wortlaut:

Zivilgesellschaftliche Projekte gegen Rechts stärker fördern

SPD-Rechtsextremismusexperten fordern Konsequenzen aus NSU-Morden

Zwei Jahre nach dem Auffliegen des rechtsextremen Terrornetzwerks “Nationalsozialistischer Untergrund” (NSU) fordern die Rechtsextremismusexperten der SPD-Landtagsfraktionen aus Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Schleswig-Holstein, Bayern und Saarland eine stärkere Förderung zivilgesellschaftlicher Demokratieprojekte gegen Rechts.

“Es ist Zeit zu handeln. Wir erwarten, dass die Aufarbeitung der NSU-Verbrechen bei den Koalitionsverhandlungen eine stärkere Förderung zivilgesellschaftlicher Demokratieprojekte gegen Rechts zur Folge hat. Im Abschlussbericht des NSU-Untersuchungsausschusses werden dazu konkrete Maßnahmen vorgeschlagen, deren vollständige Umsetzung einen wichtigen Schritt darstellt.

Die Bekämpfung von Rassismus, Antisemitismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sind eine gesamtgesellschaftliche Daueraufgabe ist Ost und West.”
Dazu benennen die SPD-Politiker sieben Punkte, die in einem möglichen Koalitionsvertrag festgeschrieben werden sollten:

1. Verstetigung und Weiterentwicklung der Bundesprogramme zur Förderung von Demokratieprojekten im Kampf gegen Rechts auf gesetzlicher Grundlage

2. Erhöhung des Budgets für die Demokratieförderprogramme des Bundes auf mindestens 50 Millionen Euro

3. Abschaffung der Extremismusklausel in den Demokratieförderprogrammen zur Wiederherstellung der Vertrauensbasis zwischen Staat und Zivilgesellschaft

4. Einrichtung umfassender Sensibilisierungsprogramme zum Thema Rechtsextremismus für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Schule, Polizei, Justiz, Verwaltung und Jugendhilfe u.a.

5. Förderung und Sicherstellung bundesweiter, flächendeckender zivilgesellschaftlicher Strukturen wie Mobiler Beratung, Opferberatung, zielgruppengenauer Bildungsprojekte und nichtstaatliche Beratungsangebote für Ausstiegswillige

6. Stärkung von Projekten vor Ort durch die Fortführung der Lokalen Aktionspläne und die Schaffung regionaler Netzwerkstellen zur Demokratieförderung

7. Einrichtung einer unabhängigen Monitoringstelle zur Beobachtung und Analyse rechtsextremistischer Aktivitäten

“Für uns steht fest, dass der entschiedene Kampf gegen Rechtsextremismus ein wichtiges gemeinsames Anliegen beider Koalitionspartner in einer möglichen Großen Koalition sein muss. Ein eindeutiges Bekenntnis beider Partner ist dafür ebenso Voraussetzung, wie die Vereinbarung konkreter Maßnahmen, die sich nicht in Formelkompromissen erschöpfen dürfen. Die CDU und CSU werden sich daher in den Koalitionsverhandlungen bewegen müssen. Wir haben großes Vertrauen in unsere Verhandlungsführung und erwarten handfeste Vereinbarungen zur Verbesserung der Rechtsextremismusbekämpfung.”

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar