Am Freitag, 23. Mai, zur Mittagszeit legte Sachsens Wirtschaftsminister Sven Morlok noch einmal nach. Auch per Mitteilung für die Öffentlichkeit. Die sollte ja mitbekommen, dass er kämpfte. Auch auf verlorenem Posten. Hätte er mit seinen Kollegen aus den Wirtschaftsressorts der anderen Bundesländer gesprochen, hätte er gewusst, dass der Kampf gegen Windmühlen schon gescheitert war.

Tapfer trat Morlok am Freitag im Bundesrat ans Pult und bekräftigte, dass die Mindestabstandsregeln für Windkraftanlagen von den Ländern individuell festgelegt werden sollen. Er glaubte sich mit einem großen Riesen verbündet: der Bundesregierung, die manchmal auch nur der verlängerte Arm des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) ist, der in Sachen erneuerbare Energien einen ähnlich populistischen Kurs fährt wie Sachsen. Und da in der großen Koalition in Berlin keiner keinem wehtun will, wurde der Vorschlag aus Bayern zu einer Initiative der Bundesregierung und dem Bundesrat nun vorgelegt.

Der Gesetzesentwurf sah vor allem eine Änderung des Baugesetzbuchs (BauGB) vor: Bisher sind Windkraftanlagen von den sonst üblichen Vorschriften für Bauvorhaben im Außenbereich befreit. In Zukunft sollte nach den bayerisch-sächsischen Vorstellungen diese Privilegierung aufgehoben werden, und die Länder sollten selbst entsprechende Regeln festlegen können.

Und irgendwie kämpft man ja für Bürgerinteressen. “Die Energiewende kann nur erfolgreich sein, wenn sie von den Menschen angenommen wird und die Belange der Bürger berücksichtigt”, versuchte Sven Morlok den anwesenden Kollegen aus den Bundesländern zu erklären. “Beim Bau von Windkraftanlagen kommt es darauf an, die Interessen der Betreiber und die der Anwohner zum Ausgleich zu bringen. Eine pauschale Privilegierung für Windkraftanlagen ist den betroffenen Anwohnern kaum zu vermitteln – eine Regelung auf Landesebene kann regionale oder lokale Gegebenheiten besser berücksichtigen.”

Sachsens Regierung hatte sich für einen Mindestabstand von Windkraftanlagen zur nächstgelegenen Wohnbebauung von “10H” erklärt. Was bedeutet: Die Entfernung sollte dem zehnfachen der Gesamthöhe (einschließlich Rotorblätter) entsprechen. Bei üblichen heutigen Anlagen wären das 1,5 bis 2 Kilometer.

Irgendwie findet man eben in Dresden Windkraftanlagen völlig falsch, wenn es um die Energiewende geht. Kohle mag man ja bekanntlich mehr. Indirekt sprach das Sven Morlok sogar an: “Sachsen ist Energieland und steht auch zur Förderung der Erneuerbaren Energien. Der Ausbau muss aber koordiniert erfolgen, und nicht so ungeordnet wie bisher. Einmal mehr zeigt sich, dass es einer grundlegenden Reform des EEG bedarf. Der kaum steuerbare Zubau von Windkraftanlagen hat auch mit entscheidenden Konstruktionsfehlern des EEG zu tun. Eine Länderöffnungsklausel beim Baugesetzbuch würde den Ländern den entsprechenden Handlungsspielraum eröffnen.”

Dumm nur, dass das die anderen Bundesländer das nicht so sahen und sehen. Trocken teilt der Bundesrat nach der Abstimmungsrunde mit: “Ablehnend äußerte sich der Bundesrat zur geplanten Länder-Öffnungsklausel für Mindestabstände zwischen Wohnbebauung und Windrädern – er hält sie schlicht für überflüssig.”

Trockener hat der Bundesrat noch keine Vorlage einer Bundesregierung abgebürstet.

Einer konnte sich dann zumindest einen Kommentar zu diesem Scheitern des “Anti-Windkraft-Aktionismus” nicht verkneifen: Volkmar Zschocke, Vorsitzender der sächsischen Grünen: “Die Anti-Windkraft-Initiative von CDU/CSU/SPD-Bundesregierung ist heute gescheitert. Herr Morlok kann jetzt aufhören, weiter Wind um seine unvernünftigen Abstandsforderungen zu machen. Um einen geordneten Windenergieausbau zu ermöglichen, sind vor allem neue Vorrang- und Eignungsgebiete außerhalb von Schutzgebieten, Wald und landschaftlich sensiblen Bereichen nötig. Es ist vernünftiger, Windenergie in geeigneten Gebieten zu bündeln und einzelne Anlagen zurückzubauen, die zu nahe an Ortschaften stehen.”

Bundesrat:
www.bundesrat.de/SharedDocs/texte/14/20140524-pk-rv.html

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