Der 53-jährige Historiker Volker Külow vertritt die Leipziger Linke (vormals PDS) seit 2004 im Sächsischen Landtag. Seit 2001 ist er Vorsitzender des Stadtverbandes der PDS, ab 2007 der Linken. Von 2004 bis 2009 war er auch Mitglied im Leipziger Stadtrat. In seiner Fraktion im Sächsischen Landtag übt er die Funktion des kulturpolitischen Sprechers aus. Auch ihm stellte die L-IZ sieben Fragen zur abgelaufenen Wahlperiode.

Welches war aus Ihrer Sicht der größte Erfolg in dieser Legislatur? Und aus welchen Gründen?

Für mich persönlich die Rettung des von der Schließung bedrohten Tanzarchivs Leipzig. Hier habe ich so viel Druck gemeinsam mit meiner Fraktion entwickelt, dass diese Einrichtung mit ihrem international exzellenten Ruf erhalten blieb. Das zeigt die Möglichkeiten eines engagierten Oppositionsabgeordneten.

Welches war für Sie die größte Enttäuschung? Und warum?

Bis heute gibt es keine transparente Schlussrechnung für die lawinenartig angestiegenen Kosten des City-Tunnels Leipzig auf fast das Doppelte. Gemeinsam mit meinem Fraktionskollegen Dr. Dietmar Pellmann habe ich dazu viele Kleine Anfragen gestellt, aber die Staatsregierung war und ist unfähig und unwillig zugleich, für Transparenz und Aufklärung zu sorgen. Das zeigt die Grenzen eines engagierten Abgeordneten der Opposition.

Welches Projekt hätten Sie gern umgesetzt gesehen? Und woran scheiterte es?

Die Aufklärung der seit sieben Jahren schwelenden “Sachsen-Sumpf”-Affäre, die ja viel mit Leipzig zu tun hatte. Es stand und steht ja der Verdacht im Raum, dass es Verbindungen von Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Justiz und Polizei sowie sonstiger Landes- und kommunalen Behörden zum organisierten Verbrechen gab. Der entsprechende Untersuchungsausschuss, in dem ich Mitglied war, konnte keinen gerichtsfesten Nachweis über die Existenz und das Wirken derartiger krimineller und korruptiver Netzwerke führen. Das war ja auch nicht seine Aufgabe, sondern es ging um die Überprüfung, ob die Staatsregierung für schwerwiegende Mängel bei der Aufdeckung dieser OK-Strukturen verantwortlich ist und ob sie nach dem Bekanntwerden der Sachsensumpf-Affäre bewusst ein Krisenmanagement entwickelte, das deren Aufklärung be- oder verhinderte. Beides ist aus meiner Sicht eindeutig mit Ja zu beantworten.

Welches Projekt müsste in der nächsten Wahlperiode unbedingt angegangen werden? Und: Wäre es bezahlbar?

Es muss endlich Schluss sein mit der sächsischen Bildungsmisere von der Kita bis zur Uni.

Wir brauchen wohnortnahe Kitaplätze, mehr Personal für einen bedarfsgerechten Betreuungsschlüssel sowie die Erhöhung der Landespauschale auf 2.400 Euro. In der Schule benötigen wir eine jährliche Neueinstellung von mindestens 1.500 Lehrerinnen und Lehrern. Und die Streichung der 1.042 Stellen an den sächsischen Hochschulen muss dringend zurückgenommen werden. Das alles ist bezahlbar, denn der Freistaat hat Haushaltsreserven von über acht Milliarden Euro!

Denken Sie, dass Leipzig im Landtag gut genug vertreten war? Oder ist Leipzig als wachsende Großstadt eher benachteiligt – auch dann, wenn es um die Mittelzuweisungen geht?

Leipzig ist nicht nur in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft, Technologieförderung usw. gegenüber Dresden bei der Mittelvergabe benachteiligt; da haben besonders die Leipziger CDU-Abgeordneten versagt, die sich stets dem Fraktionszwang beugten. Besonders deutlich wird die Benachteiligung Leipzigs allerdings in der restriktiven Sozialkürzungspolitik des Freistaates: die Staatsregierung feiert einen soliden Landeshaushalt und bürdet den Kommunen – insbesondere Leipzig – immer mehr Ausgabelasten auf. Zum Vergleich: in Leipzig betragen die Soziallasten mit 331 Millionen Euro fast 28 Prozent Anteil am städtischen Haushalt; in Dresden liegen die Vergleichszahlen bei 217 Millionen und 19 Prozent. Darum fordert Die Linke einen gerechten Soziallastenausgleich für Leipzig, der die eklatante Benachteiligung unserer Stadt endlich überwindet.

Welches sind aus Ihrer Sicht die drängendsten Probleme für Sachsen?

Neben dem oftmals sehr repressiven Verhalten des Staates bei antifaschistischen Protesten und den damit verbundenen Demokratiedefiziten (“Sächsische Demokratie”) ist es die Bildungsmisere (siehe 4.) in ihren mannigfaltigen Ausformungen. In Leipzig beträgt die Schulabbrecherquote über 15 Prozent!

Haben Sie Vorschläge, wie sie angepackt werden können?

Neben den bereits genannten: Unsere Kinder sollen länger gemeinsam lernen, in kleineren Gruppen und Klassen. Die Bildungsempfehlung ab Klasse 8 ist gerechter als starker Druck ab Klasse 5. Die Ausbildung von PädagogInnen muss modernisiert werden. Und wir brauchen langfristig die Gebührenfreiheit von der Kita bis zur Hochschule und der beruflichen Weiterbildung, damit jeder und jede die gleichen Bildungsmöglichkeiten wahrnehmen kann.

Website von Volker Külow:
www.volker-kuelow.de

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