Am 3. Juli erhob der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag, Mario Pecher, den Vorwurf, Sachsens Staatsregierung verbuche hohe dreistellige Millionenbeträge ohne Mitbestimmung des Parlamentes und seine Fraktion strebe deshalb ein Normenkontrollverfahren am sächsischen Verfassungsgericht an. Wie kommt der denn da drauf, könnte man die höhnische Reaktion von Jens Michel, finanzpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, noch am gleichen Tag interpretieren.

“Die Not der SPD im Wahlkampf muss schon sehr groß sein. Selbst die Opposition sollte wissen, dass man die Gelder aus der Steuerschätzung erst einmal haben muss, bevor man sie verteilen kann. Herr Pecher benennt auch nicht, welche konkreten ‘Buchungen’ er eigentlich meint”, sagte Michel. Und benannte damit genau das Problem, das Pecher angeprangert hatte. Buchungen kann man nur benennen, wenn sie irgendwo ausgewiesen sind und vom Landtag kontrollierbar. Doch ein immer größerer Teil der “Mehreinnahmen”, die Sachsens Finanzminister verbucht, tauchen gar nicht erst in diversen Fonds und Rücklagen auf.

Aber zumindest Jens Michel scheint zu wissen, wo das ganze Geld so herumliegt, bevor es dann mal schnell ausgegeben wird.

“Falls er auf die Verwendung von Steuermehreinnahmen anspielt, so ist festzustellen, dass der vom Sächsischen Landtag als Haushaltsgesetzgeber verabschiedete Doppelhaushalt 2013/2014 ausdrücklich im Einzelplan 15 die Verwendung von Steuermehreinnahmen regelt. Diese sind für Zuführungen an den Generationenfonds und den Garantiefonds, für Rücklagen und für unvorhergesehene und unabweisbare Mehrausgaben zu verwenden”, meint Michel. Und zumindest Pecher wird sich so – auf die ganz sachliche Art – veräppelt vorgekommen sein. Denn auch dadurch ist dem Landtag die Entscheidung über diese Gelder entzogen. Der Finanzminister entscheidet in eigener Regie, ob er jetzt noch 400 Millionen Euro extra in den Garantiefonds steckt oder sie für Schulneubauten, Straßen oder andere “unabweisbare Mehrausgaben” in den Wind hängt.”Zudem hat der Sächsische Landtag mit Gesetzen wie dem Zukunftssicherungsfondsgesetz und dem Investpauschalengesetz 2014 eine Grundlage für Zahlungen geschaffen. Ich kann daher die von Mario Pecher behauptete Umgehung des Parlaments überhaupt nicht erkennen”, sagte Michel. Ist das nur blauäugig oder will man in der CDU-Fraktion überhaupt nicht mehr wissen, wieviel Geld der Freistaat jährlich “erwirtschaftet” und wie es am Jahresende sinnvoll verteilt wird? Soll das einfach weiter auf Ministerebene gehandelt werden, obwohl es eigentlich der Landtag ist, der das Budgetrecht hat?

Kaum eine Woche später ist klar: Ganz so, wie Michel es beschreibt, kann es nicht sein. Just zwei Monate vor der Wahl hat die Landesregierung auf einmal ein paar Millionen Euro locker, die quasi wie Wahlgeschenke verteilt werden.

“Die schwarzgelbe Mehrheit hat in einer Sondersitzung des Haushalts- und Finanzausschusses heute mal eben schnell 50 Millionen Euro durchgewunken, mit denen die Schäden des Winters 2012/2013 an den Kommunalstraßen beseitigt werden. Damit steht fest: In der Landeskasse ist durchaus Geld”, stellt Mario Pecher lakonisch fest. “So, wie wir es immer wieder vorrechnen, wenn es um eine Erhöhung der Jugendpauschale, die Absenkung des Personalschlüssels in den Kitas, zusätzliche Lehrer oder den Stopp des Stellenabbaus an den Hochschulen geht.”

Dass die Kommunen jetzt wieder ein bisschen Geld bekommen, findet er ja nicht falsch. Aber mit diesen scheinbaren Kleckerbeträgen wird im Lauf des Jahres eine ganze Menge Geld verteilt, ohne dass dafür der Landtag behelligt wird. Eine Übersicht über diese kleinen “Wohltaten zwischendurch” gibt es nicht.

Mario Pecher: “Um es klarzustellen: Ja, die Kommunen benötigen das Geld. Doch die Art und Weise der Vergabe kurz vor der Wahl spricht wieder einmal Bände. Dazu kommt, dass aus unserer Sicht 50 Millionen Euro doch nur wieder Flickschusterei Vorschub leisten. Denn damit entfallen nicht einmal 5 Millionen auf jeden Landkreis bzw. jede kreisfreie Stadt. Mit mindestens 100 Millionen Euro wäre zumindest eine grundhafte Sanierung im Einzelfall möglich. Das hätte vernünftig durchdacht werden können.”

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